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„Was wird uns heute nicht alles als Jazz verkauft. Bei uns wird er noch gespielt, der Jazz – als improvisierte Musik.“ Mit diesen Worten kündigte Richard Klimek, 2. Vorsitzender und Programmkoordinator des jazz e.V. dachau, am 7. November des letzten Jahres eines der überragendsten Konzerte der Saison an. Peter Brötzmann und sein „Die Like A Dog“ Projekt (Brötzmann, Conny Bauer, William Parker, Paul Lovens) fegte in den folgenden gut zweieinhalb Stunden jeden Zweifel am festen Bestand einer frei improvisierenden Musikszene in unserer Zeit schonungslos und für alle Anwesenden unvergesslich hinweg. Ein Auftritt, über den noch heute nicht nur in der oberbayerischen Kreisstadt viel geredet wird, von dem man sagt, allein hierfür habe sich die dreijährige Arbeit des gemeinnützigen Vereins gelohnt. Aber es wird weitergehen. Besonders, nachdem der 1. Internationale Jazz-Herbst in den Monaten September bis November ein derartiger Erfolg gewesen ist. Denn innerhalb von nur acht Wochen konnte man in dem kleinen, aber urgemütlichen Café Teufelhart in der Augsburger Straße nationale und internationale Stars der Szene hautnah erleben. Nicht auf einem riesigen Saal-Podium, wo die Musiker als kleine, unscharf agierende Punkte in weiter Ferne ihr Programm abspulen. Die Bühne im Teufelhart ist winzig klein, die Tische in der ersten Reihe locker mit dem Zug der Posaune abzuräumen. Zudem gönnen sich fast alle der hier Auftretenden den seltenen Luxus ohne Verstärker zu spielen. Für Brötzmanns Sound mit Sicherheit eine Offenbarung. Aber auch Tenorist Abraham Burton, mit Steve Davis, Orin Evans, Tassilo Bond und Nasheet Waits angereist, ließ die Grundmauern des Hauses akustisch erbeben. Zehn Stunden war die Band von Münster kommend auf den Autobahnen quer durch die Republik unterwegs, um das Publikum im ausverkauften Haus mit einem Hardbop-Feuerwerk der Moderne zu belohnen. Maurice de Martin, Schlagzeuger, Komponist und künstlerischer Leiter von „Plastiline“, hat kurz vor seinem Auftritt in Dachau Ende Oktober im rumänischen Bukarest mit großem Erfolg die Ensemble – Suite „Transylvaniana“ uraufgeführt. Einen Teil jener Werkstattformation hat de Martin via Berlin spontan mit ins „Teufelhart“ gebracht. Die Band, mit dem Knitting Factory erprobten Ben Abarbanel Wolff (Saxophon), Mircea Tiberian (Piano) und Johannes Fink (Bass), tastete sich an den Rändern stilistischer Offerten entlang und stieß zwischen einer wie flüchtig dahingehauchten Partitur und improvisatorischer Dynamik mitten hinein ins Zentrum pulsierender Tonkunst. Das Publikum war zu Recht begeistert. Überhaupt schienen in dieser Saison die Saxophonisten den Ton anzugeben. Denn auch das Eröffnungskonzert der Herbstsaison gehörte einem Tenoristen. Wolfgang Puschnig, dessen neuste CD - Produktion „Grey“ (Quinton) gerade noch pünktlich zum Auftritt erschien, brachte dieses Originalquartett mit in die Stadt an der Amper. Bassist Steve Swallow, Schlagzeuger Victor Lewis und Don Alias, der Perkussionist, spielten in einer rhythmisch fundamentalen Grundstimmung einen Set, der vom perlenden Swing über die populären Enklaven des Funk bis hin zum Blues und afrikanischen Trommelritualen fast alles bot. Michel Pilz, Europas führender Bassklarinettist, kam mit dem japanischen Trompeter Itaru Oki, dem Schweizer Bassisten Herbert Kramis und Schlagzeuger Klaus Kugel. Die Vier kommunizierten in ihrem Spiel auf höchstem improvisatorischen Niveau. Der Gedanke musikalischer Freiheit bekam bei ihnen eine homogene, gruppendynamisch exzellent ausgerichtete Note. Von insgesamt sechs Konzerten nicht ein einziger künstlerischer Ausfall! Mit Sicherheit auch ein Ergebnis der Atmosphäre vor Ort, der akribischen und von Leidenschaft gekennzeichneten Arbeit. Dies hat auch endlich das Kulturamt der Stadt Dachau erkannt und dem jazz e.V. Mitte November einen Zuschuss von 14.500 Euro für 2003 gewährt. „Damit lässt sich arbeiten. Denn nur so können wir auch in Zukunft ein anspruchsvolles Programm planen“, sagt Richard Klimek. Jörg Konrad Programm Frühjahr 2003
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