In immer mehr Biografien deutscher Jazzmusiker taucht die folgende Auszeichnung
auf: Sieger beim Landes- oder Bundeswettbewerb Jugend jazzt.
Welche Rolle der Wettbewerb im Laufe einer Ausbildung zum Jazzer einnehmen
kann, illustriert ein Gespräch, das Andreas Kolb mit Willi Staud,
Geschäftsführer des Landesjugendjazzorchesters Bayern und zuständig
für den Wettbewerb Jugend jazzt, führte. Seit 1994
gibt es einen bayerischen Landeswettbewerb an der Musikakademie Marktoberdorf,
dessen Träger der Verband bayerischer Sing- und Musikschulen ist
und der vom Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst des
Freistaats finanziert wird.
Jazzzeitung:
Im Dezember vergangenen Jahres fand der 4. Landeswettbewerb Jugend
jazzt statt. Wie bewerten Sie ihn?
Willi Staud: Die ganz
Jungen waren wieder da, was sicher auch an den Workshops Jazz Juniors
liegt, die es im Vorfeld gab. Und eine weitere Tendenz der letzten Jahre
hat sich fortgesetzt. Es war eine große Spitze da, die Breite aus
Musikschulen und Gymnasium, die wir uns gewünscht haben, kam leider
nicht?
JZ:
Wettbewerb ist doch die Idee von Jugend jazzt?
Staud: Da möchte
ich kurz auf die Anfänge verweisen. 1994 fehlte im Jazzbereich so
etwas wie Jugend musiziert. Deshalb haben wir zusammen mit
dem Bayerischen Jazzinstitut und der Akademie Marktoberdorf diesen Wettbewerb,
den es in anderen Bundesländern schon gab, auch für Bayern ins
Leben gerufen. Es war uns dabei wichtig, auch auf politischer Ebene auf
den Jazz aufmerksam zu machen, eine Lobby für den Jazz zu finden.
Musiker unkten bereits damals: Wettbewerb ist doch nichts für
den Jazz. Doch wir Gründer sahen es auch nie als reinen Wettbewerb,
der Begegnungscharakter war uns immer wichtiger.
JZ:
Was heißt Begegnung?
Staud: Wir machen Konzerte,
die Teilnehmer bleiben über die ganze Zeit da und spulen nicht nur
ihr Programm ab. Parallel laufen auch Workshops mit Dozenten des Landesjugendjazzorchesters.
JZ:
Es gibt den Einzel- und den Ensemblewettbewerb. Wie kann man sich das
vorstellen?
Staud: Die Einzelteilnehmer
können hier eine Combo in Anspruch nehmen. Sie können aber auch
mit eigener Band kommen. Oder aus dem Ensemblewettbewerb heraus können
Ensemblespieler am Solistenwettbewerb teilnehmen.
JZ:
Wohin geht der Trend beim Repertoire?
Staud: In den letzten
Jahren sind sehr viel junge Teilnehmer mit eigenen Stücken gekommen.
JZ:
Wie kann man mitmachen?
Staud: Es gibt eine Ausschreibung
zum Wettbewerb. Einmal die BigBands und dann solo und Ensembles. Beim
Ensemblewettbewerb gibt es keine Pflichtstücke. Wir wollen jede Art
von Besetzung zulassen. Bei den Solisten gibt es Pflichtstücke, das
sind überwiegend Standards.
JZ:
Wie geht es nach dem Wettbewerb weiter?
Staud: Jeder Teilnehmer,
der einmal bei Jugend jazzt teilgenommen hat, kann an den
darauf folgenden Workshops kostenlos teilnehmen und bekommt Infos über
die Teilnahme am Landesjugendjazzorchester. Die ersten Preisträger
können dann auf Bundesebene bei Jugend jazzt mitmachen.
JZ:
Wer wurde denn Preisträger?
Staud: Bisher haben den
Wettbewerb gewonnen: Victor Alcatara, Max Tiller mit Maxolution und Matthias
Schriefl mit den Sidewinders., um nur einige Beispiele zu nennen. Das
sind alles Leute, die sich für eine musikalische Laufbahn als Jazzer
entschieden haben. Die studieren dann in Linz, Amsterdam oder an deutschen
Hochschulen. Alle Sieger sind in der Regel auch Mitglieder im Bundesjugendjazzorchester
bei Peter Herbolzheimer. Dadurch entstehen viele neue berufliche Kontakte.
JZ:
Können Sie heute den Schülern raten, die Jazzmusik zum Beruf
zu machen?
Staud: Als beruflichen
Weg halte ich es für problematisch. Für die, die diesen Weg
einschlagen, ist es jedoch nicht entscheidend, was man damit verdient.
Da ist der Sog da...
JZ:
Wo bleibt das Positive?
Staud: Auf der anderen
Seite im Ausbildungsbereich sieht es gut aus: In vielen Gymnasien und
Musikschulen sitzen mittlerweile Jazzmusiker. Von dort bekommen wir große
Unterstützung. Positiv ist auch, dass die Bezirke in Bayern was tun,
es werden zum Beispiel immer mehr Stellen für Popularmusikbeauftragte
geschaffen.
JZ:
Wie setzt sich die Jury von Jugend jazzt zusammen.
Staud: Die Jury wechselt
immer durch: Joe Kienemann vom BR war da, dann Thomas Zoller, Peter OMara,
Axel Prasuhn, Johannes Herrlich und Harald Rüschenbaum. Richard Wiedamann
ist Juryvorsitzender. Außerdem haben wir immer Juroren der Wettbewerbe
anderer Bundesländer.
JZ:
Die Anforderungen müssen bundesweit vergleichbar sein?
Staud: Genau. Auf Bundesebene
gibt es im Übrigen keinen Wettbewerb. Da ist das Ganze eine Begegnung.
Bayern wird in zwei Jahren folgen. Wir wollen keinen Elitewettbewerb,
wir wollen die Breite wiederhaben.
JZ:
Schon heute ist Jugend jazzt nicht nur Wettbewerb, sondern
mehr...
Staud: 2001 gibt es Bandworkshops
mit Dozenten des LJJO, dann im Oktober wieder einen Jazz Juniors
Kurs. Und vom 24. bis 27. Mai ist die Bundesbegegnung in Erfurt
, wo das Siegerensemble 2000, MaxBab, teilnimmt. In Zusammenarbeit mit
dem Bayerischen Rundfunk wird dieses Jahr ein Jugend-jazzt-Ensemble im
Jugendprogramm des Jazzfestivals Jazz an der Donau in Vilshofen
auftreten.
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