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Jazzzeitung
2008/04 ::: seite 17
rezensionen
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Paquito D’Rivera
Improvise – One.
WDR Big Band & WDR Rundfunkorchester Köln, feat. Fay Claassen
Connector 59846-2
(Vertrieb: in-akustik)
Was für ein überragender Reeds-Spieler Paquito D’Rivera
ist, kann man gleich zu Beginn dieses fulminanten Mitschnitts von 2007
erleben. Da geht zu seiner furiosen Nummer „Chico“ gleich
gewaltig der Fusion los; Karolina Strassmayer und Olivier Peters von
der WDR Big Band versuchen wacker, mit D’Riveras geschmeidigen
Linien mitzuhalten, aber sie wirken immer eine Spur verkrampfter als
der lässige Altmeister. Dann das Kontrastprogramm: Michael Abene
lässt das WDR Rundfunkorchester in Bert Joris’ Komposition „Atonal“ Akkordwolken
von Messiaenscher Erhabenheit ins Gebälk der Kölner Philharmonie
aufsteigen, Fay Claassen legt feine Vokalisen darüber, ehe das Stück
sich dann doch nicht ganz so atonal weiterentwickelt. Symphonisch auch
der Anspruch in Abenes halbstündigem „Piece for Paquito“,
einer mehrteiligen, orchestral veredelten Hommage an die Vielseitigkeit
des kubanischen Klarinettisten samt Drums-Percussion-Battle. D’Riveras
Nummern „La Dama y el vagabundo“ und „Como un bolero“ runden
ein Programm ab, das klanglich in den dynamischen Spitzen ein wenig nivelliert
erscheint.
„Como un bolero“ kann man auf dem üppigen Bonus-Mitschnitt
noch einmal, weniger überladen und mit einem überragenden Solo
D’Riveras hören. Knapp zwei Stunden dauerte das Konzert „Latin
Rhythm“, mit dem sich Bill Dobbins am 22. Juni 2002 als Chef der
WDR Big Band verabschiedete. Mit von der Partie ist Claudio Roditi, der
feine Flügelhorn-Soli und mit „Annette’s For Sure“ auch
eine eigene Nummer beisteuert. Sehr vielfältig und originell ist
das weitere Programm, unter anderem mit Arrangements von Stücken
Ernesto Lecuonas und der „Danza característica“ von
Leo Brouwer (hier glänzt Gitarrist Paul Shigihara). Sie zeigen,
dass es abseits der üblichen Bossanummern ein reiches musikalisches
Erbe Lateinamerikas gibt, das sich im Big-Band-Kontext wunderbar entfalten
kann. Am Ende ein aberwitziges Kontrapunkt-Duo D’Riveras mit Frank
Chastenier („To Brenda with Love“) und insgesamt ein Bonus-Programm,
das mindestens so lohnend ist wie der Hauptfilm.
Juan Martin Koch Clark Terry: Quintet/Big Band in Concert
IMPRO-JAZZ IJ 524
Die sechs Quintett-Titel mit einer kongenialen englischen Rhythmusgruppe
wurden 1965 in London von der BBC aufgenommen. Das Team Terry-Brookmeyer
harmoniert wunderbar zusammen, mit großem melodischen Gespür
und viel Geschmack (eine Komponente des Jazz, die niemand gering schätzen
sollte). In „Things ain‘t what they used to be“ glänzt
Clark Terry auch als Sänger. Acht Titel mit seiner Big Band (London
1974) bilden den Hauptteil der DVD. Er ist ein souveräner, erfahrener
Bandleader – kein Wunder nach seiner Big Band-Karriere bei Lionel
Hampton, Charlie Barnet, Count Basie, Duke Ellington, Quincy Jones und
Gerry Mulligan. Ein sehr swingendes Orchester ist das, mit Horace Parlan,
Eddie Jones und Grady Tate als kompakter Basis, und mit Solisten wie
Jimmy Heath, Chris Woods, Arnie Lawrence, Richard Williams und natürlich
Clark Terry selbst. Hinreißend „Mumbles“ (die wievielte
Version?) im Duett (!) mit Richard Boone. Und dann gibt es noch zwei
Bonus-Tracks (Kopenhagen 1977) mit einer anderen Besetzung (mit Pepper
Adams).
Joe Viera |