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Jazzzeitung

2009/01  ::: seite 9

berichte

 

Inhalt 2009/01

Inhaltsverzeichnis

STANDARDS

Editorial / break / Nachrichten aus der Jazzszene / kurz, aber wichtig / R.I.P. / Carter, Ron / Abschied von Klaus Weiss / Dave McKenna


TITEL - Über das Lächeln
Bühnenperformance und Publikum


DOSSIER
- Jazz in NRW

Berichte
Dutch Jazz Meeting 2008 // Klaus Doldinger zu seiner neuen Doppel-CD im Interview // Jazz-Herbst in Dresden // Bilanz: Münsters Jazzfestival // Jazz Orchester Regensburg mit Jones, Lewis & Brookmeyer // Südtirol Jazzfestival Alto Adige


Portraits

Der Saxophonist Charly Augschöll // Cymin Samawatie und ihr Quartett Cyminology // Pianist Lorenz Kellhuber // Joshua Redman // Das Berliner Quartett Triband // Pianistin Antje Uhle


Jazz heute und Education
Der Verein „Jazz am Rhein“: Vorbildfunktion für die Szene // Kurt Maas und seine Engegement für den Jazz // Klingender Nachruf auf einen großen Trompeter: Freddie Hubbards Solo über „Little One“

Rezensionen und mehr im Inhaltsverzeichnis

 

Sehnsucht nach Visionen bleibt

30 Jahre nach Gründung von Münsters Jazzfestival wird Bilanz gezogen

Fritz Schmücker hat noch eine Original-Eintrittskarte von 1979 für Münsters erstes internationales Jazzfestival. Man erinnere sich: Junge Studenten wollten etwas bewegen, damit kulturell etwas geht. Eine Verkettung von Glücksfällen bescherte dem Festival-Debüt sofort Größen wie Dollar Brand oder Joachim Kühn. Spektakulärer Auftakt für eine wechselvolle Geschichte, die mithalf, Jazzkultur zu etablieren! Längst hat Improvisiertes in Theater- und Konzertssälen Einzug gehalten. Münsters Jazzfestival leistet – vor allem nach seinem „Relaunch“ im Jahr 1997 – seinen verlässlichen Beitrag dazu.

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Die musikalische Dramaturgie der Jubiläums-Ausgabe zeigte sich entsprechend treffsicher und wurde dankbar vom Publikum angenommen: Da vereinte der betont freie Modern Jazz des „Sporty Brown Trios“ krasse dynamische Gegensätze und riss mutig ästhetische Mauern nieder. Langgediente Protagonisten und erstaunliche Newcomer trafen aufeinander in sensiblen, hellhörig-interaktiven Begegnungen – etwa in Michel Godards „Cousins Germains“. Der junge Dortmund Pianist Pablo Held debütierte als stilistisch wendiger, hochkultiviert agierender Tasten-Improvisator im Dialog mit seiner gewaltig eruptiven Rhythmusgruppe. Im Pausengespräch zog Fritz Schmücker Bilanz.

Jazzzeitung: Beim allerersten Jazzfestival warst du noch zahlender Zuschauer?
Fritz Schmücker: Da war ich selbst noch Schüler. Als Studierender kam ich 1983 dann ins AStA-Kulturreferat. Da hatte ich schon die Vision, das Festival dauerhaft auf internationalem Niveau zu etablieren.

Jazzzeitung: Wenn wir über Festivals und ihr Publikum reden – was war damals anders als heute? Was hat sich entwickelt?
Schmücker: Jazz war in der Gründerzeit des Festivals vor allem ein Ding der Subkultur. Junge Besucher schwammen durch den Schlossgarten, das gab auch mal Ärger. Die Musik war von Anfang an großartig, der Geist drumherum jedoch anders. Niemand hätte daran gedacht, dass Jazz mal in vermeintlichen „Spießer-tempeln“ wie einem Theater laufen würde. Heute ist die Jazzkultur etabliert – und ihr visionäres, ästhetisches Potenzial lebt weiter! Ich spüre in den Konzerten, dass nach so etwas immer noch eine große Sehnsucht besteht. Das Publikum lässt sich mit großem Vertrauen auf Unbekanntes ein.

Jazzzeitung: Gab es Brüche, Wendepunkte?
Schmücker: Bis in die 90er-Jahre hinein haben wir fast alle großen Namen auf der Bühne gehabt. Die Betreiber der Halle Münsterland reduzierten sich aber zunehmend aufs rein kommerzielle Kalkül und wollten uns schließlich sogar in künstlerische Aspekte einreden. Hätten wir uns darauf eingelassen, wäre die ganze Festival-Idee in eine tödliche Spirale abgedriftet. Der Umzug ins Theater war dann ein völliger konzeptioneller Neubeginn! Weniger Stars aus dem angloamerikaischen Jazz – dafür viel mehr Neuentdeckungen aus der europäischen improvisierten Musik!

Jazzzeitung: Eine deiner ganz persönlichen musikalischen Sternstunden auf den Jazzfestivals?
Schmücker: Davon gibt es sehr viele! Eine war 2005 – als eine italienische Banda in traditioneller, über 40-köpfiger Besetzung gemeinsam mit Jazzern wie Pino Minafra, Michel Godard und Willem Breuker zu einem rauschenden Fest aufspielte – das hat mich wirklich tief bewegt!

Jazzzeitung: Hinter der Bühne arbeitet ein großes Team, damit drei Tage lang alles läuft. Gab es besonders „anstrengende“ Künstler?
Schmücker: Zum Beispiel Don Cherry, den ich als Musiker und Mensch sehr geschätzt habe. Er hatte einmal seine Trompete nicht dabei. „Man, I need a horn“ waren seine ersten Worte zur Begrüßung. Jahre vorher hatte er mal direkt vor dem Auftritt eine Zahnwurzel-Entzündung, die eine kleine Notoperation erforderte. Völlig verblüffend, dass er hier dennoch wie ein junger Gott gespielt hat!

Jazzzeitung: Bedeutet der neu Rhythmus mehr Vorlaufzeit für die Planung?
Schmücker: Nicht wirklich, Countdown ist trotz Zweijahresrhythmus sehr eng vor dem Festival. Viele Acts stehen erst kurzfristig fest, denn ich will möglichst frische Trends ins Programm bringen. Ein lebendiges Festival braucht das!

Jazzzeitung: Einer der Höhepunkte am Eröffnungsabend war das Klaviertrio von Pablo Held, dem diesjährigen Westfalenjazz-Preisträger. Was ist an diesem Wettbewerb neu?
Schmücker: Wir pflegen die Vernetzung mit zwei der regional bedeutendsten Jazzclubs, dem Bunker Ulmenwall in Bielefeld und dem Jazzclub Domicil in Dortmund. Das sind erste Adressen, wo sich die aktuelle Szene abspielt. Die Qualität der Kandidaten ist dementsprechend immens!

Text/Fotos: Stefan Pieper

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