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Für Die Puristen unter den Jazz-Fans dürfte die diesjährige und damit 22. Ausgabe des Festivals „Jazz an der Donau“ wohl nicht das Paradies gewesen sein. Denn die Verantwortlichen um das Kernteam aus Heinz und Ralph Huber sowie Markus Hofbauer präsentierten in diesem Jahr vom 17. bis 20. Juli im Straubinger Festzelt am Hagen eine sehr breit gestreute Palette. Der musikalischen Qualität des renommierten viertägigen Festivals tat dies jedoch keinen Abbruch. Das bewies schon der Auftritt der Rockband Reamonn am Donnerstag abend. Hier wurde deutlich, dass es erfreulicherweise auch hierzulande noch richtige Vollblut-Rockmusiker gibt, die sich nicht durch irgendwelche niveaulosen Casting-Shows, sondern durch jahrelange Arbeit einen großen Namen machen konnten. Selten hört man eine Rock-Formation, die neben der absoluten Professionalität auch noch unglaublich viel fesselndes Gefühl und Wärme über die Bühne bringt, wie eben Reamonn. Neben ihrer musikalischen Perfektion und den kreativen Nummern, war es zweifellos die Ausstrahlung, die mitreißen konnte. Es hat schon fast etwas Sakrales, wenn der irische Frontmann und Sänger Rea Garvey wie in „Come To Me“ mit ausgebreiteten Armen und dem Victory-Zeichen das Publikum beschwört. Dem kann man sich nicht entziehen, vor allem weil das Ganze trotz des großen Pathos‘ nie gekünstelt und nie aufgeblasen wirkt. Am Freitag hielt dann der Jazz Einzug in das Zelt am Hagen. Als erste Formation betrat das neunköpfige Ensemble „Blue Brass“ um den oberösterreichischen Posaunisten Paul Zauner vor rund 1.000 Zuhörern die Bühne. Sehr schnell wurde deutlich, dass diejenigen, welche sich erst später am Abend zum Jazz-Zelt begaben, zweifelsohne etwas verpasst hatten. Denn der Auftritt von Zauners „Blue Brass“ hatte wirklich viel zu bieten und das sowohl in der musikalischen Qualität, als auch in der stilistischen Breite. So vernahm man richtige Weltmusik, die von Twight Tribles leidenschaftlichem, lautmalerischen Gesang in Abdullah Ibrahims afrikanisch geprägter Nummer „Ismael“ über Daniel Nösigs Bebop-Stück „2/15“ bis hin zu wirklich packenden Soul und Blues-Performances reichte. Der nun folgende Auftritt von Solomon Burke avancierte zum unvergesslichen Klangerlebnis. Was soll man noch sagen, wenn eine gewichtige Koryphäe des Soul und Blues von seinem mit rotem Samt bezogenen Thron aus ein Zelt mit über 3.000 Zuhörern vom ersten Ton an zum Kochen bringt – und das völlig zurecht. Denn was Burke zusammen mit seinem perfekt abgestimmten 13-köpfigen Ensemble hier vom Stapel ließ, war absolute Weltklasse. Die Bläser, die Background-Sängerinnen, die Streicherinnen, die Rhythmusgruppe sowie Gitarrist und Keyboarder, und vor allem der Chef selbst sorgten an diesem Abend für eine große und mitreißende Show, die keineswegs aufgeblasen war, sondern einfach nur richtig gut abging und vor Bühnenpräsenz nur so strotzte. Die Balladen wie „Always Keep A Diamond In Your Mind“, „Georgia On My Mind“, oder „If You Need Me“ gingen richtig ans Herz und in den zahlreichen Rock‘n‘Roll-Dauerbrennern ging derart die Post ab, dass man das gar nicht in Worte fassen kann. Über allem stand natürlich die unglaublich kraftvolle und ebenso gefühlstiefe, soulige Stimme von Alt- und Großmeister Solomon Burke, die letztendlich das Zelt fast zum Überkochen brachte. Nach diesem Auftritt hatte es der zweite Altmeister des Abends, Grand Seigneur Percy Sledge, nicht ganz leicht, zumal Sledge eher für den etwas gediegeneren Soul steht und nicht überwiegend durch Up-Time-Nummern bekannt ist. Aber auch Sledge hatte den Laden – sprich Jazz-Zelt – schnell unter Kontrolle und ließ all die unvergesslichen Songs über die Bühne wie „Midnight Hour“ „Cover Me“ oder Otis Reddings Mega-Dauerbrenner „Sitting On The Dock Of The Bay“. Auch wenn Percy Sledge im höheren Bereich seiner Stimme nicht mehr ganz so kraftvoll agiert wie in früheren Zeiten, so besitzt die lebende Legende Sledge noch immer eine Ausstrahlungskraft, die zu fesseln vermag. „Mit 4 spiel 5“ lautet der Bandname des Preisträgers des diesjährigen „Startbahn Jazz“-Nachwuchswettbewerbs, und es scheint, als wollte er andeuten, dass das Quartett schon gerne mal einen erfrischend ungeraden Takt auf das Bühnenparkett legten. Denn das ist ja gerade das Rezept der jungen deutschen Band, nämlich, dass sie innovativ und kreativ zu Werke geht und dennoch alles andere als „verkopft“ über die Bühne kommt. Einen wunderschönen kammermusikalischen Auftritt bot danach der in den Niederlanden lebende kubanische Pianist Ramón Valle, der zusammen mit dem Kontrabassisten Omar Rodriguez Calvo und dem Schlagzeuger Owen Hart Jr. am späten Samstag nachmittag wunderschön gefühlvolle Klänge ins Jazz-Zelt am Hagen brachte. Man erlebte viel tiefe Romantik, aber auch Latin-Rhythmen und Bebop. Richtig Power gab es anschließend dann durch die internationale siebenköpfige Formation um den brasilianischen Pianisten Eumir Deodato. Eine komplexe Latin-Rhythmik paarte sich hier mit sanglichen Melodien, absoluter Perfektion und einer Kraft, die wohl jeden zum Mitgrooven animieren dürfte. Der treibende Fusion fand in der grandiosen Interpretation von Deodatos Bearbeitung von „Also sprach Zarathustra“ (von Richard Strauss) seinen Höhepunkt. Enorm mitreißend agierte während des gesamten Auftritts Perkussionist Gherardo Valdez an den Congas, Bongos und Timbales. Zum Altmeister des Tages und damit zu Sergio Mendes, der nach den Puppini
Sisters auftrat, braucht man nicht viel sagen, ist er doch schon seit
Jahrzehnten einer der größten seines Latino-Genres. Und auch
in Straubing wurden er und seine zehnköpfige Band seinem großen
Namen in jeder Hinsicht gerecht. Auch originelle Farbtupfer waren hier zu erleben. So zeigte Perkussionist Dos Santos, welch kreative Klänge man einem durch ein Mikrophon verstärkten Tamburin entlocken kann. Auch die Miteinbeziehung des Rappers Harel Harris sorgte zusätzlich für eine klangfarbliche Bereicherung. Und so endete der Samstag Abend in einer großen Latino-Party, die am Sonntag Abend mit der Salsa-Formation um Manolito Simonet auf einem Donau-Schiff zum Abschluss des Festivals leidenschaftlich fortgesetzt wurde. Stefan Rimek |
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