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The Judge: Milt Hintonor einigen Jahren standen einige junge Leute in einem Plattengeschäft. Ich habe da eine Branford-Marsalis-Platte mit Milt Hinton. Auf dieser 60 Jahre alten Platte spielt er auch. Nein, das muss ein anderer Milt Hinton sein. Milt Hinton hörte das Gespräch zufällig und amüsierte sich köstlich. Im Laufe der Jahrzehnte hat der am 23. Juni 1910 in Vicksburg, Mississippi geborene Hinton als mitreißend swingender Jazzbassist und erfahrener Studiomusiker angeblich mehr Platten aufgenommen (Schätzungen reichen von 600 bis Tausende) als jeder andere Jazzmusiker. Ein klitzekleiner Ausschnitt aus der unendlichen Liste der Musiker, die auf seine Dienste vertrauten, reicht von Freddie Keppard, Eddie South und Cab Calloway (in dessen Orchester er von 1936 bis 1951 wirkte) über Louis Armstrong, Coleman Hawkins, Duke Ellington und Dizzy Gillespie bis John Coltrane, umfasst aber auch Größen wie Paul McCartney und Barbara Streisand. Obwohl er über beachtliches solistisches Kaliber verfügte, sah er die Rolle des Basses in erster Linie in der des Struktur schaffenden Begleiters, dessen Aufgabe es sei, die anderen gut klingen zu lassen. Sein Spitzname The Judge wurde zum Synonym für sein unbeirrbar sicheres Time-Gefühl und seine Pünktlichkeit. Hinton, der ursprünglich Geiger war und erst 1929 zum Bass wechselte (das Instrument hatte damals erst vor kurzem im Jazz die Tuba verdrängt) war ein großer Meister der Slap-Bass-Technik und einer der ersten Bassisten, die auch con arco brillierten. Daneben war er ein versierter Fotograf, dessen einfühlsame Fotos von Kollegen ihm allein schon einen Platz in der Jazzgeschichte gesichert hätten. Wir werden den am 19. Dezember 2000 in Queens, New York verstorbenen Meisterswinger schmerzlich vermissen. Marcus A. Woelfle
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