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Es ist der 31. Oktober 2008. Rainer Linke, Leiter der Offenen Jazz Haus Schule, nimmt im Rahmen der Verleihung des WDR-Jazzpreises den mit 5.000 Euro dotierten Ehrenpreis für „Jazz-Pädagogik“ entgegen. „Ihr Bildungsangebot in Sachen Jazz und improvisierte Musik hat überhaupt erst die Basis geschaffen für den jungen Profi-Nachwuchs an nordrheinwestfälischen Musikhochschule“ heißt es in der Begründung der Jury. Dieses Ereignis bietet Platz für die Zwischenbilanz einer Idee, die vor fast 30 Jahren entstand: 1978 gründeten freie Musiker die Initiative Kölner Jazz Haus e.V. Bis heute arbeitet die Initiative in den Bereichen Präsentation (Konzertsaal im Kölner Stadtgarten), Produktion (Label „Jazz Haus Musik“) und Vermittlung von Musik (Offene Jazz Haus Schule). Von der musikalischen Früherziehung bis zur Senioren-Band, vom instrumentalen Anfängerunterricht bis hin zum „Vorstudium Jazz“ fördert die Jazzhausschule ihre zurzeit etwa 1.500 Kursteilnehmer. Dabei bereiten sich im „Vorstudium Jazz“ jährlich etwa 30 Teilnehmer gezielt auf ihr Studium an einer Musikhochschule vor. Ein Blick hineinDie Jazzhausschule befindet sich im Zentrum von Köln, nahe dem Hauptbahnhof und der Musikhochschule in der Eigelsteintorburg. Das im Mittelalter erbaute Stadttor beherbergt seit 1990 das Büro der Jazzhausschule sowie fünf hochwertig ausgestattete Arbeitsräume und drei Veranstaltungsräume. Betritt man das alte Gemäuer am Vormittag, fallen die Kinderwagen im Eingansbereich ins Auge. Sind hier schon die Kleinsten musikalisch gefordert und integriert? Steigt der Besucher die zahlreichen Treppen hinauf, bietet sich ihm ein anderes Bild: Die Big Band der Musikhochschule probt im großen Veranstaltungssaal. Hier sind eingefleischte Jazzer am Werk! Darunter auch ehemalige Teilnehmer des ‚Vorstudium Jazz’ und wieder andere, die am Nachmittag im Rahmen ihres Studiums Unterrichtspraktika in den Kursen der Jazzhausschule absolvieren. Einen Raum weiter haben sich die „Early Birds“ einquartiert. Diese „50+ Band“ probt und erarbeitet Stücke des „klassischen“ Jazz. Wo aber haben sich die Kinder versteckt? Eine Etage höher dann die Bestätigung. In einem der Angebotsräume tummeln sich kleine Kinder mit ihren Eltern und genießen den spielerischen Umgang mit Instrumenten, bewegen sich zu den Klängen, machen basale Erfahrungen mit und durch Musik. Gleich nebenan befindet sich die „Schaltzentrale“ der Einrichtung. Die Telefone klingeln im Minutentakt, die vier Vollzeit- und drei Teilzeitmitarbeiter planen, organisieren und koordinieren die Angebote der Jazzhausschule innerhalb und außerhalb der Torburg. Es ist beeindruckend, mit welcher Zielstrebigkeit und Freude Bewährtes und Neues umgesetzt wird. Dabei geben die Bürofenster ihnen den Blick auf den Kölner Dom frei. Die Jazzhausschule ist keine „normale“ Musikschule. Sie präsentiert sich vielmehr als freies Zentrum für aktuelle Musik sowie als kulturpädagogische Facheinrichtung, deren Aufgabe in der Vermittlung von Musik für Menschen aller Alters- und Sozialschichten liegt. Dabei verschreibt sich die Jazzhausschule allen gängigen aktuellen Musikstilen: Jazz, Rock, Pop, Blues- und Soulmusik, Weltmusik, HipHop bis hin zum computergestützten Musizieren, zur Improvisierten und Neuen Musik und kombiniert diese gegebenenfalls mit Spiel, Tanz, Sprache, bildender Kunst und „Neuen Medien“. Um diesem Anspruch gerecht zu werden, wurden schon 1987 erste Kooperationen mit allgemeinbildenden Schulen Kölns etabliert. Diese dezentrale Arbeit ist ein Grund für den Erfolg der Jazzhausschule. Lange bevor „Jedem Kind ein Instrument“ zu einem zentralen Thema der Musikpä-dagogik wurde, haben die Verantwortlichen erkannt, dass Kooperations- und Vermittlungsprojekte in Schulen äußerst fruchtbar für eine flächendeckende, musikalische Bildung von Kindern und Jugendlichen sein können. Aktuell beteiligt sich die Jazzhausschule mit zahlreichen Projekten an der Entwicklung und Profilbildung von Schule und bietet unter anderem Bandworkshops, Musik-Tanz-Theater-Projekte, Songwriting und Kompositionswerkstätten, Breakdance, elektronische Musik oder interkulturelle Musikprojekte im Primar- und Sekundarbereich an. Mit dem Modellprojekt „Grundschule mit Musikprofil Improvisierte und Neue Musik“ hat die Jazzhausschule 2008 eine über vier Jahre laufende, von der Kulturstiftung des Bundes geförderte Kooperation mit der GGS Manderscheider Platz auf den Weg gebracht. Im Rahmen des Förderprojekts „Netzwerk Neue Musik“ entsteht an der Grundschule ein Musikprofil mit improvisierter, experimenteller und aktueller Musik. Dabei wird der reguläre Musikunterricht für alle Klassen pro Woche um eine Stunde „Improvisierte und Neue Musik“ im Klassenverband sowie durch zusätzliche Workshopangebote, aber auch durch Instrumental- und Bandpraxis erweitert. Eine Frage, die sich bei dem dargestellten Angebot aufdrängt, könnte lauten: „Welche Instrumentalpädagogen oder Musiklehrer können so etwas auf die Beine stellen?“ Die Antwort gestaltet sich ganz in der Kontinuität der Arbeit der
Jazzhausschule. Die Dozenten sind Künstler der freien Szene, Musiker
aus dem Bereich der Improvisierten und Populären Musik. Ihre Nähe
zur Materie und die damit verbundene Identifikation mit ihrer Kunst und Ästhetik
schaffen einen authentischen Zugang und sind somit wichtige Faktoren
für das Gelingen der Vermittlung. Florian Gatz |
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