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Jazzzeitung
2011/01 ::: seite 18
jazz heute
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In unmittelbarer Nähe zur Konzernzentrale, dem 1972 gebauten „Vierzylinder“,
eröffnete 2008 die BMW Welt, das neue Portal der Marke. Das von
dem avantgardistischen Architekturbüro COOP HIMMELB(L)AU entworfene
Gebäude dient als Auslieferungszentrum von BMW Automobilen für
Neuwagenkunden und ist gleichzeitig Schauraum fürs interessierte
Publikum. Kulturveranstaltungen unterschiedlicher Art wurden inzwischen
etabliert. Seit 2009 vergibt die BMW Welt jährlich einen Jazz Award.
Die jazzZeitung sprach mit dem Leiter der BMW Welt, Thomas Muderlak, über
die dritte Auflage des mit 15.000 Euro dotierten Preises.
JazzZeitung: Das futuristische Gebäude der BMW Welt zählt
zu den meistbesuchten Münchner Sehenswürdigkeiten. Seither
reißt der Menschenstrom nicht ab. Woher rührt dieser Erfolg?
Thomas Muderlak: Ich muss immer ein wenig an Neuschwanstein denken, das
ja weltweit als d a s bayerische Touristenziel gilt und jährlich
ca. 1,4 Millionen Besucher anzieht. Wir hatten in diesem Jahr (2010)
sogar 1,9 Millionen Besucher, mit steigender Tendenz, und rechnen für
2011 erstmals mit über 2 Millionen Besuchern. Seit der Eröffnung
im Jahr 2007 sind insgesamt 6,5 Millionen gekommen. Steigende Besucherzahlen
auch drei Jahre nach Eröffnung hängen sicher damit zusammen,
dass wir mehr sein wollen als nur „Architektur & Fahrzeugausstellung“,
sondern „Erlebniszentrum“, nicht nur für die Münchner,
und zwar mit dem Ziel, nicht nur in der Automobil-Branche, sondern auch
in der Stadt zur festen Institution zu werden.
JazzZeitung: Im Rahmen des Kulturprogramms
tritt die BMW Welt als Veranstalter und Sponsor auf. Die Kultur braucht
fraglos Förderer. Wieso aber
braucht man Kultur, um Autos zu verkaufen?
Muderlak: In diesem Standort verkaufen wir nicht, sondern
liefern aus. In erster Linie dient die BMW Welt zur Entwicklung, Präsentation
und Pflege unseres Image. Zur Wahrung dieses Images und zur Positionierung
als „Good Corporate Citizen“ in München engagieren wir
uns seit vielen Jahrzehnten für Kunst und Kultur. Die BMW Welt hat
dabei kein massentaugliches Programm als oberstes Ziel im Blick, aber
die Freude an Ästhetik, Kreativität und Kunst ergänzt
das BMW Image hervorragend. Aus dieser Position heraus wollen wir durch
Veranstaltungen und Aktionen BMW positionieren und präsent halten,
ohne die Marke selbst in den Vordergrund zu stellen. Es geht darum, den „Erlebnisort
BMW“ zu entwickeln und nachhaltig zu fördern. Ein ausdrückliches
Bekenntnis der BMW Group zu unserer Verantwortung am Standort wird hier
deutlich, und in diesem Zusammenhang ist auch das Engagement beim Jazz
Award zu sehen. JazzZeitung: In der BMW Welt wurden inzwischen
Veranstaltungen unterschiedlicher Art durchgeführt. Welche Rolle spielt die Musik?
Muderlak: BMW engagiert sich nicht erst seit den Zeiten von BMW Welt
in verschiedenen Kooperationen. Ich nenne als Beispiele „Spielmotor“, „Oper
für alle“, die Zusammenarbeit mit der Berliner „Staatsoper
Unter den Linden“ (seit 2007), dem Bayerischen Rundfunk und dem
Münchner Kammerorchester oder den Bayerischen Kompositionspreis
für junge Komponisten. Dieses Engagement setzt sich fort in der
BMW Welt. Der hier architektonisch integrierte Konzertsaal ist der einzige
BMW-eigene Konzertsaal weltweit und wird quer durch die Musikrichtungen
hindurch genutzt. Er soll durchaus auch musikalischen Experimenten zur
Verfügung stehen, etwa für die neue „Classical Lounge“ Ende
dieses Jahres. In diese Tradition, offen auch für Neues zu sein,
passt Jazz sehr gut.
