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Jeannie Cheatham: Meet me with your black drawers on – My life in Music, University of Texas Press/Austin, USA, 414 Seiten In jedem Land, in dem Jazz gespielt wird, gibt es gute und auch sehr gute Musiker/ -innen und Sänger/-innen, die man in (fast) keinem Jazzlexikon findet, die aber doch unsere Aufmerksamkeit verdienen. Zu ihnen gehört die Pianistin und Sängerin Jeannie Cheatham, geboren am 14. August 1927 (nicht mit Doc Cheatham verwandt). Sie wuchs in Akron (Ohio) auf, begann mit sechs Jahren Klavier zu spielen und war ab den frühen 40er-Jahren Mitglied verschiedener Bands. Kam in Kontakt mit Sadik Hakim, Tadd Dameron und Norris Turney, die ihr rieten, nach New York zu gehen. Das tat sie aber erst 1962, nachdem sie kurz zuvor den Posaunisten und Arrangeur Jimmy Cheatham (geb. 18.6.1924) geheiratet hatte. Sie blieben auch musikalisch zusammen und gründeten 1984 die Sweet Baby Blues Band (mehrere CDs auf CONCORD), mit der sie auch Tourneen nach Europa unternahmen. Jeannie Cheatham entwickelte sich zu einer zupackenden Pianistin (zu ihren Favoriten gehörten Pete Johnson und Jay Mc-Shann) und Sängerin. Sie arbeitete mit vielen Großen zusammen: Dakota Staton, T-Bone Walker, Jimmy Rushing, Big Mama Thornton, Richard Williams, Helen Merrill, Odetta, Cab Calloway, Sippie Wallace. Zudem ist sie eine außergewöhnlich gute Erzählerin, die die Höhen und Tiefen einer schwarzen amerikanischen Musikerin sehr eindrucksvoll schildert. Das macht ihr Buch zu einer Rarität in der Jazzliteratur. Nur schade, dass sie mit Jahreszahlen außerordentlich sparsam umgeht. Leider gibt es auch kein Register und keine Diskografie, ebenso fehlen nähere Angaben zu den sechs Titeln der beigefügten CD. Lieber Verlag: bitte bei der nächsten Auflage nachholen – dieses Buch ist es wert ! Ted Gioia: Work Songs, Duke University Press, USA, 352 Seiten Ted Gioia beschränkt den Begriff „Work Song“ nicht allein auf die Lieder afro-amerikanischer Sklaven und Häftlinge in den USA, sondern geht von einem universellen Ansatz aus: Work Songs sind alle Lieder, die seit urdenklichen Zeiten in aller Welt vor, während und nach einer körperlichen Tätigkeit unter Bezug auf diese gesungen wurden. Ihr Urheber sind zumeist nicht mehr zu ermitteln. Wie Aufnahmen zeigen (soweit es welche gibt), sind viele von tief empfundenen Gefühlen geprägt und von großem künstlerischen Wert (auch wenn sie nicht als Kunst gedacht waren). Mögen auch Work Songs oft von harten Arbeitsbedingungen und grausamer Behandlung berichten, so wird dadurch die Arbeit selbst nicht entwertet („The work of the poorest laborer is still a process of creating and of making something where before was nothing.“ (S. 257)). Der Autor schöpft aus einer Vielzahl von Quellen. Er schließt auch Instrumentalmusik mit ein und berichtet über die Forscher, die sich dieses Gebiets angenommen haben. In 13 Kapiteln, die verschiedene Berufsgruppen behandeln und auch die heutige Situation berücksichtigen, vermittelt er viel an Erkenntnissen und stellt auch Fragen, die weiterer Forschung bedürfen. Fazit: ein hervorragend geschriebenes, zum Nachdenken anregendes Buch. Fast ist man geneigt, schon heute von einem Standardwerk zu diesem Thema zu sprechen, das bisher wohl nirgends so umfassend behandelt wurde. Walter Rimler: George Gershwin – an intimate portrait, University of Illinois Press, USA, 204 Seiten George Gershwin war einer der bedeutendsten amerikanischen Songkomponisten des 20. Jahrhunderts. Viele seiner Lieder sind unsterblich geworden, vor allem jene, die inzwischen zum Standardrepertoire des Jazz gehören, wo sie allerdings vielfach regelrecht umkomponiert wurden. Sie haben so auch die Musicals und Revuen überdauert, für die sie