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Don Ellis, der 1934 in Los Angeles geboren wurde, begann seinen eigenen Weg zur Jazzszene in den 60er- Jahren. Seine Mentoren waren die schon damals wie heute prominenten Jaki Byard und George Russell. Von ihnen lernte er, harmonische Klischees zu überwinden. Die Zwölftonmusik war gleichberechtigt neben den modalen Konzepten der Post Bebop Ära. Ausflüge in diese Gefilde erweiterter und vor allem unverbrauchter, von den Provokationen der Neuen Musik beeinflusster Klanglandschaften machte Don Ellis programmatisch auf dem Album New Ideas. Zu seinen Partnern gehörten Al Francis (Vibraphon), Ron Carter (Bass), Charlie Persip (Drums) und nicht zuletzt Jaki Byard (Piano). Elegant und mit stupendem Tempo (er wurde auch der Paganini der Trompete genannt) reiste er zu aufregenden Klangereignissen. Einziges Zugeständnis an den Zeitgeist blieb der swing. Nach der Begegnung mit indischer Musik empfand Ellis auch die Tradition der afroamerikanischen Rhythmen als zu fade. Er begann, mit ungeraden Metren zu experimentieren. Etwa gleichzeitig stellte er eine 21- Mann-BigBand zusammen, mit der er auf dem Monterey-Festival 1966 einen umjubelten Auftritt hatte. Das Konzert startete mit dem Signum seines Konzepts: das Stück hieß 33 222 1 222, das sind 19 Beats pro Takt. In dieser Extensität hatte vorher noch kein Jazzer ungerade Metren auf Haltbarkeit für die Musik getestet. Seitdem steht der Name Don Ellis synonym für Taktprovokationen. Außerdem ließ er sich eine Vierteltontrompete bauen, womit er Nuancierungen in der Artikulation und Tonbildung erreichte, die bestenfalls von Alois Habas Vierteltonkompositionen bekannt waren. Die Mitschnitte von Auftritten beim Pacific Jazz Festival 1966 und in Shellys Manne-Hole 1967 sind auf der Platte Live in 3 2/3/4 Time (=11/8) dokumentiert. Hier zieht Ellis alle Register, um solche Rhythmen spannend zu gestalten, von den Themen, den (oft überraschenden) Arrangements und dem überschäumenden Temperament der Rhythmus-Section her, die aus drei Bassisten und drei Schlagzeugern bestand. Der vertraute Freedom Jazz Dance von Eddie Harris lächelt plötzlich verschmitzt, denn er dreht sich im 7/4 Takt. Barnums Revenge ist keine Zirkusnummer, sondern eine sarkastische Persiflage auf stickige Routine. Und Orientation kombiniert 7/8 plus 9/8, geradezu eine Verhöhnung der entspannt wippenden Füße des Bebop. Doch schon bei diesen Aufnahmen, so quer sie zu Hörgewohnheiten tönen mögen, zeichnet sich auch eine Wende ab: Don Ellis, der Prophet rhythmischer Schockbehandlungen, hat seinen Stil auf der Solotrompete verändert, er spielt perkussiv, vernachlässigt, wie spätere Werke zeigen, harmonische Extravaganzen, klammert sich zunehmend an Stakkato-Attacken. Dennoch: Don Ellis, der 1978 im Alter von 44 Jahren starb, hat rhythmisches
Neuland für den Jazz erschlossen. In dieser Konsequenz hat ihm das
bis heute keiner nachgemacht. Hans-Dieter Grünefeld CD-Tipps
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