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Jazzzeitung

2012/02 ::: seite 8

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Inhalt 2012/02

Inhaltsverzeichnis

STANDARDS

Editorial / break / Nachrichten aus der Jazzszene / kurz, aber wichtig Jazz-ABC: Alvin Queen no chaser: Der Auskenner Farewell: Abschied vom Multiinstrumentalisten Sam Rivers

TITELSTORY: Schüler der Musik
Branford Marsalis im Gespräch

GESCHICHTE -
Basies Weggefährten (4)
Mehr als „April In Paris“ – Benny Powells Posaune
Der Charme des Skizzenhaften
Eine Ehrenrettung für Duke Ellingtons Suiten

Berichte
Das Dan Tepfer Trio beim BMW Welt Jazz Award // Louis Moutin im Esslinger Jazzkeller // Zum Neuen Deutschen Jazzpreis 2012 // Preview: 41. Moers-Festival

Portraits
Monty Alexander // Bassklarinettist Ulrich Drechsler // Schlagzeuger Jens Düppe // Neues von e.s.t. // Hugo Siegmeth

Jazz heute und Education
„Jazz it!“ Germering // jazzahead! verleiht erstmals Preis für deutschen Jazzjournalismus // „Women in Jazz“ // Zur Frühjahrsarbeitsphase des Bundesjazzorchesters // Fortbildungskalender 2012 (pdf) // Abgehört: Der Song des Vizepräsidenten
Keith Jarretts Version einer alten Melodie

Rezensionen und mehr im Inhaltsverzeichnis

Durchschreiten der Jahrhunderte

Hugo Siegmeth mit Jazz in europäischer Tradition

Der Grenzgänge gibt es so viele heutzutage, dass einem Überblick und Schubladen fast abhanden kommen können. Das ist gut so, denn es weitet den Horizont. Welcher Jazz-Afficionado kennt schon Johann Caspar Kerll? „Ich hab von dem vorher auch nichts gewusst“, lacht Hugo Siegmeth.

Hugo Siegmeth mit Jazz in europäischer Tradition.Hugo Siegmeth mit Jazz in europäischer Tradition.

Hugo Siegmeth mit Jazz in europäischer Tradition.

Vorher, das meint vor der Beschäftigung mit einer bestimmten Form der Komposition. Als im Jahr 2011 die Anfrage der Neuburger Barockkonzerte kam, die an der Donau schon traditionelle Brücke der Art Baroque im Birdland Jazzclub zu schlagen, kam der Münchener Saxophonist und Komponist auf den Gedanken, dies mithilfe einer alten Kompositionsform zu tun, der Passacaglia: „Als ich eingeladen wurde, habe ich mich sehr gefreut. Ich habe dann zuerst überlegt, ob ich mir einen Komponisten rauspicke oder irgendein Thema. Im Gespräch mit Roland Spiegel kamen wir dann auf ein Stück von mir – „Under The Tree“ –, das angelehnt ist an eine Passacaglia, nicht allzu streng, aber es basiert auf einer ostinaten Bassfigur, aus der mit jazztypischen, bluestypischen Harmonien ein Stück wächst. So kam es zu dem roten Faden für das Projekt, ich habe mich auf die Suche gemacht nach Passacaglien und bin in Fülle fündig geworden.“

Inzwischen hat sich das Projekt, das sich im Konzert vergleichsweise noch im Status eines Rough-Mix befand, deutlich verfeinert, wirkt reif, souverän, eigenständig und organisch: „Wir haben sehr viel Zeit in Proben investiert, etliche Konzerte gespielt und danach immer wieder gefeilt.“ Dabei war es gerade der Klang einer ungewöhnlichen Besetzung, der immer stärkere Konturen annahm: „Ich wollte einen Ensembleklang, der mit einem Bein in der Klassik steht, der auf der anderen Seite offen ist für Jazz, Improvisation und eben das Fließen der Passacaglia.“ Ein wesentlicher Aktivposten ist dabei der Ukrainer Eugen Bazijan. „Er ist ein ausgezeichneter Cellist mit einer sehr guten klassischen Ausbildung, bringt Spielfreude mit, Schwung und auch ein gewisses Augenzwinkern.“

Hinzu kommen Max Grosch an der Geige und Stefan Schmid am Klavier. „Die Musiker sind sehr offen, auch Max Grosch hat eine klassische Ausbildung, spielt viel Jazz und verlangt seinem Instrument ganz neue Seiten ab. Mit Stefan Schmid arbeite ich immer wieder gern zusammen, er hat so eine verspielte Note und kann sich ganz wunderbar auf neue Ideen einlassen. Mit den richtigen Musikern für so ein Projekt, die mitgehen, die offen sind und auch mal was wagen, kann so ein Abenteuer natürlich auch gut ausgehen.“

Trotz – oder mitsamt – der ungewöhnlichen Besetzung haben die Passacaglien Hugo Siegmeths einen sehr jazzigen Groove. „Darauf möchte ich auch auf keinen Fall verzichten. Es ist ja kein Geheimnis, dass es auch ohne Bass und Schlagzeug möglich ist zu grooven. Jeder, der im Jazz zu Hause ist, hat sein persönliches Gespür dafür. Das ist ja ein Wesenselement des Jazz. Andererseits wollte ich gewohnte Hörmuster und Fahrwasser vermeiden. Wichtig war mir vor allem, wohin sich der Klang entfaltet. Das ist dann der Rückweg zur Klassik, hier schließt sich der Kreis. Mir erscheint es nicht zuletzt sehr wichtig, dass sich der Jazz auch auf die europäische Musiktradition zurückbezieht.“

Das Repertoire ist entsprechend breit gefächert, spannt in schillernder Palette einen weiten musikgeschichtlichen Bogen vom Mittelalter über den Frühbarock Girolamo Frescobaldis, über Händel, Bach und Georg Muffat – „Das ist im Original mein Lieblingsstück!“ – bis zu Anton Webern und György Ligeti. „Ich fand es spannend, einen guten Querschnitt von Komponisten zu finden, freue mich aber auch an ganz besonderen Stücken, die einfach ein bisschen anders gestaltet sind, vielleicht auch Kontraste aufwerfen. Die Passacaglia ist über die Jahrhunderte hinweg relativ konsequent verwendet worden. Wir haben sie dann natürlich auch zur Grundlage eigener Stücke gemacht.“

Und Johann Caspar Kerll? Der lebte von 1627 bis 1693, war Hoforganist in München und Wien, schlug seinerseits kompositorische Brücken zwischen Süddeutschland und Italien und liebte die Passacaglia.

Tobias Böcker

CD-Tipp

Hugo Siegmeth: Passacaglia
Village Pond Records VPR 010

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