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Jazzzeitung
2008/04 ::: seite 22
jazz heute
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Wie jeder Künstler, der ein Album herausbringt, nahm sich auch
Werner vor, nun auf Tour zu gehen. Hans-Peter hatte gesagt: „Sofort
um das Releasedate musst du raus mit deinen Jungs und spielen, spielen,
spielen, das ist ganz wichtig, ohne Livepräsenz geht auf dem Jazzmarkt
gar nichts.“
Nachdem er mit seinem Quartett den Terminrahmen für seine „Enhance-Release-Tour“ abgesprochen
hatte, nahm Werner den Hörer in die Hand und machte sich ans Booking.
Hier nun lesen Sie drei Gespräche, während der Tourvorbereitungen,
mit so genannten lokalen Promotern, die stellvertretend sind für
einige hundert Anrufe. Typischer Bookinganruf Nummer 1
„Hallo...“
„Ja, äh, Steinmälzl hier, ich wollte fragen...“
„Wegen spielen oder...“
„Ja.“
„Hey lass’ gut sein, du wir sind voll bis Anfang nächsten Jahres.“
„Ok, kann ich dann vielleicht Anfang...“
„Ja ja, mach das, ruf da noch mal an, O.K., tschüss.“
„Ja gut, tschüss.“
Typischer Bookinganruf Nummer 2
„Ä
h.“
„Ja, bitte.“
„Hallo?“
„Ja, wer, äh, wer ist dran?“
„Ja, schön’ Tach, Werner Steinmälzl ist mein Name, bin
ich da richtig wegen, äh, wegen Booking, äh, also ich mein,
sprech ich mit Peter Haube?“
„Ja ja, der is dran, was gibt’s?“
„Ah super, schön dass ich Sie erreiche, ich rufe also wegen meinem
Quartett an. Wir wollten mal anfragen, wegen also ob es ne Möglichkeit
gäbe...“
„Ja, jetzt mal ganz langsam, außerdem hab ich nicht den ganzen Tach
Zeit, habt ihr schon was geschickt, also CD, Infos und so weiter...“
„Ja klar, vor zwei Monaten schon, da hatte ich da ne Frau am Telefon,
die sagte, ich soll mich so in zwei Monaten, wenn das Herbstprogramm
ansteht, also so jetzt, noch mal rühren...“
(rufend) „Äiii, Anne, da is’ jemand dran – Steinhauser
oder so, kannst du dich da an ne CD oder so erinnern?
Anne: „Was ?“
Haube: „Steinhäusl.“
Werner: „Steinmälzl.“
Haube: „Was?“
Werner: „Steinmälzl.“
Haube: „Is’ schon klar, aber wie heißt eure Combo oder
Band oder...“
Werner: „Einfach Werner Steinmälzl Quartett.“
(lachend) „Hey Anne, Werner Steinmälzl Quartett, kannst du
dich da erinnern, irgendwie?
Du, Junge, tut mir leid, aber im Augenblick weiß ich grade nicht,
und du kannst dir vorstellen, wir werden hier mit irgendwelchen Quartetts,
Trios, Duos und was weiß ich blabla zugeschissen.
