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Ende der 60er-Jahre verstand man in Deutschland unter Big Band den Sound der Rundfunk-Tanzorchester. Erwin Lehn, Paul Kuhn, Max Greger, Hugo Strasser und Kurt Edelhagen. Die Jugend gähnte und strömte in Konzerte von Frank Zappa, King Crimson, Keith Jarrett oder Chick Corea. Fusion war angesagt. Peter Herbolzheimer hatte den richtigen Riecher für die Innovation und schaffte es 1969, mit der Gründung von „Rhythm Combination and Brass“ Big-Band-Sound wieder cool und hip zu machen.
Herbolzheimer besetzte Rhythmus- und Bläserformation gleich stark, zahlenmäßig und qualitativ. Und aus seiner Feder sprudelten die Sounds von modernem Fusionjazz und Jazzrock. Damit sprach er die Sprache der jungen Generation. Doch nicht nur mit Rhythm Combination and Brass veränderte Herbolzheimer die deutsche Musikszene nachhaltig. Zwei Jahrzehnte später, 1987, wurde er Leiter des neu gegründeten Bundesjugendjazzochesters, BuJazzO. Am BuJazzO vorbei machen heute nur noch wenige Jazzmusiker Karriere – das Orchester ist inzwischen eine neidlos akzeptierte Plattform für junge Leute, die kurz vom dem Beginn ihrer professionellen Karriere stehen. Unter den „Ehemaligen“, die sich einen internationalen Namen gemacht haben, sind Musiker wie Till Brönner, Steffen Schorn oder Claudio Puntin. Die Laufbahn des am 31. Dezember 1935 in Bukarest geborenen Peter Herbolzheimer ist – wie bei vielen seiner Generation – nicht so geradlinig wie die eines heutigen BuJazzO-Absolventen. Wie Albert Mangelsdorff lernte auch er zuerst Gitarre. 1951 siedelte er nach Deutschland über, dann folgten drei Jahre in Detroit, USA, wo er zunächst das Abitur machte und eine Ausbildung zum technisschen Zeichner bei Geneal Motors anschloss. 1958 begann Herbolzheimer ein Musikstudium am Konservatorium in Nürnberg, erst 1959 fing er an – hauptsächlich autodidaktisch – Bass-Posaune zu spielen. Die Posaune ist bis heute sein Lieblingsinstrument geblieben – vielen seiner Arrangements und Kompositionen ist das anzuhören. Als junger Musiker spielte Herbolzheimer mit vielen Jazzern der Nachkriegsgeneration in den amerikanischen Clubs, darunter Heinz Koller oder die Mangelsforff-Brüder. Hier entstand sein Netzwerk aus erstklassigen Musikern, auf das er später als Bandleader immer wieder zurückgreifen konnte. Auch in seiner Funktion als Posaunist bei Bert Kämpfert lernte er entscheidende Musiker kennen, wie Herb Geller, die van Lier-Brüder oder Ack van Royen. Wie seine Kollegen aus der mehr swingenden BigBand-Fraktion fand auch er den Weg ins Fernsehen. 1976 bestritt er die ZDF-„Jazz-Gala“ mit Gerry Mulligan, Stan Getz, Nat Adderley, Toots Thielemans, Albert Mangelsdorff, Wolfgang Dauner und Volker Kriegel. 1978 war der Beginn der langjährigen Zusammenarbeit mit Alfred Biolek bei „Bio‘s Bahnhof“. Herbolzheimers unzählige Festivalauftritte, seine Schallplatten und Preise aufzuzählen, würde den Rahmen dieser Würdigung sprengen. Am besten, er kommt selbst noch einmal zu Wort: „Ich werde seit 20 Jahren gefragt: ‚Big Bands, gibt es das noch?‘ Es gibt heute zwischen 4.000 und 5.000 Big Bands im Amateur- und im schulischen Bereich. Das glaubt Ihnen aber kein Mensch, denn verfolgt man die Medien, würde man meinen, es gibt nur eine Popwelt. Dabei gibt es ein Leben außerhalb dieser Gegebenheiten und das spiegelt zum Beispiel das Bundesjazzorchester wider.“ Andreas Kolb |
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