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Im Gegensatz zu letztem Jahr, wo im Rahmen der Burghauser „Jazzwoche“ der Schwerpunkt – fast möchte man sagen, etwas angelehnt am allgemeinen Trend zur Fun-Gesellschaft – auf dem vokalen Sektor lag, war es nun sehr zu begrüßen, dass die Verantwortlichen diese Richtung nicht weiterverfolgten und im Rahmen der „34. Internationalen Jazzwoche Burghausen“ zu einer vernünftigen Mischung aus einem Gros mit herrlichen Instrumentalisten einerseits und mit dem einen oder anderen vokalistischen Farbtupfer andererseits zurückfanden. Dass man aber auch mit Instrumentalisten so einige Probleme in Sachen Star-Allüren und unmotivierten Auftritten erleben kann, bewies das Gastspiel von Charlie Haden im Rahmen des Eröffnungskonzert am Mittwochabend, dem 7. Mai, in der Wackerhalle.
Die Wackerhalle war an diesem Abend gut gefüllt, wollten sich doch viele Jazzfans die seltene Gelegenheit nicht entgehen lassen, die beiden Größen im Duo zu erleben. Aber den hohen Erwartungen konnte das Duo nur sehr sporadisch bis gar nicht gerecht werden. Das lag vor allem am äußerst blassen Auftritt des Kontrabassisten Charlie Haden. Was Metheny und Haden hier auftischten, war ganz einfach zu wenig für ein Festival von solch internationalem Rang. Haden griff trotz der auch in den Soli minimalistisch angeschlagenen Töne in hohen Lagen schon mal deutlich hörbar daneben und manchmal verkaufte er auch selbstzufrieden eine ganz normale Walking-Line als Solo. Metheny kam da ein wenig kreativer über die Bühne, wenngleich auch er sich des öfteren in stereotypen Phrasen wiederholte. Der Schweizer Tenor-Saxophonist Roman Schwaller, der mit seinem Nonett den zweiten Teil des Eröffnungs-Abends gestaltete, konnte da durch Spielfreude und die klangfarbliche Abwechslung seiner Kompositionen wesentlich mehr überzeugen. Wenn eine Bassklarinette zusammen mit dem Kontrabass eine zweistimmig prickelnd ausgetüftelte Walking-Line anstimmt, das Swing-Thema der Nummer für nur einen Takt in einen fetzigen Bebop fällt und der Pianist rein äußerlich den Eindruck erweckt, als sei er nur zufällig auf eine kleine Session vorbeigekommen, dann aber in seiner ganzen Lässigkeit allein mit der linken Hand eine unglaublich packende Bebop-Harmonik an den Tag legt und zudem in den Soli eine erfrischend unorthodoxe Melodik zelebriert, dann hat das in der Tat etwas von großer internationaler Klasse. Zum Teil sehr unprofessionell verlief hingegen der Auftritt von James
Blood Ulmers „Music Revelation Ensemble“ mit dem Gast-Saxophonisten
Pharoah Sanders. Denn jedesmal wenn der Blues-Gitarrist Ulmer den Versuch
unternimmt, Free Jazz zu spielen, wird es unangenehm – und in der
Wackerhalle wurde es besonders unangenehm. Laut, harmonisch einfallslos
und mit seinem grob verzerrten Röhrenverstärker-Sound und seinen
nicht exakt gegriffenen Akkorden immer irgendwo knapp daneben produzierte
er sich in den ersten Nummern. Da war es schon fast eine Erlösung,
als sein Verstärker den Geist aufgab und man Pharoah Sanders Virtuositäten,
das variantenreiche Bassspiel von Calvin Jones sowie den treibenden Groove
des Drummers Cornel Rochester für kurze Zeit ungestört genießen
konnte. Der Meinung schienen auch große Teile des Publikums gewesen
zu sein, denn die Halle leerte sich angesichts Ulmers Free-Jazz-Aktivitäten
zunehmend. Natürlich gab es auch wieder die ganz großen Highligts. So avancierten die Auftritte des Weltklasse-Schlagzeuger Billy Cobham mit seiner aktuellen Fusion-Formation „Culture Mix“ und des Bebop-Saxophonisten Branford Marsalis zu absoluten Klangerlebnissen. Die Perfektion, mit der die fünfköpfige Band „Culture Mix“ um Cobham hier zu Werke ging, ließ sogar jedes von Cobham synkopisch gefüllte Break zum Klangerlebnis werden. Zu den Höhepunkten ist auch das Gastspiel der vom New-Orleans-Stil bis zum Free Jazz vor Originalität strotzenden „Ray Anderson’s Pocket Brass Band“ zu rechnen. Da kam es schon vor, dass Anderson auf seiner Posaune emotional fesselnde Geschichten erzählte und einen Zwölf-Takter-Blues in Zirkulationsatemtechnik über drei Minuten lang durchhielt, ohne auch nur ein einziges Mal abzusetzen. Ebenfalls schwer beeindrucken konnte das Perkussionisten-Ensembles um Peter Sadlo, das in der „Improvisation Latino“ von Nandor Weisz vom Einkaufswagen bis zum ausgedienten Stahlspind so alles Mögliche und Unmögliche als Perkussionsinstrument miteinbrachte und auf höchstem musikalischen Niveau agierte. Das sonntägliche Abschluss-Doppelkonzert am 11. Mai bescherte mit der geschmeidigen Stimme von Jane Monheit und dem darauffolgenden zweistündigen Funk-Feuerwerk von Maceo Parker und seiner neunköpfigen Formation dem insgesamt wieder sehr beeindruckenden Festival einen würdigen Ausklang. Erwähnenswert, da hörenswert, waren auch wieder die späten Sessions im Burghauser „Jazzkeller“, in denen das Joe Haider Trio mit Gast-Saxophonist Roman Schwaller und diversen Freunden täglich bis in den frühen Morgen mit Swing und Bebop zur Höchstform auflief. Stefan Rimek |
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