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„Desillusionen sind uns bekannt. Trotzdem sind wir nach wie vor da mit unserer immer noch feinen Werkschau der internationalen Münchner Jazzszene. Trotz manchem Unbehagen und etlichen Gründen zu klagen, behaupten wir nun schon zum 17. Mal unsere Initialidee eines Jazzfestivals für München und von in München ansässigen Jazzmusikern“, umriss Pianist und JIM-Vorsitzender Andy Lutter selbstbewusst das Konzept für das Jazzfest München 2006. Vier Abende dauerte es, das Samstagsprogramm klang am anspruchvollsten, weil endlich mit dem ICI Ensemble auch die freien Improvisatoren einbezogen waren. Leider konnte der Schreiber gerade an diesem Tag nicht kommen. Seit man vor vier Jahren in den Olympiapark zurückgekehrt ist, stimmt auch das Ambiente: Trocken, warm und beinahe gemütlich war es im „Theaterzelt Das Schloss“ und die Akustik passte auch. Eine konzeptionelle Idee hat sich ebenfalls wieder bewährt: der Label Day. Er wurde heuer von der gerade zehnjährigen Firma Organic Music aus Obing im Chiemgau ausgerichtet, in deren Namen nicht zufällig die Orgel anklingt. Pianist Christian Elsässer (CD Future Days, ORGM 9721) spielte neben Standards und Eigenem – Mozart! Und das, obwohl Elsässer nach eigenem Bekunden nichts von Crossover hält. Entsprechend war dann auch das Ergebnis: nett, perfekt, aber nicht begeisternd. Erst das letzte Stück zeigte, dass er es auch anders kann; da taute er endlich auf und das Trio groovte heftig. Eher Bodenständiges bot auch Thilo Kreitmeier & Group (Standards & Favorites, ORGM 9744). Bluesiger, souliger Mainstream, vom Leader kraftvoll mit großem Ton und viel Luft geblasen, von Matthias Bublath an der Orgel und Rocky Knauer und Bastian Jütte wacker unterstützt, heizte ordentlich ein, bot aber vom Repertoire her wenig Überraschung. So blieb dann doch den Gästen der Höhepunkt vorbehalten. Alberto Marsicos Organlogistics (Take a walk on the moon, ORGM 9745) mischten in den meist eigenen Stücken Blues und Hardbop in der Tradition von Jack McDuff organisch und italienisch mit viel Biss, wobei Diego Borotti am Saxophon, Lorenzo Frizzera an der Gitarre und Gio Rossi am Schlagzeug dem Leiter an der Hammond B3 in nichts nachstanden. An die „3 B“ Berlusconi, Blair, Bush erinnerte ein ekstatisches „Catastrophy“. Beide Bands wurden in einzelnen Stücken verstärkt von J.C. Doo-Kingué (DookJoint: Who’s been talkin’..., ORGM 9728), einem beeindruckenden, eigenständigen Blues-Gitarristen und -Sänger aus Kamerun, aufgewachsen in New York. Eine sehr lobenswerte Einrichtung des Jazzfests bleibt weiterhin auch
die Reihe „Jung & Frisch“, die an den folgenden Tagen
jeweils eine Nachwuchsband von der Hochschule vorstellte. Die drei weiblichen
McSingers waren zwar neu, aber ihr Konzept, eng an die diversen alten
und neuen Sisters angelehnt, wenig frisch. Die beiden weißrussischen
Brüder Leontchik, Michael am russischen und ungarischen Cymbal (einer
Art großem Hackbrett), Alex am Flügel, boten dagegen wahrlich
Unerhörtes mit einer Mischung von osteuropäischer Folklore und
Jazz, die aber nur in Stücken von Corea und Garcia-Fonds überzeugte.
Wenn dem Trio eine überzeugende Verbindung gelingen würde, böten
sich hier ganz frische instrumentale und thematische Perspektiven. Claus
Koch & The Boperators zelebrierten lebendigen Afro-Cuban Jazz mit
idiomatischen Eigenkompositionen. Alex Czinke widmete sich sehr eigenständig
den unterschiedlichsten Möglichkeiten der wohlklingenden Gitarre.
Ganz anders, aber mindestens ebenso originell Gitarrist Titus Waldenfels
im Umgang mit seinen Instrumenten und in der Vereinnahmung von Berliner
Liedern, Country und Blues; die Bassisten Gary Todd, Tiny Schmauch und
Klaus Füger bildeten das Fundament und rundeten den Sound ab. Melanie
Bong bekannte sich mit ihrer packenden rauen, kehligen Stimme und allen
gesanglichen Möglichkeiten im Programm „Gypsy Dream“
zu ihrer Abstammung; Roman Schwaller, Fritz Pauer, Peter Cudek und Bill
Elgart waren ihr ausgezeichnete Partner. Das Trio des Pianisten Helmut
Lörscher fand neue überzeugende Wege, Bach-Musik jazzig neu
zu interpretieren, nicht ohne humorvoll-parodistische Seiten, wenn der
„Fahrstuhl zur Gavotte“ fuhr. Franz Xaver Döginger |
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