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Wir befinden uns im Jahr 100 nach Benny Goodman. Überall kennt man Jazz als ein globalistisches, offenes, grenzenloses Abenteuer, in das Impulse aus allen Kulturen strömen: Indisches, Klezmer, Elektronik und tausend anderes. Kotos improvisieren, Blues wird gejodelt, auf Didgeridoos wird gejammt. Der ganze Planet ist vom universellen Jazz-Gedanken beseelt... Der ganze Planet? Nein! Ein von unbeugsamen Aborigines bevölkertes Dorf namens New York hört nicht auf, dem Eindringling Widerstand zu leisten. Und das Leben dort ist nicht leicht für die Legionäre aus aller Welt. „Wenn ich aus Europa nach New York zurückkehre“, meinte einer von ihnen kürzlich, „habe ich das Gefühl, in ein selbstzufriedenes, urwüchsiges Musik-Entwicklungsland zu reisen.“ Denn in der Jazzprovinz New York erklingt der akustische Club-Jazz wie seit Jahrzehnten nach der traditionellen Head-Solos-Head-Doktrin. Eher würde man die Klimaanlage abstellen als auf das American Songbook zu verzichten. In New York greifen sich Bandleader noch immer an den Kopf, wenn das Thema wiederkehrt, und erklingen noch echte Theme Songs, bevor man in die Pause geht. Im „Blue Note“ gibt es nach wie vor zwei separate Sets mit je zwei Formationen im Wechsel – eine lokale Urtümlichkeit, die sich kein Touristik-Veranstalter entgehen lässt. Reisebus um Reisebus strömen die Besucher aus den großen internationalen Metropolen in das kleine kauzige Jazz-Village. Das ist immer wieder ein uriger Spaß! Die Jazz-Nachrichten in New York drehen sich um Joe’s Pub und Dizzy’s Club Coca-Cola und um Musiker wie Ralph Lalama, Peter Leitch, Jay Leonhart oder Brian Lynch, die man als echte Provinz-Originale nur in New York, aber dort ganzjährig, bestaunen kann. Fragt man die New Yorker, endet die Welt des Jazz auf Long Island. Rainer Wein
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