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In Deutschland tut man sich, im Gegensatz zu Ländern wie Frankreich, den Niederlanden, Belgien oder den nordischen Ländern, schwer mit einer Vernetzung der Jazzszenen. Zur Verbesserung dieser Situation zumindest in regionalem Rahmen ergriff der 2003 in Köln gegründete Verein „Jazz am Rhein e.V.“ vor zwei Jahren die Initiative, im Rheinland Netzwerke zu knüpfen, um die Kooperation und Abstimmung der Konzertveranstalter, Clubinhaber, Kulturämter zu optimieren, durch gemeinsames Auftreten höhere Budgets zu erreichen sowie durch eine intensive gemeinsame Public Relations zu plakatieren, dass im Rheinland eine der herausragenden Jazzszenen Deutschlands besteht, die als Jazzfan aufzusuchen und durch öffentliche Hand und Wirtschaft zu unterstützen, sich mehr als lohnt.
Doch dem in Köln lebenden Initiator Hans-Jürgen von Osterhausen, Gründer und Vorsitzender von „Jazz am Rhein“, schwebte keinesfalls ein rheinischer Partikularismus vor. Vielmehr möchte er unter dem Label „EURO Jazz 21’“ eine Bühne für den Jazz aus Europa schaffen, denn seine Vision ist ein grenzenloses Jazz-Europa. Diesem ehrgeizigen Ziel ist er 2008 nach eigenem Bekunden „einen Riesenschritt näher gekommen“. Es wurden 46 Konzerte mit insgesamt knapp 70 ausländischen Musikerinnen und Musikern aus dreizehn europäischen Ländern aufgeführt, in vielen Fällen gemeinsam mit etablierten, aber auch jungen Vertretern der rheinischen Szene. Spielorte waren in Köln etwa „Loft“, Stadtgarten, Musikhochschule, das Französische Kulturinstitut, in Düsseldorf die „Jazzschmiede“, in Bonn das Rheinische Landesmuseum. Heraus ragten zwei Festivalreihen, die beim Publikum auf breite Resonanz stießen: „Jazz from Copenhagen“ mit den Saxophonisten Lars Møller und Lotte Anker sowie „Vive le Jazz“ mit solch ausgezeichneten Interpreten wie Louis Sclavis und dem Gitarristen Manu Codjia. Der Zuspruch des Publikums auch bei den kleineren Projekten und Einzelkonzerten war, wie von Osterhausen resümiert, „im Schnitt zufrieden stellend, mit steigender Tendenz. Die Leute kommen auch zu nicht bekannten Musikern, wenn man ein intensives Marketing macht, das natürlich auch viel kostet. Da wird es manchmal schwierig, finanziell über die Runden zu kommen. Man muss sich eben genau überlegen, wann man was und wo mit Aussicht auf Erfolg machen, was man welchem Publikum zumuten kann.“ Nicht der eigene Geschmack der Konzertveranstalter ist maßgebend, aber freie Improvisation und Experiment finden ausreichend Raum. Von Ausnahmen abgesehen werden keine internationalen Stars verpflichtet, die auf einer Europa-Tournee noch einen Gig im Rheinland mitnehmen möchten, sondern Musiker, die in ihren Ländern einen Namen haben, aber (noch) nicht in Deutschland, sowie bewusst junge Talente, die ihren Weg noch vor sich haben. Verstärkt sollen in Zukunft auch Vertreter der rheinischen Szene in den Nachbarländern Auftrittsmöglichkeiten erhalten. Überhaupt entwickelt sich die Zusammenarbeit mit den Partnern in den Nachbarländern vortrefflich, und auch die Kulturinstitute der Staaten, aus denen Musiker eingeladen werden, beteiligen sich finanziell und organisatorisch an den gemeinsamen Konzerten. Dass die ehrgeizigen Projekte nicht aus Eintrittspreisen und Beiträgen der Mitglieder des Vereins „Jazz am Rhein“ bestritten werden können, versteht sich von selbst. Auch beim Aufspüren von Geldquellen zahlen sich die Fähigkeiten des Netzwerkers von Osterhausen aus. Er hat in seiner früheren Tätigkeit als Leiter des Kulturamts des Landschaftsverbandes Rheinland die Netzwerkarbeit gewissermaßen inhaliert. Zu den wichtigsten öffentlichen Förderern gehören bisher die Staatskanzlei des Landes Nordrhein-Westfalen, die Kunststiftung NRW, die SK Stiftung Kultur der Sparkassen Köln Bonn, der Rheinische Sparkassenverband, der Landschaftsverband Rheinland, die Kulturämter der Städte Bonn, Köln und Düsseldorf, das Kulturbündnis „Rheinland AG“ der Rheinstädte Bonn, Köln, Düsseldorf und Duisburg, und 2009 sogar die Initiative Musik der Bundesregierung. Von einigen dieser Förderer fließen auch Mittel in das zweite Netzwerk, das von Osterhausen 2007 initiiert hat: „Jazz am Niederrhein“. Ihm haben sich Veranstalter und Kulturämter in zwölf Städten zwischen Xanten und Duisburg angeschlossen, außerdem niederländische Jazz-Stiftungen und Musikhochschulen in Nijmegen, Arnhem und Ottersum. Dieses Veranstalternetzwerk soll, organisiert und koordiniert von „Jazz am Rhein“, Fundraising, Marketing und Pressearbeit gemeinsam betreiben, um die ohnehin erstaunlich aktive Jazzszene dieser Region beiderseits der Grenze noch attraktiver zu gestalten. Hans-Jürgen von Osterhausen kann auf seine beiden Netzwerke mit Befriedigung und berechtigtem Stolz blicken, denn sie finden in Deutschland – noch? – nicht ihresgleichen. Bei seinen umfangreichen und zeitraubenden Aktivitäten wird er von Marieke Rabe, der Geschäftsführerin von „Jazz am Rhein“, tatkräftig unterstützt, denn „allein könnte ich das alles gar nicht schaffen“. Auch wenn es 2009 „nur“ maximal 40 Konzerte geben soll, so sind doch im Rahmen von „EURO Jazz 21’“ wieder viele attraktive Acts vorgesehen, bereits im Februar mit dem Trio des Altsaxophonisten Johannes Lemke, das nacheinander auf zwei höchst unterschiedliche Violinisten trifft, den Franzosen Dominique Pifarély und den Ungarn Zoltán Lantos. „Jazz from Copenhagen“ und „Vive le Jazz“ werden fortgeführt. Auch wird es wieder kleinere Reihen mit Musikern aus den Alpenländern sowie aus Ost- und Südosteuropa geben. Und die Niederländer und Belgier kommen ohnehin ständig über die Grenze. Auf der jazzahead! im April in Bremen wird sich „Jazz am Rhein e.V.“ erneut als Aussteller präsentieren, mit seinen Mitgliedern und Partnern, mit jungen Musikern vom Rhein und mit Meetings zum Thema „Europäische Jazz-Netzwerke“. Dietrich Schlegel
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