Und mit Verlaub, aber Wilhelm Steinmälzl Quartett klingt halt jetzt
doch nicht wie Kenny Barron oder Pat Metheny, haha.“
„Wer-ner.“
„Was?“
„Wer-ner Steinmälzl.“
Ja ja, klar, egal, wie gesagt, da ist jetzt nichts hängen geblieben,
oder ich hab’s doch noch nicht gehört, aber normalerweise
hören wir schon alles, tu mir nen Gefallen und ruf so in drei Wochen
noch mal an.“
(blättert im Kalender) „So um den 22. dann?“
„Ja genau, oder besser um den 30., tschüss, machs gut...“
Typischer Bookinganruf Nummer 3
„
Guten Tag.“
„Guten Tag, hier ist Werner Steinmälzl, sprech’ ich mit Hans-Jürgen?“
„Der is am Apparat“
„Ah, prima, ich wollte noch mal nachfragen, ich hab vor ungefähr
vier Wochen meine CD und Info geschickt so wegen eurem Frühjahrsprogramm...“
„Ah ja, kann mich erinnern, ja. du was ihr da macht klingt wirklich
ganz interessant.“
„Oh, vielen Dank.“
„Es ist halt bloß, du weißt, es ist total schwierig, vor allem
mit neuen Acts, das dauert, bis man die Leute da in den Club kriegt,
aber wir hier in Eschenlohe, das muss ich schon sagen, wir versuchen
auch immer, die neuen und interessanten Sachen mit einzubauen. Das ist
mir und dem Verein ganz wichtig.“
„Find ich klasse.“
„Jetzt lass mich mal gleich in’ Kalender schauen, O.K., also 12.
geht nicht, da haben wir den Antolini, am 16. is’ was Privates,
na ja, weißt du den 23., das könnte klappen.“
„23. was?“ – „23. April.“
(blättert auch, weiß aber eigentlich, dass da noch nichts
ist) „Ja klar, das ginge. Is’ halt ein Montag.“
„Na ja, beim ersten Mal kann ich euch keinen Samstag geben, hehe,
beim besten Willen nicht, da steigt mir der Verein und der Vorstand der
Jazzfreunde
sofort aufn Kopp, du.“
„Verstehe, gut. Es wär’ halt dann wichtig, glaub ich, dass
die Werbetrommel gut gerührt wird.“
„Klar, das ist bei so neuen Acts das A und O, aber ich sag dir, da
müsst
ihr euch auch ein bisschen auf die eigenen Füße stellen, auf
meiner Homepage habt ihr dann die Adressen der beiden Stadtmagazine und
des Lokalradios Ramadama. Es ist zwar nicht leicht, denen irgendwas mit
Jazz unterzujubeln, aber da müsst ihr dranbleiben. Wenn ihr da ordentlich
Gas gebt, kann auch ein Montag ganz gut voll werden.“
„Mhm. Und wegen Plakaten und...“
„Also, da lassen wir inzwischen die Finger davon. Da müsst ihr selbst
mal gucken, also ich hänge gern zwei im Club auf, aber auf der Homepage
is’n Link auf Peter-Habbel-Ads, das is’ mein Schwager und
der hat ’ne Werbeagentur mit Plakatierservice, denen solltet ihr
auf jeden Fall 50 schicken, die nehmen zwei Euro pro Plakat für
unsere Jungs, so als Special und Kulturförderung und die sind total
zuverlässig, also die 100 Euro sind in jedem Fall gut investiert,
ihr könnt natürlich auch die 300 Kilometer mal selbst runterdüsen
und ne kleine nächtliche Plakataktion machen, haben wir alles schon
gehabt...“
„Na ja, das ist natürlich schon weit und so, na ja, wegen Gage und
so wollt ich noch mal reden...“
„Wegen was?“
„Na ja, Gage, oder wie wir’s irgendwie kohlemäßig...“ (wird
unterbrochen)
„Also gleich vorweg, eine Gage in dem Sinn können wir hier in Eschenlohe
nicht zahlen. Du weißt ja, der Unterhalt des Clubs, Büroarbeit,
Plakatieren und die GEMA, pah, erst vorletzte Woche haben wir wieder
682 Euro GEMA für das vorletzte Quartal nachbezahlt...“
„Ja, das is schon Wahnsinn.“
„Also wir machen bei neuen Acts immer nen Eintrittsdeal und ich mein’,
