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Jazz war immer schon bunt. Hier ein Anschlag, da ein Tupfer, beides stimmig vermixt – und schon ist eine neue Färbung Programm. Manche Festivals setzen bewusst auf das Ausprobieren solcher Phalanx, die Jazztage Dresden wagen wieder und wieder nur das Probate. Lediglich zu Dixieland und Experiment ziehen sie absichtsvoll Grenzen. Schließlich steht kein öffentlicher Geldgeber dahinter und sorgt für Ausgleich, wenn das Publikum etwaigen Wagemut nicht mitzugehen bereit ist. Davon kann in Dresden nicht die Rede sein, gehöriges Risiko ist dennoch angesagt. Das von Privatengagement gestiftete Jazzfest setzt weitgehend auf Mainstream, auf Populärkunst – und sieht sich dennoch nicht vom Publikum überrannt. Dennoch wird von Jahr zu Jahr immer mal wieder etwas ausprobiert, neue Spielstätten etwa. Im Herbst 2008 waren es insgesamt 13 in und um Dresden. Den Hörern möglicherweise zu viel verordnete Mobilität? Der Auftakt gelang als Swing Band Ball in einem Hotel. Das Pasadena Roof Orchestra, Götz Bergmann, Global Kryner – allesamt Experten für gutes Entertainment und stimmungsvolle Momente. Die hehren Bühnen des Staatsschauspiels, Großes und Kleines Haus, füllten Stacey Kent und Nils Wülker mit ihren Bands, die Damen Frederika Stahl, Cristin Claas und Celine Rudolph mit „Ladies Vocal Jazz“, Monty Alexander mit seiner einnehmenden Tastenäquilibristik, Quadro Nuevo mit Weihnachtsprogramm sowie nicht zuletzt die veranstalterbeteiligten Klazz Brothers mit karibisch angehauchten Klassik-Adaptionen. In Kirchen gastierten Gitarrenvirtuose Dominic Miller, Hammond-Hype Barbara Dennerlein und die Halleschen Stouxingers, ein A-cappella-Ensemble, das bislang als Geheimtipp galt und schon bald zu Filmmusik-Ehren kommt. Der architektonischen Kühle des Universitätsklinikums hielten „Ostlegende“ Günther Fischer und „Westlegende“ Paul Kuhn aufheizend stand. Beide boten einen Querschnitt aus ihrem wahrlich legendären Schaffen, um das angekündigte „Ost“ und „West“ ging es dabei aber eher nicht. Als langjähriger Sponsor öffnete die VW-Manufaktur wiederum ihre Tore und präsentierte „Tribute“-Auftritte für Oscar Peterson und Stéphane Grappelli. An ersteren wagte sich der aus Armenien stammende Pianist David Gazarov heran, dem immerhin Petersons Wegbegleiter Ulf Wakenius (Gitarre), David Young (Bass) und Martin Drew (Schlagzeug) zur Seite standen. Das Didier Lockwood Trio rang um Augenhöhe mit dem zigeunernden Geiger Grappelli. Bemerkenswert war das Engagement der Jazztage-Veranstalter um den Nachwuchs des Genres. Zahlreiche Konzerte boten jungen Ensembles die Chance der Präsentation vor erlauchten Szenestars. Überzeugend nutzten dies etwa „Brumcalli“ und „Luamar“ mit launig folklorigem Einstand, das Quartett um Daniel Scheufler sowie das Trio „Ring“ mit standardorientierten Eigenkompositionen, Esther Kaiser als stimmorientierte Geschichtenerzählerin, „Vertreibung aus dem Paradies“ mit wortlosen Balladen und nicht zuletzt die Köstritzer Jazzband als Sponsor-Vertretung und Aufheizer für eine Funk & Soul Night auf Dresdens sonst nicht sehr bewegenden Flughafen. Mit Karl Friersons funkig elektrisierendem Einpeitschen und Candy Dulfers noch immer betörendem Saxofonen kam nah an der sonst so ruhigen Piste ein geradezu abgehobenes Konzert zustande, das zwar mehr Publikum verdient hätte, die gekommenen Gäste aber bis in den frühen Morgen mit einer Session betörte. Fazit: Die Veranstalter haben kein Experiment und dennoch recht viel gewagt mit dem Jahrgang 2008 der Jazztage Dresden. Ihren Ruf, auf eingängige Spielweisen des Genres zu setzen, haben sie weg. Alles, was in die Nähe von musikalischer Waghalsigkeit geraten könnte, überlassen sie anderen Orten und Machern. Das muss kein Vorwurf, kein Makel sein. Von dem Gebotenen aber weniger auf Breite, sondern auf mehr Konzentration zu setzen, das könnte von Vorteil sein. Michael Ernst |
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