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Jazzzeitung
2009/01 ::: seite 3
berichte
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Der Saxophonist, Filmmusikschreiber und seit nunmehr 40 Jahren Leader
der Band Passport macht wieder einmal von sich reden und hören:
diesmal gleich mit einem Doppelalbum. Die erste CD von „Klaus Doldinger’s
Passport On Stage“ wurde mit der aktuellen Passport-Besetzung eingespielt,
für die zweite CD verstärkt durch die WDR Big Band. Doldinger,
dessen aus diesem Anlass in Big Band Version vorgetragene Filmmusiken
zu „Das Boot“ und zum „Tatort“ längst Platz
im kollektiven Gedächtnis der Bevölkerung der Bundesrepublik
gefunden haben, ist offenbar auch im hohen Alter noch immer jemand, der
den Kontakt zum Publikum liebt und braucht.
Jazzzeitung: Herr Doldinger, Sie haben im Sommer, etwa in Köpenick,
Doppelkonzerte mit der „klassischen“ zweiten und mit der
aktuellen, jüngsten Besetzung von Passport gegeben. Kann man „Passport
Today“ auch als Sprungbrett für junge Musiker bezeichnen?
Klaus Doldinger: Im Laufe der Jahre habe ich immer mich stets sehr dafür
interessiert, was Musiker in der Lage sind zu spielen und wie das im
Zusammenspiel klingt. Ich habe mich nie darauf verlassen, möglichst
lange mit einer eingespielten Crew aufzutreten. Als vor kurzem beispielsweise
mein Gitarrist Peter O’Mara verhindert war, sprang dessen Freundin
Barbara Jungfer an der Gitarre für ihn ein. Das war das erste Mal,
dass eine Frau ein ganzes Passport-Konzert gespielt hat – sie ist
eine sehr talentierte Jazzgitarristin, hat wirklich hinreißend
Gitarre gespielt… Sie hatte sämtliche Stücke drauf, die
wir an dem Abend im Programm hatten und musste kein einziges Mal in irgendwelche
Noten schauen. Fehlerfrei und voller Inspiration hat sie diesen Abend
bestritten. Ich war über alle Maßen erfreut, dass sie das
voll gebracht hat.
Jazzzeitung: Bemerkenswert! – Aber welche Gedanken oder Erinnerungen
löst es bei Ihnen aus, am selben Abend mit der alten und der neuen
Passport-Besetzung auf der Bühne zu stehen?
Doldinger: Ich denke da nicht so drüber nach! Die sind mir so vertraut – Wolfgang
Schmid, Kristian Schultze, Curt Cress… Obwohl wir in der „klassischen“ Besetzung
gar nicht so wahnsinnig lange zusammen gespielt haben! Man muss immerhin
bedenken, die jetzige Band steht zum Teil schon mehr als fünfzehn
Jahre gemeinsam auf der Bühne, während die damalige Besetzung
der 70er-Jahre nur vier Jahre zusammen war. Aber es war eine derart enge
Connection… im Grunde genommen gleichwertig mit anderen, länger
bestehenden Verbindungen mit Musikern. Dieses enge miteinander Umgehen
hat sich bis heute als Grundgefühl gehalten. Und dass wir ab und
an gemeinsam auftreten, das finde ich sehr schön!
Jazzzeitung: Seit 1969 (damals für „Negresco“ von Klaus
Lemke oder „Baal“ von Volker Schlöndorff) sind Sie ein
fleißiger Filmmusikschreiber. Was fasziniert Sie an Filmmusik damals
und heute?
Doldinger: Es liegt auf der Hand, dass schon damals
der Umgang mit Filmregisseuren, mit Produzenten und überhaupt das Umfeld einer Filmproduktion und
der Premierenfeiern und wie das zelebriert wird, grundsätzlich etwas
Ansprechendes hatte! Und die Tatsache, dass man erst ein Drehbuch las
und dass man mit im Schneideraum saß.
Heute dagegen bekommt man eine DVD geschickt und versucht, Inhalten,
die zunächst mal nur aus Bildern und Dialogen bestehen, mittels
der Musik eine weitere Perspektive hinzuzufügen. Das ist natürlich
ebenfalls eine sehr interessante, aufregende Aufgabe, eine große
Herausforderung! Man trägt auch eine hohe Verantwortung. Und ich
habe dieses alles – selbstverständlich inklusive der angenehmen
zusätzlichen Bedingungen! – immer sehr gerne wahrgenommen.
Abgesehen auch von den interessanten Begegnungen mit vielen Künstlern
und Machern. Ich habe das stets als große Bereicherung meiner eigentlichen
Tätigkeit empfunden.
Jazzzeitung: Und ist mehrgleisiges Arbeiten
für jeden Musiker das
A und O? Hilft es dabei, Erfahrungen zu sammeln?
Doldinger: Naja, für mich war die Tatsache aufregend, dass das,
was ich als Jazzmusiker die ersten Jahre gemacht habe, sich nicht immer
unbedingt mit filmischen Inhalten verträgt. Da war es eine wertvolle
Erfahrung, mal in ein anderes Fahrwasser zu geraten, andere Vibrations
zu spüren. Eben Stücke zu komponieren, die weit weg von dem
waren, was ich als Jazzer für eine Band mir bekannter Jazzmusiker
komponieren würde – das sind ganz unterschiedliche Welten!
Und das hat mein Spektrum an Möglichkeiten absolut erweitert.
Ich habe auf die Art eine Menge Stücke komponiert, auf die ich normalerweise
nie gekommen wäre. Ich habe auch die, sagen wir mal, „kreative
Einstellung“ vieler Filmemacher schätzen gelernt. So ein Wolfgang
Petersen ist ja eben mal nicht nur ein Filmregisseur, sondern er ist
eine Persönlichkeit mit äußerst positiver Ausstrahlung.
Und das reißt einen natürlich auch irgendwie mit, klar! Wohingegen,
wie ich in frühen Jahren Nacht für Nacht gespielt habe, acht
Stunden lang, von abends um acht bis morgens um vier – da machte
sich mit vielen Musikern schon mehr oder minder auch so ein sich relativ
schnell einstellender Verschleißeffekt bemerkbar… (lacht)
Ich würde sagen, dass mir diese Begegnungen mit den Filmemachern
viel gegeben haben.
Jazzzeitung: War da schon mal ein Film, von
dem Sie sagten, für
den will ich jetzt keine Musik schreiben, den will ich mir höchstens
mal ansehen?
Doldinger: Nee. (lacht)
Jazzzeitung: Das hat es wirklich nie gegeben!?
Doldinger: Naja, es gibt schon mal unterschiedliche Auffassungen über
die Menge der Musik. Ich neige dazu, eher etwas weniger Musik einsetzen
zu wollen. Wohingegen manche Regisseure ab und zu viel Musik haben wollen.
Aber gut, das ist Geschmackssache! Es gibt natürlich den Fall, dass
ich dann für einen Film mal keine Musik mache und vielleicht lieber
verzichte, weil ich der Meinung bin, das sei nicht meine Welt. Also gut,
das kann es geben…
Carina Prange
CD-Tipp
Klaus Doldinger’s Passport: On Stage
Warner 5051865-0963-2-0
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