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Dass der WDR der deutsche Sender mit dem größten Jazzprogramm ist, ist eine erfreuliche Wahrheit, die nach wie vor viele Hörer und Jazzfreunde genießen. Nun sind vier vom WDR mitgeschnittene ganz besondere Konzerte aus den Jahren 1959/60 erschienen, mit denen die großen Stars des Jazz sich am Rhein dem ziemlich zahlreichen damaligen Publikum präsentierten. In den Archiven schlummern noch hunderte von Aufnahmen. Dies unterstreicht einmal auf besondere Weise die Bedeutung der öffentlich-rechtlichen Sender, die durch ihre Mitschnitte/Sendungen die Musikgeschichte auch unseres Landes dokumentieren. Und was war das damals für ein Erlebnis für junge Menschen, die das letzte Taschengeld für die neuen Schallplatten ausgaben, um diese Stars wenige Meter entfernt auf der Bühne erleben zu können? Zur Erinnerung: 1957 war Kurt Edelhagen an den Rhein gekommen, nach Köln, wo Gigi Campi und andere Aktivisten sich mit Erfolg darum bemühten, ein qualitätvolles Jazzleben zu entfalten. Den Rhein herauf und herab gab es ein reges Clubleben, und eine junge Musikerszene begann sich zu etablieren. In Bonn war die Beethovenhalle nach der Zerstörung im Krieg gerade wieder fertiggestellt, als das Modern Jazz Quartet sie restlos füllte. Karsten Mützelfeld, seit Jahren einer der besonderen Jazzjournalisten deutscher Sprache, erklärt im Begleitheft die Rolle des MJQ zur damaligen Zeit sehr treffend: Es verband die europäische gepflegte Musikkultur und alle Vorzüge der freien Musik des afro-amerikanischen Jazz auf perfekte Art. Das Quartett spielte auch in Bonn seine Rolle wie erwartet zur gepflegten Begeisterung des Publikums, aus dem dann einige junge Leute die Band nach Köln zurückfuhren und einen Teil der Musiker überreden konnten, im „Kintopp Saloon“ auf der Zülpicher Straße, der In-Jazz-Kneipe der Domstadt für Jahre, bis in die Nacht zu „jammen“. Auch eine kleine schöne Story, die Karsten Mützelfeldt ausgegraben hat. Die gepflegte Art, den Jazz zu spielen, setzte Dave Brubeck mit seinem Quartett nahtlos im folgenden Jahr 1960 auf den Essener Jazztagen Anfang April fort. Und man hörte die bekannten Titel vom „St. Louis Blues“ bis zu „Blue Rondo à la Turk“. Brubeck war auf dem ersten internationalen Höhepunkt seiner Laufbahn und garantierte eine gelungene Verbindung des Swing und der Jazz-Improvisationen mit der gepflegten europäischen Musikkultur. Die 12.000 Hörer in der Grugahalle im Rahmen eines fulminanten Jazzprogramms waren begeistert. Ganz anders die Musik im Programm des Festivals vor dem Brubeck Quartet, aktueller aber auch schon klassischer amerikanischer Jazz mit dem genialen Pianisten Bud Powell im Trio des Bassisten Oscar Pettiford mit Kenny Clarke am Schlagzeug. Bekannte und perfekt aufgeführte Titel klingen auf, Repräsentanten der neuen Jazzzeit der vergangenen 15 Jahre wie „Salt Peanuts“. Das Publikum nahm die gekonnte Verbindung von Ideen, Kraft und Virtuosität der Improvisation begeistert auf, auch wenn Ornette Coleman bereits in der Welt des Jazz eine neue Freiheit verhieß. In deren Richtung zeigt die vierte (numerisch zweite) Konzertaufnahme von John Coltrane in Düsseldorf, auch wenn sie noch stark dem Jazz der 50er-Jahre verhaftet ist. Die Band, die hier seinen Namen trägt, war eigentlich die von Miles Davis, mit dem die Vier schon vorher eine ausgedehnte Europa-Tournee hinter sich gebracht hatten. Coltrane stand am Scheideweg. Von Davis hatte er sich konzeptionell schon getrennt und sein entscheidender Schritt in die Welt der eigenen Musik stand unmittelbar bevor. Seine nicht enden wollende Solo-Virtuosität kann man heute noch mit dieser Aufnahme genießen. Insgesamt eine schöne Erinnerung auch an die eigene Jugend. Und die Erwartung ist da, was da noch an Aufnahmen vom WDR ausgegraben wird. Hans-Jürgen von Osterhausen
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