wir sind jetzt schon ein renommierter Club, da kommen die Leute auch
schon mal aus Hartlingshausen oder Watzliff rüber und auch von der
Berichterstattung, der Karl -Peter Schnetz-Gleichauf, der schreibt fast
immer was im Kulturteil, also da fehlt’s an nix. Also da habt ihr
auf jeden Fall was davon und das bringt euch ja auch weiter. Ja wegen
Gage, wir machen immer 60/40 für die Künstler. Bei uns passen
60 Leute rein, dann is’ die Bude aber proppenvoll. Jetzt an ’nem
Montag und als Neulinge, also nicht jetzt musikalisch, die CD ist wirklich
oberste Liga.“
„Danke“
„Nein, ich mein das echt ernst, kein Schmus, ich hab zu Egon auch
gesagt, der ist zweiter Vorstand bei den Jazzfreunden Eschenlohe, die Jungs
wollen
wir auf jeden Fall haben...“
„Ja super, freut mich echt voll, dass es euch gefällt.“
„Jedenfalls an einem Montag würde ich nich’ über acht
Euro gehen, wenn ihr die Plakataktion macht, und das solltet ihr auf
jeden Fall, glaubt mir, die 200 lohnen sich und die Örtlichen von
Radio und Printmedien, du, die Ansprechpartner und Adressen sind alle
auf unserer Homepage, dann habt ihr locker, sagen wir mal 50 Leute, weil
und das ist auch total wichtig, unser Publikum, das sind Kenner, weißt
du, die gehen nicht bloß auf große Namen, die wollen Qualität
und die wissen: ich und der Vorstand, wir buchen nur Qualität...“
„Mmm, ja danke.“
„Jedenfalls, sagen wir 50 mal 8 das wären dann 400 Euro minus 40
Prozent für uns, GEMA, Künstlersozialkasse et cetera, also
wart mal, hier ist der Taschenrechner. Also 350 mal angenommen, ich mein’,
können auch mehr sein, also 400 durch 100 mal 40 macht... 160, also
das wären dann 240 für euch minus eurer Plakatkosten. Und ich
sag das allen Bands, das ist soooo wichtig, dass ihr auch optisch in
der Stadt präsent seid, also das wären dann 40 minus, na ja,
sagen wir 20 Euro Sprit, und wie viel seid ihr?“
„Zu viert.“
„Ja super, da bleiben euch locker 20 Euro und ihr habt keinen Cent
investiert.“
„Ja, zu viert, also so fünf für jeden.“
„Ja, und das reicht auch überallhin, weil für Musiker haben
wir einen Rabatt von 50 Prozent auf alle Drinks und die Brötchen,
Gerda macht bei uns die Brötchen, und da war Kenny Barron, den hatten
wir vor drei Jahren zum Vereinsjubiläum, auch total begeistert.
Jedenfalls, da kann jeder noch gut futtern und zwei Bier trinken, ich
weiß ja, dass ihr Jungs nach dem Gig noch gern einen hebt, stimmts
oder hab ich recht?“
„Na ja, klar...“
„Also von meiner Seite ist die Sache klar, oder?“
„Ja super, dann sehen wir uns am 23. April.“
„Ja wunderbar, freu’ mich, dass es klappt, wie schon gesagt,
ich find’ eure Musik wirklich total spannend.“
„Super, ich ruf dann kurz vorher noch mal an, wann wir kommen auch
zwecks Aufbau und so.“
„Ja klar, und kommt lieber eine Stunde früher, wir sind jetzt
mit dem Club vorübergehend im Saal des Cafes Schlössl, und der
Saal ist im fünften Stock, wobei der Aufzug außer Betrieb
ist.
Da seid ihr dann in jedem Fall putzmunter bis ihr eure Sachen oben habt,
haha.“
„Ja, O.K., und danke noch mal.“
„Klar, wir freuen uns schon auf euch...“
„O.K., Tschüss.“
„Ja, tschüüss.“ Gerwin Eisenhauer
Lesen Sie im fünften und letzten Teil unserer Reihe: wie Werner
mit seinem Quartett endlich auf Tour geht und in echten Kontakt mit Jazzfans
gerät.
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