JazzZeitung: Zwei Jahre gibt es nun den BMW
Welt Jazz Award und die dritte Saison beginnt. Wie fällt Ihr Fazit aus? Und wie Ihre Vision?
Muderlak: Die ersten beiden Konzerte waren ausgesprochen erfolgreich;
so musste wegen des Besucherandrangs live in die BMW Welt übertragen
werden – trotz des ungewöhnlichen Termins am Sonntagvormittag.
Meines Erachtens hat sich der mit 15.000 Euro dotierte Jazz Award auch
innerhalb der Jazzszene zu einer anerkannten Institution entwickelt.
Der Jazz Award wird weitergeführt, im Jahr 2011 erstmals unter Einbeziehung
auch größerer Ensembles mit mindestens zwei Blasinstrumenten,
mit dem Motto „Two Horns and More“. Das Procedere ist bekannt:
Es gibt sechs Vorausscheidungskonzerte, dann ein Finale, das voraussichtlich
wieder schnell ausverkauft sein wird. Langfristiges Ziel ist die international
noch stärkere Beachtung und Etablierung.
JazzZeitung: Sprechen Sie mit Jazzkonzerten
eine bestimmte Zielgruppe unter Ihren Kunden an?
Muderlak: Versucht man, Musikkategorien einmal nach Lebenseinstellungen
zu „sortieren“, dann träfe man bei den Besuchern der
BMW Welt Jazz Award Konzerte wohl auf ein großes Spektrum. Ins „BMW
Händler Vokabular“ übersetzt: „Vom 1er bis zum
7er sieht man alles.“ Insofern kann ich Ihre Frage mit „nein“ beantworten,
wir sprechen keine spezielle Zielgruppe an.
JazzZeitung: Welche Rolle spielt für Sie ein Kulturpartner wie das
Kulturreferat München?
Muderlak: Die Zusammenarbeit mit dem Münchner Kulturreferat verläuft
sehr gut und kooperativ. Hier spielt sicher auch eine Rolle, dass München
daran interessiert ist, die in letzter Zeit etwas eingeschlafene Jazz-Szene
der Stadt wiederzubeleben. München hat ja eine ausgeprägte
Jazz-Tradition. Der Kulturreferent Dr. Hans-Georg Küppers hat zudem
in seiner Amtszeit bisher erstaunlich viel geleistet, um die freie Szene
in München auf festere Beine zu stellen, davon profitiert München
als Jazz-Stadt enorm, wofür wir sehr dankbar sind. Hinzu kommen
noch die persönlichen musikalischen Vorlieben von OB Christian Ude,
der selbst Jazz-Fan ist. Ebenfalls bestehen enge Kontakte zum Tourismusamt
der Stadt.
Dass die Jazz-Zeitung ebenso wie BR-Klassik oder Schloss Elmau beim Jazz
Award unsere Partner sind, ist natürlich ein großer Vorteil.
JazzZeitung: Was erwartet den kulturell interessierten
Besucher beim Kulturprogramm 2011 in der BMW Welt?
Muderlak: Neben Standardveranstaltungen wie Poetry Slam,
Faschings- oder Kinderferienprogramm wären folgende Formate und Reihen zu nennen: „Drehmoment“ ist
ein neues Clubbing-Format – hier werden voraussichtlich alle zwei
Monate prämierte Kurzfilme gezeigt, daran anschließend Liveband
und DJ.
Dann die neue Klassik-Reihe Ende 2011, „Classical Lounge“,
in dieser Form Neuland für BMW. Und natürlich eine Neuauflage
der 2010 erfolgreich gestarteten Silvester-Gala.
JazzZeitung: Welchen Bezug haben Sie persönlich zum Jazz?
Muderlak: Als höchst mittelmäßiger Schlagzeuger habe
ich mich nie aktiv an Jazz herangewagt, höre ihn aber sehr gerne.
JazzZeitung: Wenn Sie zehn CDs auf eine einsame
Insel mitnehmen könnten,
wäre auch etwas Jazziges dabei?
Muderlak: Meine Musikvorlieben sind sehr breit gestreut,
vom „Tannhäuser“ bis
zu AC/DC. Speziell in der Rubrik „Jazz“ würde ich auf
die einsame Insel mitnehmen:
Musik von Paco de Lucia sowie „The Köln Concert“ von
Keith Jarrett; außerdem vielleicht etwas von Michel Petrucciani
oder Axel Zwingenberger – wie Sie sehen, tendiere ich zu den Solisten.
JazzZeitung: Vielen Dank für das Gespräch.
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