ursprünglich entstanden waren. Das allein verschafft Gershwin bereits einen ehrenvollen Platz in der Musikgeschichte. Aber es reichte ihm nicht – und vielen Kritikern auch nicht. Er wollte/sollte auch Konzerte und Opern schreiben. Anne Brown, die die Rolle der Bess bei der Uraufführung von „Porgy and Bess“ hatte, sagte dazu einmal: „He was afraid not be the person he was supposed to be“ (S. 123). Und so entstanden Werke wie „Rhapsody in Blue“ (1924), „Concerto in F“ (1925), „An American in Paris“ (1928), „Second Rhapsody“ (1932), „Cuban Overture“ (1932) und schließlich „Porgy and Bess“ (1935). Der Jazzgehalt dieser Kompositionen ist fast gleich Null. Gershwin war kein Jazzkomponist und wollte es auch gar nicht sein. Ebenso wenig wollte er klassische Musik im weitesten Sinn oder Neue Musik schreiben. Ihm schwebte Eigenständiges vor, und das gelang ihm auch. Seine Stärke waren Melodien, und sie sind es, die im Gedächtnis bleiben. Dazu trug seine Spontaneität bei, die er auch in seinem vorzüglichen Klavierspiel zeigte: er improvisierte gerne. Songs wie Orchesterwerke sind immer melodisch und von einem tänzerischen Rhythmusgefühl geprägt; nur bei „Porgy and Bess“ findet sich letzteres kaum. Welche Tragik, dass dieser hoch begabte Mann 1937 im Alter von nur 38 Jahren an einem Gehirntumor sterben musste. Walter Rimler hat sein Leben, in dem familiäre Spannungen immer wieder eine Rolle spielten, einfühlsam nachgezeichnet. Alyn Shipton: Out of the long dark – The Life of lan Carr, Equinox Publ. Ltd., London, 217 Seiten Der Trompeter Ian Carr, geboren am 21. April 1933 in Dumfries (Schottland), wuchs in verschiedenen kleinen Orten in Nordost-England auf und begann mit neun Jahren Klavier, mit achtzehn Jahren Trompete zu spielen. Er studierte zunächst von 1952 bis 1956 englische Literatur. Erst nach dem Militärdienst und einer Europareise machte er die Musik zu seinem Beruf. Er spielte von 1960 bis 1962 in Newcastle in der EmCee Five und ging dann nach London, erst zu Harold McNair, und war dann bis 1969 im Don Rendell/Ian Carr Quintet. Danach gründete er die Gruppe Nucleus, eine der frühen europäischen Jazzrock-Bands, mit der er bis zum Ende der 80er-Jahre arbeitete (1970 Festivals in Montreux und Newport, dann viele Auftritte in Europa, 1978 Indien-Tournee, 1984 Südamerika-Tournee). Von 1975 bis etwa 2000 war er außerdem Mitglied des United Jazz and Rock Ensembles. Ian Carr gilt als ein Musiker von europäischer Klasse, und darüber hinaus von erstaunlicher Vielseitigkeit. Er komponierte, machte Rundfunksendungen, führte Workshops durch und schrieb mehrere Bücher, darunter Biografien von Miles Davis und Keith Jarrett, die von den Kritikern sehr gut aufgenommen wurden. Er starb am 15. Februar 2009. Alyn Shipton erzählt die Lebensgeschichte Ian Carrs mit der von ihm gewohnten Mischung aus Sensibilität und hoher Sachkenntnis. Warum eigentlich gibt es nicht mehr Biografien deutscher Jazzmusiker ? Jazzinstitut Darmstadt: Wegweiser Jazz 2009/2010 – Das Adressbuch zum Jazz in Deutschland, 416 Seiten, erhältlich beim Jazzinstitut Darmstadt, Bessunger Str. 88 d, 64284 Darmstadt Gegenüber früher noch umfangreicher und auf den neuesten Stand gebracht ist dieses Buch unentbehrlich für alle, die auf dem Gebiet des Jazz tätig sind oder sich ernsthaft für ihn interessieren, ob Musiker, Fan, Veranstalter, Journalist, Verwaltungsmitarbeiter oder Politiker. Die Adressenlisten umfassen Clubs, Festivals, Workshops, Ausbildungsstätten, PIattenfirmen und -läden, Konzertreihen und vieles mehr. Dazu Informationen über Fördermaßnahmen, Jazz im Rundfunk, Jazz-Zeitschriften, Agenturen, Archive, LAGs, GEMA unterstützt durch kurze Zwischentexte. Prädikat: hervorragend. Joe Viera |
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