Talente brauchen Unterstützung. Der Jazz der Brüder Julian
(22, Trompete) und Roman Wasserfuhr (24, Klavier) hatte für den
Starposaunisten Nils Landgren so gute Referenzen, dass er sie mit seinen
schwedischen Kollegen Lars Danielsson (Bass & Cello) und Anders Kjellberg
(Schlagzeug) sowie Ida Sand (Vokal) und Magnus Lindgren (Tenorsax & Flöte)
zu einem „Upgraded In Gothenburg“ einlud. Im Gespräch
mit Hans-Dieter Grünefeld berichteten Julian und Roman Wasserfuhr über
ihre Erfahrungen bei dieser Aufnahmesession.
Jazzzeitung: Welche Funktion hatte Nils Landgren bei diesem Projekt?
Roman Wasserfuhr: Nils Landgren konnte als Außenstehender sehr
gut beurteilen, welches Potenzial in der Kooperation mit den schwedischen
Kollegen steckte, er war also ein Vermittler. Er hat sich allerdings
nicht eingemischt, indem er gesagt hätte, was wir zu tun hätten.
Aber er hatte immer ein gutes Gespür dafür, uns über
das normale Maß zu motivieren. Ich fand ganz prima, dass er unserer
Musik einen speziellen Dreh gegeben hat. Es war beeindruckend, dass
er verstanden hat, was wir wollten. Das war ein großes Glück.
Jazzzeitung: Hatte der Ort irgendeinen Einfluss
auf die Darstellung Ihrer Musik?
Roman Wasserfuhr: Eigentlich haben wir Musiker gesucht,
die den von uns angestrebten Sound verwirklichen konnten. Davon hat
Nils Landgren
gehört und vorgeschlagen, dieses Programm mit zwei schwedischen
Musikern aufzunehmen. Wir waren natürlich einverstanden. Und dann
ist diese Session noch besser geworden, als wir gedacht hatten, indem
wir dort unsere Musik weiter entwickeln konnten. Dieses Fazit ist aber
nicht abhängig von Gothenburg, sondern von der personalen Konstellation.
Julian Wasserfuhr: Mit den schwedischen Musikern hatten
wir in jeder Hinsicht eine gleiche Linie. Wir haben uns sehr gut verstanden,
auch
menschlich.
Jazzzeitung: Außer eigenen sind ja auch Songs von anderen dabei.
Wer hat denn das Programm zusammengestellt?
Roman Wasserfuhr: Fünf Kompositionen hatten wir vorbereitet und
wollten diese gerne auf die CD packen. Das waren aber nicht genug.
Deshalb haben wir überlegt, was zu unseren Titeln passen könnte
und haben Lars Danielsson gefragt, ob er etwas in petto habe. Wir waren
von seiner Musik immer sehr beeindruckt. Dann hat er gesagt, OK, ich
bringe zwei Stücke mit, eins habe ich fertig, eins schreibe ich
noch extra für die CD. Außerdem sind noch zwei Gesangstitel
von Ida Sand drauf, wovon ebenso einer fertig, der andere kurz zuvor
komponiert worden war.
Jazzzeitung: Wer von Ihnen ist denn die treibende
Kraft bei den Kompositionen?
Julian Wasserfuhr: Eigentlich komponieren wir zusammen,
aber mein Bruder arbeitet schon mehr an der Gestaltung.
Jazzzeitung: Ergänzen Sie sich als Brüder uneingeschränkt
oder können manchmal familiäre Spannungen auftreten?
Julian Wasserfuhr: In einigen Bereichen gibt es manchmal Differenzen,
aber in der Musik funktioniert die Verständigung sehr gut.
Jazzzeitung: Die erste CD war eine Hommage
an Chet Baker. Fürs
aktuelle Album ist Reduktion ein Merkmal. Was bedeutet Reduktion in
diesem Kontext?
Julian Wasserfuhr: Uns war wichtig, dass wir uns nicht
in spieltechnischer Akrobatik verlieren. Wir wollten uns darauf konzentrieren,
worum es
in der Musik geht, nämlich um die Aussage, eine Melodie zu haben
und sie in relevanter Funktion zu präsentieren. Wir haben besonders
darauf geachtet, uns unter diesem Aspekt mit Reduktion zu beschäftigen.
Melodik ohne spontane Abschweifungen sollte Priorität sein.
Jazzzeitung: Das ist eine quantitative Reduktion.
Was wäre eine
qualitative Reduktion?
Julian Wasserfuhr: Die Vermeidung von Komplexität, keine vertrackten
rhythmischen Muster oder Wechsel, sondern einfache Songs mit Intensität.
Die Qualität ist deshalb in der Interpretation und Aussage.
Jazzzeitung: Mir ist aufgefallen, dass Sie
fast nur mittlere und tiefe Register der Trompete verwendet haben. Warum?
Julian Wasserfuhr: Ich fand es für eine CD nicht passend, Virtuosität
zu demonstrieren. Mir ist auch gar nicht in den Sinn gekommen, in Stratosphärenhöhen
zu improvisieren. Das war ein natürlicher Prozess. Anders sind
Live-Auftritte, da sind die emotionalen Zügel nicht so straff.
Ich wollte einen weichen geschmeidigen Ton. Jazzzeitung: Gibt es bei Ihnen eine bestimmte Art der Kommunikation
zur Orientierung?
Julian Wasserfuhr: Ja klar, weil wir uns jahrelang kennen. Oft setzen
wir uns hin und stimmen vorher nicht ab, was wir spielen wollen. Und
trotzdem haben wir beide den gleichen Gedanken, den wir entwickeln
können. So entstehen unsere Songs. Das ist ein beruhigendes Gefühl,
zusammen so gut zu harmonisieren.
Jazzzeitung: Haben Sie irgendwo Unterricht in Komposition gehabt?
Roman Wasserfuhr: Vor unserem Musikstudium haben wir rein intuitiv
Ideen notiert. Ich habe Kompositionsunterricht an der Musikhochschule
in Köln genommen, da lernt man Muster und Regeln, wie man musikalisches
Material verpackt und strukturiert. Im übrigen verfolgen wir unseren
Kurs, der stark durch die Rezeption der Musik von Chet Baker geprägt
ist. Unsere eigenen Sachen haben wir auf dieser Basis entwickelt. Wir
sind aber auch offen für andere stilistische Optionen. Hans-Dieter Grünefeld
CD-Tipp
Julian & Roman Wasserfuhr
Upgraded In Gothenburh
ACT 9488-2
Tourtermine
10.9.2009, München, Unterfahrt
11.9.2009, Augsburg,
Das Anna
19.09.2009, Viersen Jazzfestival
2.10.2009, Herdecke, Stiftung Dr. Carl Dörken
23.10.2009, Düsseldorf, Jazz Schmiede
28.10.2009 Schloss Elmau
7.11.2009, Syke, Konzertsaal
Sparkasse
11.11.2009, Bochum,
Bahnhof Langendreer
13.11.2009, Leverkusen Jazztage
8.12.2009, Kassel, Theaterstübchen
11.12.2009, Buxtehude, Halephagen-Bühne
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