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Jazzzeitung
2009/02 ::: seite 18
jazz heute
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„Mehr Förderung für die freie Kunst- und Kulturszene
in München“, das meldete das Kulturreferat München Anfang
des Jahres. Angekündigt wurden 600.000 Euro Etatausweitung für
die Freie Szene. Der Jazz wurde in der Pressemitteilung allerdings nur
am Rande erwähnt. Die Jazzzeitung wollte mehr wissen: Inzwischen
hat sich Andreas Kolb von der Jazzzeitung mit Hans-Georg Küppers,
seit 2007 Kulturreferent der Stadt München, zum Gespräch getroffen.
Jazzzeitung: Wie viele von den 600.000 Euro landen beim Jazz oder bei
jazzverwandter Musik?
Hans-Georg Küppers: Auch wenn der Jazz in der Pressemitteilung nur
am Rande erwähnt wurde, wird er für uns im Kulturbereich nicht
am Rande behandelt. Wir werden zum einen durch mehr Fördergelder,
zum anderen auch aufgrund der Tatsache, dass wir unsere Eigenveranstaltungen
zugunsten der Förderung herunterfahren, für den Jazz in diesem
Jahr ungefähr 70.000 Euro mehr haben.
Jazzzeitung: Welche Projekte profitieren davon?
Küppers: Davon profitieren werden die Jazzmusikerinitiative
in der Freiheizhalle, weiter das ICI-Ensemble, aber natürlich auch Leuchttürme
wie der Jazzclub Unterfahrt. Schön ist auch, dass wir mit diesem
Geld zudem Mittel für Einzelkonzerte bereitstellen können,
was bisher so nicht der Fall war.
Jazzzeitung: Im Jazz gibt es außer den Rundfunkbigbands keine Institutionen,
die als Arbeitgeber einem Sinfonieorchester vergleichbar sind. Eine der
bedeutendsten Spielstätten in Deutschland ist die Unterfahrt. Dennoch
bewegen sich die dort auftretenden Künstler oft im prekären
Bereich. Was tut München da in Zukunft, um Institutionen des Jazz
noch fester zu verankern?
Küppers: Nehmen wir das Beispiel Unterfahrt: Dort
haben wir für
die Stabilisierung der Spielstätte unter anderem dadurch gesorgt,
dass dort als Personal ein Techniker angestellt wurde. Das ist ganz wichtig,
weil die Unterfahrt sehr viel mit Ehrenamtlichen zusammenarbeitet. Wir
haben Michael Stückl, den Vereinsvorsitzenden des Förderclubs
der Unterfahrt, kürzlich mit der Auszeichnung „München
leuchtet“ geehrt, um zu unterstreichen, wie wichtig uns diese Ehrenamtlichkeit
ist. Aber allein mit Hilfe von Ehrenamtlichen kann ein Club wie die Unterfahrt,
der ja weltweit einen herausragenden Ruf hat, nicht arbeiten. Ein weiteres
Beispiel für eine institutionelle Stärkung ist das ICI-Ensemble,
auf das wir sehr stolz sind hier in München. Es wird weiterhin projektbezogen,
aber vor allem regelmäßig gefördert. Die Verlässlichkeit
von Förderung trägt maßgeblich zu einer Qualitätssteigerung
bei.
Jazzzeitung: Auch die Jazzbar Vogler bekommt seit neuestem
einen Zuschuss?
Küppers: Ja. Wir fördern die Jazzbar Vogler unter dem Aspekt
der Nachwuchsförderung. Jazzzeitung: Es gibt viel Positives aus München zu berichten, es
gibt aber auch Dinge, die sanft entschlafen sind. Ich denke zum Beispiel
an die Jazzreihe am Gärtnerplatztheater…
Küppers: Das Gärtnerplatztheater ist eine Sache des Staates.
In unserem Bereich, den wir fördern, der Bereich Jazz und Neue Musik
gibt es keine Dinge, die auslaufen. Umgekehrt hat die Stadt München
das Festival „Jazzlines“ mit ins Leben gerufen. Als Annelie
Knoblauch und Josef Dachsel hier waren und das Konzept vorstellten, haben
wir – und wenn ich sage wir, meine ich auch immer wir, das ist
nicht der Kulturreferent alleine, sondern in diesem Fall die Fachfrau,
die Kollegin Lies – gesagt: „Ja, da sind wir dabei!“ Und
zwar auch mit Finanzen. München hat viele Jahre ein solches Festival,
von dem ich glaube, dass es ein nationales und zum Teil auch internationales
Niveau erreichen kann, nicht gehabt. Das neu aufzubauen war uns sehr
wichtig.
Jazzzeitung: Und es wird keine einmalige Sache
bleiben?
Küppers: Wenn wir sagen würden, wir machen das nur ein Mal,
dann wäre das Geld schlecht angelegt. Ein solches Festival, wenn
es wieder neu entsteht, muss sich erst bewähren, braucht Zeit, braucht
auch die Chance zur Entwicklung. Das ist eine mittelfristige Planung. „Jazzlines“ zeigt,
dass gut kooperierende Netzwerke mit dem Bayerischen Rundfunk, mit dem
Residenztheater und anderen notwendig sind, um den Jazz nach vorne zu
bringen. Neben den Finanzen ist mir diese Netzwerkbildung ganz entscheidend
und wichtig.
