Anzeige |
|
|
Anzeige |
|
Eine der schönsten Überraschungen der deutschen Jazzszene kam im Jahr 2000 aus dem fränkischen Erlangen. Ralf Altrieth und Johannes Reichert hatten die Berliner Szene für ihr kleines Label meta records entdeckt. „Günter Adler“ bestehend aus Rudi Mahall, Daniel Erdmann, Johannes Fink und Heinrich Köbberling nahmen für meta records ihre gleichnamige Debut-CD auf und dokumentierten eindrucksvoll, warum Spaß zu Musik gehört. Mit ihrem Tonträger im Gepäck gingen sie anschließend für das Goethe-Institut auf Ostasien-Tournee. Wieder ließ meta records mitschneiden. Es entstand „Günter Adler – Live in Asien“. Beide CDs zeigen den inzwischen musikalisch gereiften deutschen Avantgarde-Nachwuchs in einem freundschaftlich verbundenen Setting. Schätzungsweise lässt sich so die Intension der Produzenten Altrieth und Reichert auf den kürzestmöglichen Nenner bringen.
Zwischen diesen beiden Produktionen ist viel Wasser diverse deutsche Ströme hinunter gelaufen, bisweilen zu viel. Altrieth und Reichert sind keine Typen, die mit dem Strom schwimmen wollen, trotzdem haben aktuelle Entwicklungen, insbesondere die des Musikmarktes, Einfluss auf die Produktionen genommen. Rein äußerlich lässt sich die Veränderung am Design der Veröffentlichungen festmachen. Im Jahr 2000 leistete man sich noch echte Unikate als Cover. Handgefertigt nach eigenen Entwürfen gab es „Günter Adler“ als Kunstgegenstand mit Wandaufhänger zu kaufen, „Günter Adler – Live“ fällt dagegen im schlichten Jewel-Case optisch ab. Die hohen Produktionskosten ließen sich bisher nicht einspielen – trotz der großartigen Musik. Eine weitere Veränderung ist mit dem Umzug Ralf Altrieths nach Berlin verbunden. Denn Altrieth und Reichert sind selbst aktive Musiker. Ralf Altrieth sucht nach Stationen in Freiburg, Heilbronn und Erlangen in der deutschen Hauptstadt neue Herausforderungen. Hier findet er ein großartige Improvisationsszene, die seine Vorstellung von kompromissloser Umsetzung eigener Ideen teilt. Altrieth, der seit jeher sein Talent auf Malerei und Saxophon gleichermaßen verteilt, agiert wie Reichert an der Schnittstelle von Jazz, Neuer Musik und Klassik. Damit ist er in Berlin gut bedient. Dort, wenn auch nicht nur dort, findet er auch neue Künstler, die zu meta records passen. Die Idee zu meta records entstand, als ein fränkischer Mäzen die Musik von Altrieth und Reichert dokumentieren und sponsern wollte. Die Produzenten beschlossen, das Konzept um eine Labelgründung zu erweitern und nahmen in der Folge stets zu gleichen Anteilen Künstler aus den Bereichen Jazz, Klassik, Theater und Neue Musik unter Vertrag, darunter die Brüder Michael und Florian Arbenz, Mueer B. Fennel, Marc Johnson, Glen Ferris, Bennie Maupin, Kirk Lightsey, Antony Bailes, Daniel Almada, Greg Osby, Adam Pieronczyk, Maurice de Martin, Kalle Kalima. Erweitert wurde das Konzept um Projekte wie die Waechter-Inszenierung „Vom Teufel mit den goldenen Haaren“ oder „Don Quijote“, eine Begegnung von Alter Musik und Improvisation. Bestseller des Labels ist übrigens ein Tango-Projekt von Klaus Jäckle. Vielfalt ist geil und beglückt die Label-Chefs. Aber Vielfalt lässt sich nur aufwendig vermarkten und überhaupt scheint Marketing ein Reizwort in diesem Umfeld zu sein. Der Vertrieb von Note 1 wird einiges zu leisten haben, die Zielgruppe scheint zu breit angelegt, um eine Verselbständigung des Rufes als Label mit hohen Qualitätsstandards zu gewährleisten. Altrieth und Reichert wollen neben Homepage-Erstellung, Grafik-Design, Pressearbeit, Werbung, Produktionsleitung, Künstlerbeobachtung, Katalogerstellung und viel anderer Labelarbeit vor allem auch selber spielen und aufnehmen. Altrieth bezeichnet das Unternehmensmodell als einen Drahtseil-Akt. Dann grinst er mit aller Seelenruhe. Kalkül und Nützlichkeitskriterien sind nicht die Welt von meta records. Die Spaßguerilleros von „Günter Adler“ passen gut in dieses Profil. Albert Weckert |
|