Anzeige |
|
|
Anzeige |
|
„Die alltäglichen Erlebnisse sind für mich eine große Inspirationsquelle“, sagt der Posaunist und Komponist Mathias Götz. Da geht es zum Beispiel um seinen Hund, der mit 17 Jahren plötzlich tot umfiel, ein Übeverbot am Richard-Strauss-Konservatorium oder den Bäckermeister Hans Müller, der ein Brot-Imperium aufbaute, um letztendlich doch von der Konkurrenz aufgekauft zu werden. Diese Erlebnisse sind der Nukleus für komplexe, spannungsreiche und vielfarbige Kompositionen, die den verschlungenen musikalischen Werdegang von Mathias Götz und dessen unkonventionelle Weltsicht spiegeln.
Geboren wurde er 1972 in Waibstadt. Dass er mit acht Jahren Posaune zu lernen begann und bald „mehr Zeit bei Musikproben als auf dem Fußballplatz“ verbrachte, war kein Zufall: Fast die ganze Familie engagierte sich in der Musikkapelle der baden-württembergischen Kleinstadt, sein Vater leitete sie in der zweiten Generation, sein Onkel spielte dort Posaune, seine beiden Brüder waren ebenfalls Mitglieder. Zur Volks- und konzertanten Blasmusik kam jedoch bald der Jazz. Mathias spielte nun auch in einer Schul-Big-Band und holte sich einen ersten Schliff bei den Workshops von Joe Viera in Burghausen. „Auf die Idee, Musiker zu werden, kam ich damals noch nicht“, erzählt Götz. Auch als er während seiner Bundeswehrzeit beim Heeresmusikchorps „unendlich viel Zeit zum Üben hatte“, blieb das Posaunenspiel ein Hobby, nun freilich schon auf hohem technischen Niveau. Er frönte ihm auch während seiner nächsten beruflichen Station, der Ausbildung zum Metallblasinstrumentenmacher bei der renommierten Firma Kühnl & Hoyer und danach beim Schallstückmacher Robert Worischek in Sachsenkamm, auf dessen neu entwickelter Posaune er heute spielt. Die knapp bemessene Freizeit und die wenigen Urlaubstage investierte Götz in die Probephasen des Landesjugend-Jazzorchesters Baden-Württemberg und anschließend des Bundesjugendjazzorchesters. Als sich Konzert- und Tourneeverpflichtungen häuften, war der Konflikt mit seinem Beruf vorprogrammiert. Götz entschied sich für die Laufbahn als Profimusiker. 1997 bestand der die Aufnahmeprüfung am Richard-Strauss-Konservatorium in München und studierte bis 2001 Jazzposaune bei Hermann Breuer, Komposition bei Thomas Zoller sowie klassische Posaune beim Soloposaunisten des Münchner Rundfunkorchesters, Thomas Horch. „Vor allem Thomas Zoller hat mir beigebracht, mich nicht zu sehr an Vorbildern zu orientieren, sondern konsequent meinen eigenen Weg zu gehen“, erinnert sich Götz. Das Ensemble „Windstärke 4“, dessen Name auf die Besetzung mit vier Bläsern anspielt und dem so renommierte Musiker wie Axel Schlosser oder Marc Schmolling angehören, wurde seine wichtigste Formation. Trotz überschwänglicher Konzertkritiken machte er sich in den Jazzclubs rar. Ein Jahr genehmigte er sich in Wien eine Auszeit, beschäftigte sich mit Yoga, Philosophie und ging mit kritisch distanziertem Blick durch die Welt. Swami Sivanandas Buch „Die Kraft der Gedanken“ prägte ihn und formte seine Überzeugung, dass „nicht Lebensangst und Verzagtheit, sondern eine positive Lebenseinstellung, der Mut zu Neuem, Probleme lösen kann“. Viel Zeit investierte er nun in seine Kompositionen, die nichts mit klassischen Formschemata zu tun haben, sondern aus einer Fülle von Einzelmotiven bestehen, die in einen stimmigen Fluss gebracht werden und mit denen facettenreiche, in sich geschlossene Geschichten erzählt werden. Nach der Einspielung der CD „Lunar oder Solar?“, deren „Raffinesse in den Arrangements, Geschlossenheit im Ensemblespiel und geschmackvolle Balance“ der Jazzzeitung vier Sterne wert war, folgten Konzerte beim Jazzfest in München 2002 oder dem Ostsee-Festival in Rostock im Folgejahr. „Windstärke 4“ spielte zuletzt Ende 2003 beim Festival in Ebersberg. Überregional bekannt geworden ist diese brillante Band aufgrund ihrer seltenen Auftritte noch nicht. Viele kommerzielle Gigs, zum Beispiel mit den „Jungen Tenören“, die Leitung der Garchinger Gymnasiums-Big-Band oder das Septett „Das rote Gras“ sorgten bei Götz zwar für einen vollen Terminkalender, nicht aber für die längst überfällige Anerkennung als einer der spannendsten Musiker Bayerns. Seine neue CD „Ein Blick ins Spinnennetz“, die soeben bei Artmode-Records erschienen ist, soll dies ändern und „Windstärke 4“ einen Platz auf den großen Jazzfestivals sichern. Optimistisch sieht Mathias Götz in die Zukunft. Die Balance zwischen „Geldverdienen, Spielen und Komponieren“ stimmt. Konzerte im Bayerischen Rundfunk oder im Kallmann Museum in Ismaning sind in Vorbereitung (Daten unter www.windstärke4.de). „Ich will für alles Neue offen bleiben“, sagt der sympathisch zurückhaltende Posaunist und verweist auf seine Experimente mit elektronischer Musik, die ihm neue Klangwelten und Improvisationstechniken erschließen und in seine Kompositionen integriert werden sollen. Die stilistische Entwicklung, die die beiden CDs dokumentieren, wird eine neue Wendung bekommen, seine Geschichten werden andere Akzente haben. Es lohnt sich also, „Windstärke 4“ weiter im Blick zu behalten. Werner Kraus
|
|