Anzeige |
|
|
Anzeige |
|
Janet Jackson und ihr Tross mag ihre Europa-Tournee aus Angst vor dem Terror absagen, das eine oder andere Klassikfestival wird kaufkräftige US-Touristen vermissen, doch für die Jazzer änderte sich wenig nach dem 11. September. Sie müssen reisen und fliegen wie eh und je...
Auch Gunter Hampel, dessen Augenzeugenbericht vom Einsturz der Tower Sie vor einem Monat an dieser Stelle lesen konnten, setzte sich mit Sohn Ruomi Lee-Hampel wieder ins Flugzeug, um auf den 25. Leipziger Jazztagen zusammen mit jungen Rappern, Breakdancern und Instrumentalisten ein dreitägiges Jazzprojekt für Kinder zu realisieren. Jeder, der sich einmal mit Musikdidaktik beschäftigt hat, musste den Hut ziehen vor Hampels Anspruch, Kinder mit unterschiedlichsten Vorkenntnissen zu unterrichten, und zwar ohne dass er ein einziges Mal sagte: Halte dein Instrumente auf diese Weise, Spiel diese Tonart oder gar Das war der falsche Ton (siehe unser Beitrag auf Seite 27). Abgesehen davon, dass Hampels Workshop wieder einmal zeigte, wie wichtig das Können des Lehrers für seine Glaubwürdigkeit und Faszination gegenüber seinen Schülern ist, glaubte ich hier noch etwas anderes zu sehen. Typische Ingredienzien der Improvisation wie Flexibilität, Selbstorganisation, Kommunikation, aber auch Respekt vor dem Mitspieler und Vertreten eines eigenen Standpunktes können durchaus eine Art Survival-Training für die psychischen Anforderungen der postindustriellen Gesellschaft sein wie dies Peter Niklas Wilson auf dem 7. Darmstädter Jazzforum in einem Referat formulierte (siehe unser Bericht Seite 12). Und vielleicht sind diese künstlerischen und menschlichen Anforderungen auch Ausblick auf eine Welt nach dem Terror, auf eine bessere Welt? Sah man Gunter Hampel groß und schlaksig mitten in der bunt zusammengewürfelten Kindergruppe agieren, dann wurde einem wieder einmal klar: Jazz ist noch immer eine globale Klangsprache, deren Dialekte nicht nur afroamerikanisch, sondern auch südamerikanisch, arabisch, afrikanisch, asiatisch, europäisch, ja sogar deutsch klingen können. Nationale, ethnische und populäre Einflüsse waren und sind kein exotisches Gewürz in einer weltmusikalischen Klangsuppe, sondern sie sind die Essenz des Jazz. Hieß es in Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg Lernt Fremdsprachen, so könnte das aktualisiert heißen: Und jetzt lernt Jazz spielen, lernt improvisieren. Ihr Andreas Kolb |
|