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So richtig krachen sollte es zum großen Finale, als der Mojo Club am 11./12. April zur großen Abschiedsfeier lud. Das Resultat waren weit über 1.000 Fans, die Schlange vor den Pforten reichte weit bis auf die Reeperbahn. Die Party im Club brodelte, denn Oliver Korthals, Leif Nüske und langjährige Freunde und Weggefährten des Clubs ließen die vergangenen Jahre im Schnelldurchlauf noch einmal auferstehen. Zwei Abende, zu denen man den Veranstaltern nur gratulieren kann. Wenn über dem Ganzen nicht die traurige Wahrheit schweben würde: Nach über 14 Jahren schließt der Mojo Club endgültig seine Pforten. Damit enden 14 Jahre Trendsetter und Exportschlager der Hansestadt.
Begonnen hat alles 1988. Oliver Korthals und Leif Nüske lernten sich im Hamburger Club KIR kennen. Ihr gemeinsames Faible für Jazzsounds brachte sie auf die Idee, ein eigenes Konzept zu entwerfen. Ziel war es, den Jazz wieder auf die Tanzfläche zu holen, dem Image des Jazz als „Musik für alte Leute, Frühschoppenmusik“ entgegenzuwirken. Das Ergebnis war ein neuer, ganz eigener Stil: Jazz in Verbindung mit Bossa Nova genauso wie mit House und Drum&Bass, der sogenannte Dancefloorjazz. Der Name Mojo kommt ursprünglich aus dem Afrikanischen. Letztendlich haben die Betreiber den Namen dem Blues/New Orleans entlehnt, in dem „Mojo“ eher einem Woodoo-Zauber entspricht: „Da gibt es diese kleinen Mojos, kleine Säckchen mit unterschiedlichen Ingredienzien – es gibt sie als Liebeszauber, aber auch als Beschwörer für gewisse Geister“, so Oliver Korthals. Und nun seit 1989 auch als Säckchen für Dancefloorjazz. Da nämlich fiel der Startschuss für den Mojoclub im Holthusenbad – mit 900 Gästen ein grandioser Beginn. Nach einem Zwischenstop in der Prinzenbar auf dem Kiez eröffnete der Mojo 1991 in der Reeperbahn 1 sein eigenes Clubhaus. Danach ging es Knall auf Fall. 1992 erschien der erste Mojo-Sampler – in einer Zeit, in der es die meisten Acts noch nicht auf Tonträger gab, die Produktion einer eigenen CD für die meisten Musiker unerschwinglich war. Mit dem Sampler begannen die Tourneen durch Deutschland – der Exportschlager Mojo war geboren. Noch im selben Jahr wurde der erste Mojo-Shop eröffnet, der exklusiv englische Mode, CDs und Trend-Haarschnitte bot, im Kölner Stadtgarten fiel der Start für die regelmäßigen Mojoabende. Im Clubprogramm selber formierte sich unter dem Motto Nuformat Jazz Electro-Jazz, es folgten Poetry Sessions, Action-Paintings, Chill Outs im Mandarin und Kino-Happenings. Was nach außen wie ein von Beginn an knallhart durchdachtes Marketingkonzept aussieht, erfolgte laut O. Korthals eher zufällig: „Auf einmal hatten wir einen kleinen Mikrokosmos. Viele kleine Mosaiksteinchen, die sich plötzlich zu einem runden Konzept zusammenfügten.“ Dabei haben die Betreiber immer auf das Lebensgefühl gesetzt, in dem alle Sinne angesprochen wurden: als erster Club warteten sie mit einer Sofa-Ecke zum „hinlümmeln“ auf, die stimmungsvollen Dia-Projektionen ließen einen vergessen, dass es letztendlich ein ganz normaler rechteckiger Raum war. Die Umkleidetonnen aus dem Mojo-Shop wurden kurzerhand als Sitzkammern umfunktioniert, in denen genauso Videos abgespielt wurden, wie auch auf den Toiletten. Wieso aber schließt ein so erfolgreicher Club? Das Haus war von Beginn an Objekt für Spekulanten. Beständig wechselten die Inhaber, es gab bestenfalls Jahresverträge, die die Betreiber zu kurzfristigen Planungen zwangen. Begleitet wurde ihre Arbeit von beständig aufkeimenden Gerüchten über Abrisspläne zugunsten von Büro- und Geschäftsräumen. Mit dem jüngsten Inhaberwechsel gingen die Betreiber endgültig an die Öffentlichkeit. Dabei ging es ihnen nicht allein um die Zusage finanzieller Unterstützung für eine neue Clubadresse, als vielmehr darum zu zeigen, dass die Clubkultur für Hamburg ein wichtiger Standortfaktor ist: „Die Stadt hat einfach ein bisschen gepennt. Sie orientiert sich zu viel an den Musicals, die zahlungskräftige Touristen heranziehen“, so Korthals. Es gibt jedoch eine große Zahl an Szenetouristen, die gezielt kommen, um die Clubs zu besuchen: „Eine Basis, die der Stadt ein gewisses Flair und Lebensqualität gibt.“ Im Ergebnis haben die zähen Verhandlungen sowohl Künstler als auch Gäste verunsichert – die mangelnde Perspektive ist geblieben. Die Betreiber zogen die Konsequenz, und schlossen den Club auf der Reeperbahn. Hamburg verliert sein großes Aushängeschild der Clubszene und -kultur. Auch die Musiker der Stadt spüren den Verlust. Der Mojoclub bot immer auch jungen Talenten eine Plattform – für Dissjam oder Groove Galaxi beispielsweise folgten eigene Tourneen. Einen endgültigen Abschied stellt diese Entscheidung jedoch nicht dar. Was vorerst bleibt, sind das Mandarin, das Merchandising, die Abende im Stadtgarten sowie der Sampler. Über eine Wiedereröffnung des Clubs an einem anderen Ort halten sich Oliver Korthals und Leif Nüske vorerst bedeckt: „Die Zeiten sind ja auch derzeit nicht mehr so zum feiern. Aber – der Trend wird auch wieder in die andere Richtung gehen.“ Gabriele Benedix Die wichtigsten Eckdaten
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