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Gertrud Pickhan/Maximilian Preisler: Von Hitler vertrieben, von Stalin verfolgt. Der Jazzmusiker Eddie Rosner, be.bra Verlag, Berlin 2010, 168 Seiten Dass „einer der bedeutendsten Jazzmusiker des 20. Jahrhunderts“ so wenig gewürdigt und heute kaum noch bekannt ist, hat mit seiner speziellen Lebensgeschichte zu tun. Eddie Rosners Karriere war geprägt von Flucht, Migration und zwei Diktaturen. Sie hat, wie in der Biografie, die zum 100. Geburtstag des Protagonisten erschienen ist, „paradigmatische Bedeutung für das 20. Jahrhundert“. So werden Privatleben und beruflicher Werdegang stets vor dem Hintergrund historischer Ereignisse beleuchtet. Die neue Biografie, die Gertrud Pickhan und Maximilian Preisler vorlegen, handelt vom „raschen Aufstieg und frühen Fall“. Rosner, geboren 1910 im jüdischen Scheunenviertel Berlins, wurde von den Nazis vertrieben, ehe seine glänzende Karriere sich ganz entfalten konnte. Die beiden Autoren beleuchten Rosners folgende Odyssee durch halb Europa. Sie haben sich in Archiven in Warschau und Moskau umgetan und mit zahlreichen Zeitzeugen gesprochen, stets bemüht, „Rosners Lebensweg mit all seinen Kontexten, Richtungsänderungen und Unstimmigkeiten nachzuzeichnen“. Eddie Rosner war von Ehrgeiz besessen, „es bis an die Spitze zu schaffen“. Er verdingte sich zunächst in den Tanzkapellen von Efim Schachmeister und Marek Weber, ehe er bei den Weintraub Syncopators zur Sensation im Berlin der späten 20er- und frühen 30er-Jahre wurde. Die Nazis vertrieben den jüdischen Trompeter, so dass er zunächst nach Holland und Belgien floh, wo er im Orchester von Fud Candrix unterkam und auch mal Louis Armstrong begegnete. Als sein Visum nicht verlängert wurde, ging Rosner 1935 nach Polen, wo er große Erfolge feierte. Seine ersten Plattenaufnahmen machte er drei Jahre später für das amerikanische Columbia-Label in Paris. Die Sowjetunion war die letzte Station von Rosners Exil. Er leitete das belorussische Orchester und zählte trotz schwankender Haltung der Kulturoberen zum Jazz zu den Privilegierten. Nach Kriegsende brachte ihn Stalins Kulturpolitik in die Straflager des Gulag, nachdem er versucht hatte, sich nach Polen abzusetzen. In der Haft spielte Rosners Band zur Unterhaltung des Lagerpersonals. 1954 freigelassen, begann seine zweite Karriere, die mit Skepsis beobachtet wurde. 1973 wurde Rosners Ausreise nach Berlin bewilligt. In seiner alten Heimatstadt gelang es ihm nicht mehr, an vergangene Zeiten anzuknüpfen. Verarmt und vergessen starb er dort 1976. Auch wenn diese Biografie weder stilistische Untersuchungen noch diskografische Dinge enthält, ist sie glänzend recherchiert und schildert anschaulich die Zeitumstände. Reiner Kobe |
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