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Die feierliche Mehrstimmigkeit eines Posaunenchores mit dem satten Klang
des dunklen Blechsatzes einer BigBand führt Johannes Herrlich in
seinem Septett Trombone Fire zusammen. Neben dem eher introvertiert
melodischen Leiter blasen der expressiv experimentierfreudige Adrian Mears
und Herrmann Breuer mit einem geschmeidig singenden Ton die Tenorposaunen.
Deren Soundspektrum rundet Bassposaunist (und Tubaspieler) Eberhard Budziat
mit samtweichen Tieftönen ab. Walter Lang am Flügel, Thomas
Stabenow am Bass und Matthias Gmelin am Schlagzeug schüren es mit
abwechslungsreicher Begleitung. Die Jazzzeitung sprach mit Herrlich.
jazzzeitung: Kommt deine
Liebe für den Posaunensatz aus deiner Kindheit, aus dem evangelischen
Posaunenchor?
Johannes Herrlich: Natürlich,
da habe ich das Posaunespielen gelernt. Jeden Sonntag beim Begleiten der
Gemeinde mit Chorälen. Mit 9 Jahren habe ich dort auf dem Euphonium
angefangen, bin dann aber ein Jahr später zur Posaune gewechselt.
Mein Großvater hat in der Opel-Kapelle Posaune gespielt. Das alte
Instrument wurde mir gezeigt und ich wollte es gerne spielen. Es ist mittlerweile
im Opel-Museum ausgestellt. Von meinen vier Geschwistern, die alle ein
Instrument gelernt haben, spielten noch zwei Brüder im Posaunenchor.
jz: Und wie bist du von
dort zum Jazz gelangt?
Herrlich: Durch meinen
Bruder, der irgendwie auf Albert Mangelsdorff gekommen war. Der hat dessen
erste Soloplatte Trombirds mit nach Hause gebracht, da war ich
so 16. Und bald danach sind wir in ein Konzert von Albert Mangelsdorff mit
John Surman gegangen, das war sehr beeindruckend, obwohl sich Albert zurückgehalten
hat und seine ganze Überblastechnik, die mich von Platten so fasziniert
hatte, gar nicht durch kam. Mit 17, 18 habe ich dann in Bielefeld in verschiedenen
Bands Jazz gespielt. Danach kam das Studium in Graz und Hilversum.
jz: Führt eine direkte
Linie vom Posaunenchor zu Trombone Fire?
Herrlich: Na ja, das ist
doch ein bisschen etwas anderes. Aber der Klang des Chores war mir schon
noch im Ohr. Es gab einen Versuch 1996, ein Ausprobieren bei einem einzigen
Auftritt. Aber das war eigentlich eine ganz andere Band, obwohl Adrian
Mears und Eberhard Budziat schon dabei waren. Die Unterfahrt
ist ein gutes Podium, um etwas Neues auszuprobieren. Und es war damals
eigentlich schon ganz dufte. Ich glaube, Ostern 1999 spielten wir dann
zwei Konzerte, da hatte ich schon meine Traumbesetzung zusammengestellt.
Wir haben gemerkt, ja, das macht Sinn. Seitdem habe ich das Projekt weiter
verfolgt. Habe versucht, Konzerte zu organisieren, was man ja heutzutage
als Musiker auch selber machen muss. Um jeden einzelnen Auftritt muss
man kämpfen.
jz: Der mehrstimmige Posaunensatz
ist dir natürlich auch aus deiner reichen BigBand-Erfahrung vertraut.
Wie weit haben dich andere musikalische Vorstellungen beeinflusst?
Herrlich: Albert Mangelsdorff
spricht mich immer wieder an, weil das sehr in die Tiefe geht, was er
macht. Aber ich spiele nicht so. Anregungen kommen eher aus der Tradition:
J.J. Johnson und Kai Winding. Anfänglich haben wir auch Stücke
gespielt, die aus dieser Richtung kamen. Es gab mal eine Band Jay &
Kai Four Trombones. Das war ein Vorbild. J.J. Johnson ist ja überhaupt
die Vaterfigur für alle modernen Jazzposaunisten. Und er hat auch
gezeigt, dass man mit reinen Posaunenbands tolle Musik machen kann. Ich
hatte immer das Gefühl, dass sich die Posaune besonders für
Mehrstimmigkeit eignet. Und ich habe versucht, Spieler zu finden, die
nicht alle gleich klingen. Jeder ist ein selbstständiges musikalisches
Individuum und jeder bietet einen so unterschiedlichen Sound und unterschiedliche
solistische Einlagen, dass es für mich selber immer spannend ist
zuzuhören. Wir spielen alle das gleiche Instrument, aber bei jedem
klingt es einfach völlig anders.
jz: Ihr wechselt auch
die einzelnen Posaunenstimmen untereinander. Verbinden sich mit deinen
festen Mitposaunisten bestimmte klangliche, musikalische Vorstellungen
oder Charaktere?
Herrlich: Es müssen
Stimmen sein, die in das Gesamtgefüge hineinpassen. Ich könnte
nicht einen beliebigen Posaunisten oder Satzspieler gebrauchen, wenn jemand
ausfällt. Ich brauche eine starke Stimme, die kann auch eine ganz
andere Färbung reinbringen. Als Adrian Mears bei der letzten Tournee
ausfiel, haben wir auch seine Stücke nicht gespielt. Das würde
keinen Sinn machen. Ich kann niemand ersetzen. In so einem Fall brauche
ich jemand, der sich auch musikalisch einbringt. Dann spielen wir andere
Musik. Das ist für mich auch wichtig, dass jeder sich einbringt.
jz: Du spielst fest in
vier verschiedenen BigBands, trotzdem liegt dir Trombone Fireim
Augenblick mehr am Herzen?
Herrlich: Trombone Fire
ist momentan das wichtigste Projekt, in das ich die meiste Energie stecke.
Aber mit kleiner Besetzung zu arbeiten macht mir auch Spaß. Ich
stehe darauf, mit einem Saxophonisten zu spielen und ganz andere Ideen
zu kriegen. Und ich werde auf jeden Fall auch wieder anfangen, Trio zu
spielen, da ist man dann doch wieder ganz anders gefordert, ohne andere
Bläser oder Harmonieinstrumente dabei. Ich habe aber im letzten Jahr
sehr viel in die Posaunenband investiert, weil mir das einfach sehr viel
Spaß macht und auch einiges dabei zurück kommt. Wir spielen
im Februar und nehmen eine CD auf. Im September werden wir dann wieder
auf Tournee gehen.
Interview und Foto: Godehard
Lutz
Service: Herrlich & Trombone Fire
CD-Auswahl
- Johannes Herrlich Collage: Thinking O You, Edition Collage EC499-2
- Al Porcino Big Band Live! at Nachtcafé, Organic Music, ORGM
9717
- Sunday Night Orchestra: Voyage Out, Mons MR 874 338
- Bobby Burgess Big Band Explosion: Live At Schützenhaus, Mons
MR
Kontakt
Johannes Herrlich, Fax 089/54 54 9745, Tel. 550 23 25, herrlich08@aol.com,
www.jazzrecords.com
Tourneetermine
- 9.2. Crailsheim,
- 10.2. Landshut,
- 11.2. Pfaffenhofen,
- 12.2. Jazzmontag Ismaning,
- 14.2. Unterfahrt München,
- 16.2. Birdland Neuburg,
- 17.2. Jazzkeller Bamberg
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