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Kurz hinter Frabertsham vor Obing gehts links ab; über einen Feldweg, durch den Wald, an dem verfallenen Hof vorbei bis zu dem renovierten Hof da ist es dann. Nach der exakten Wegbeschreibung ist das idyllische Anwesen nicht zu verfehlen, in dem Thorsten Scheffner ein Tonstudio errichtet und ein (noch) kleines Jazzlabel aufgebaut hat: organic music. Der Name leitet sich ab von einer ausgeprägten Vorliebe für die Hammondorgel. Scheffners eigene B3 steht vis-a-vis zum Bechstein-Flügel im Studio und prägt mit ihrem satten Sound so manche Produktion der knapp fünf Jahre jungen Firma. 1996 kam Scheffner auf die Idee mit dem eigenen Label, seit 1997 wurden rund 20 CDs herausgebracht, zunächst 3 Fremdproduktionen; recht bald jedoch und bis heute setzte man nahezu ausschließlich auf die Qualität der eigenen Studioarbeit.
Vater Manfred Scheffner, auch Herausgeber des Bielefelder Katalogs, hat seine Kinder schon von Geburt an mit dem Jazzvirus infiziert. Sohn Thorsten wollte dennoch eigentlich gar nicht in die Fußstapfen des Vaters treten; aber als der gelernte Grafiker gemeinsam mit seinem fotografierenden Zwillingsbruder Jan über Vaters Verbindungen immer wieder mal mit der Gestaltung eines Covers beauftragt wurde, ergab sich die Idee: Man könnte so was ja auch selber machen, selber was aufnehmen und rausbringen. Zuerst war das gar nicht so professionell geplant, aber dann hat sich das immer intensiver entwickelt, auch weil immer mehr Musiker kamen, die von der Atmosphäre hier draußen angetan waren, Matthias Bätzel, Thomas Stabenow, Guido May, Claus Raible, Paolo Cardoso, auch Leute wie Kirk Lightsey oder Peter Bernstein. Und dann gings ziemlich schnell einfach mit Mund-zu-Mund-Propaganda, so dass inzwischen auch Billy Hart, Antonio Farao oder Johannes Enders bei uns aufgenommen haben. Scheffner ist stolz, dass es in relativ kurzer Zeit gelungen ist, ein gutes Niveau aufzubauen. Andererseits sind das auch wieder zwei getrennte Sachen; wir bestehen nicht unbedingt darauf, dass alles, was bei uns aufgenommen wird, auch bei organic music herauskommen muss, und wir behalten uns andererseits auch vor, dass wir eine Produktion nicht übernehmen, auch wenn sie in unserem Studio aufgenommen wurde. Schwerpunkt von organic music ist akustischer Jazz. Ab und zu leistet man sich Extravaganzen wie die Ghostbusters Andreas Böttcher und Günter Heinz mit Hammond und Posaune, ansonsten bemüht sich Scheffner um ein Mainstream-kompatibles Programm. Kriterium ist in erster Linie der eigene Geschmack, der jedoch durchaus nicht blind ist für die Notwendigkeiten des Business. Der Markt liegt nicht nur in Deutschland. Vor allem Japan birgt Potenzial, die Japaner haben ein Faible für deutsche Musiker und auch für die gute alte Aufnahmetechnik deutscher Herkunft: Telefunken und Neumann, das sind Namen, die haben in Japan einen unglaublich guten Klang. Das Studio bietet hervorragende Bedingungen für Akustik- und Analog-Freaks: Wir wollen zunehmend mit alten Geräten analog aufnehmen, versuchen, unabhängig von den Trends und der ganzen Digitalhysterie eine Linie zu behalten. Und wir wollen parallel zu den CDs auch wieder Schallplatten herausbringen. Da gibt es einen kleinen, aber feinen Markt. Und vielleicht horcht dann auch der eine oder andere in New York auf, wenn er hört, da gibts so ein paar Spinner in Bayern, die machen mit alten Geräten Schallplatten. Das ist zwar noch eher Zukunftsmusik, aber die Schallplattenschneidemaschine zur Matrizenherstellung ist bereits da; jetzt muss die Technik entsprechend aufbereitet werden um den strengen Kriterien der Hi-Fi-Freunde gerecht zu werden. Es gibt unglaublich viele Labels, da macht es doch gar keinen Sinn, einfach nur mitzuschwimmen oder zu versuchen, das irgendwie zu toppen. Da muss man sich was aussuchen, ein Ding, wo man sagt: Das ist unsers, das können wir, das machen wir. Tobias Böcker |
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