Ein weiteres Beispiel für ein neues Netzwerk: Wir werden ab dem
kommenden Jahr eine Präsentationsserie mit Jazzlabels, die es ja
hier in München in außerordentlicher Anzahl auf hohem Niveau
gibt, im Gasteig durchführen, für die wir dann kostenlos die
Räumlichkeiten zur Verfügung stellen. Dadurch soll die Arbeit
der Labels – gerade auch die der weniger kommerziell orientierten – mehr
in das Bewusstsein der Bevölkerung gerückt werden. Wir werben
zu Recht damit, dass wir drei Spitzenorchester in der Stadt haben mit
drei Spitzendirigenten. Das finden wir in Europa sonst so nicht, nicht
in Amsterdam, nicht in Berlin und nicht in Paris. Aber wir haben auch
im Bereich Jazz wirklich Spitzenproduktionen. Auch dies gehört zur
Musikstadt München dazu.
Jazzzeitung: Stichwort Kulturtourismus. Welchen
Stellenwert hat da der Jazz in München?
Küppers: Wir sind ja zum Glück im Kultur-, nicht im Tourismusreferat.
Unser Ziel ist es, vornehmlich auf Qualität zu achten. Die Qualität
darf sich nicht dem Aspekt „wir ziehen Touristen in die Stadt“ unterordnen.
Das wäre, glaube ich, ein großer Fehler, denn dadurch kann
sich Musik nicht weiterentwickeln. Wenn man dem Geschmack des Publikums
hinterherläuft, sieht man immer nur dessen Rücken.
Jazzzeitung: Das Kulturreferat München unterstützt auch den
neu geschaffenen BMW Welt Jazz Award. Wie kam es zu dieser Kooperation?
Küppers: BMW hat uns dieses Projekt vorgestellt
und gefragt, ob wir als Kooperationspartner ein Stückchen mit helfen, ohne dass
Geld im Spiel sein muss. Da dieser neue Jazz Award auch bei der Auswahl
der Gruppen ein wirklich hohes Niveau hat und er eben auch eine internationale
Ausrichtung hat, die wir sonst so hier noch nicht hatten, haben wir gerne
ja gesagt. Mit BMW verbinden uns bereits langjährige Kooperationen:
etwa mit dem Dance Festival, mit der Biennale, mit SpielArt. Diese Kooperationen
sind ein gutes Beispiel dafür, wie public privat partnership funktionieren
kann.
Jazzzeitung: Bei Themen wie dem BMW Welt Jazz
Award spielt die Internationalität
eine große Rolle?
Küppers: Ja, aber nicht nur. Da wir vorhin das
ICI-Ensemble erwähnten:
Wir halten es für notwendig, unsere Gruppen, zum Beispiel ICI oder
Piano possibile auch ins Ausland zu schicken. Dafür haben wir extra
Finanzen bereitgestellt, etwa für eine Konzertreise von Musikern
des ICI dieses Jahr zum Festival Klangspuren in Schwaz. Es ist wichtig,
auch im Ausland zu zeigen, was hier in München passiert. Ein Ziel
wäre es, einen produktiven internationalen Austausch gerade im Bereich
der Jazzmusik zu ermöglichen.
Jazzzeitung: Nachdem Köln lange Jahre die Hochburg des Jazz war,
war in den letzten zehn Jahren Berlin der Magnet. Wie könnten Sie
sich vorstellen, dass die lebendige Szene auch in München wieder
mehr Attraktivität gewinnt?
Küppers: Köln war lange Jahre für den Jazzbereich wichtig,
Berlin war gestern, München ist heute … Damit das auch so
bleibt, haben wir einige Infrastrukturmaßnahmen geschaffen, von
denen wir wissen, dass die freie Szene im Bereich der Musik sie einfach
braucht. Ich denke da an das „Schwere Reiter“-Areal, wo die
freie Szene vernünftig proben kann. Wir haben die Muffathalle mit
den neuen Proberäumen, die auch durch die Jazz-, Theater- und Tanzszene
genutzt werden. Damit ist auch ein Crossover angestrebt zwischen Musik,
Tanz und Theater. Diese freie Szene wird dann mit den Ergebnissen ihrer
Arbeit dazu sicherlich weiterhin beitragen, dass man München auch
als Jazzstadt wahrnimmt.
Jazzzeitung: Seit 2002 wurde der Etat des Kulturreferats
um 20 Millionen reduziert. Sie haben innerhalb Ihrer Amtszeit wieder
fünf Millionen
zusätzlich flüssig gemacht. Wie sieht denn die Planung für
die Zukunft aus?
Küppers: Ein Kulturreferent wäre ein schlechter Kulturreferent,
wenn er sagen würde, damit ist das Ende der Fahnenstange erreicht.
Vor dem Hintergrund des Einbruchs der Wirtschaft und der Finanzmärkte
wage ich im Augenblick keine Prognose.
Jazzzeitung: Heike Lies betreute in Ihrem Haus
bisher die Bereiche Neue Musik, klassische Musik und auch Theater. Seit
2009 ist sie auch für
die Förderung von Jazz, Pop, Klangkunst und improvisierter Musik
in der Landeshauptstadt zuständig. Was ändert sich konkret?
Küppers: Wir haben das ganze Haus ein Stückchen umstrukturiert.
Ich bin der Meinung, dass der Bereich Musik in eine Hand gehört,
damit die Menschen, die sich mit Musik beschäftigen, auch wissen,
wer ihr Ansprechpartner ist. Mit Heike Lies gibt es eine Expertin in
diesem Haus, die diesen Bereich in der Tat aus dem Effeff beherrscht
und von der ich auch sehr profitiere.
Jazzzeitung: Wir bedanken uns für das Gespräch.
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