Anzeige |
|
|
Anzeige |
|
Nun kann man sich natürlich fragen, was ein Pop-Musiker und Chart-Stürmer wie der 1966 in Hagen geborene Mustafa Gündogdu, der sich „Mousse T.“ nennt, auf einem renommierten Jazzfestival wie „Jazz an der Donau“ zu suchen hat. Sein Auftritt wäre zum Beispiel im Rahmen der „Jazzwoche Burghausen“ undenkbar. Aber wenn man bedenkt dass die Macher des Straubinger Festivals, Heinz und Ralph Huber, das Konzept vertreten, Generationen zu verbinden und den Pop-Fans den Zugang zum Jazz der anderen Acts zu erleichtern, so relativiert sich die Frage. Und wenn man das ganze dann noch als samstägliche finale Abtanz-Party sieht, hat so ein Auftritt durchaus eine gewisse Berechtigung, wenngleich die Formation um Mousse T. rein musikalisch natürlich nicht das zu bieten hat, was die Herzen der Jazz-Fans höher schlagen lässt.
Aber letztere kamen im Rahmen des „19. Jazz an der Donau“ durchaus auch auf ihre Kosten. Denn schon mit der Siegerformation des vom Bayerischen Rundfunk und den „Straubinger Jazzfreunden“ durchgeführten „New Generation“-Wettbewerbs vernahm man am Freitagabend zur Eröffnung des Festivals hochkarätigen Jazz der erfrischend kreativen Art. So hörte man von der achtköpfigen Formation „Oktoposse“ beispielsweise in der Siebenachteltakt-Nummer „Possenballett“ eine raffiniert unorthodoxe und doch mitreißende Rhythmik und im gesamten Programm ein ausgewogenes Gleichgewicht zwischen originell durchkomponierten Passagen und freien Spielräumen. Zum absoluten Highlight am Freitagabend avancierte der Auftritt des Sextetts um den US-amerkanischen Trompeter Terence Blanchard. Selten vernimmt man eine solch experimentelle Vielfalt, die von afrikanischen Einflüssen über Jazzrock-Klänge bis hin zu wunderschönen Balladen reicht. Gerade in letzteren brachte Blanchard mit seinem warmen Sound ein derart inniges und deshalb ausdrucksstarkes Spiel ein, dass der Zuhörer emotional gefesselt war wie selten. Im krassen Gegensatz dazu stand der vorhergehende Auftritt der Soul-Diva Diana Ross. Aufgrund einiger Eskapaden und Allüren die den Veranstaltern einiges Kopfzerbrechen bereiteten, war man auf ihren Auftritt besonders gespannt. Aber sie spulte ihre alten Hits und zahlreiche Coverversionen bekannter Popnummern regelrecht herunter. Wirklich fesselnden Funk und Soul bot die hervorragende Begleitband eigentlich nur wenn die Diva zum Umziehen wieder einmal in der Garderobe weilte. Jedes weitere Wort ist hier überflüssig. Richtig guten Jazz bot am Samstag nachmittag einleitend das deutsche „Northside Quartet“, das in den Eigenkompositionen des Pianisten Gerd Baier eine kreative Mischung aus prägnant arrangierten Themen und Improvisationsfreiräumen präsentierte. Der danach auftretende Saxophonist David Sanborn konnte mit seinem Quintett ebenfalls beeindrucken. Mit kernigen und perkussionsorientierten Fusion-Nummern heizte Sanborn dem nun zur Hälfte gefüllten Zelt gehörig ein. Sein Bassist Christian McBride garnierte die Grooves mit packenden Slaps, während der Meister selbst auf dem Altsaxophon in Höhen raste, die sonst nur einem Sopransaxophon vorbehalten sind. Weniger gefielen dann die Jazz-Standards der hochgelobten Sopranistin Barbara Hendricks. Eine gute Stimme und eine klassische Gesangsausbildung ergeben noch lange keine Jazzsängerin. Natürlich gibt es Nummern in denen eine klassische Ausbildung von Vorteil ist, denke man beispielsweise an Gershwins „Summertime“, das ja bekanntlich in einer Jazzoper mit Orchester interpretiert wird. Wenn man aber Standards wie „Fly Me To The Moon“ mit einem opernhaften Vibrato zu einer eingefleischten Jazzcombo in Szene setzt, ist das nicht wirklich Jazz. Zum Jazz gehört schon auch etwas „Dreck“ in der Stimme. Der Star des Samstag abends war zweifelsohne Al Jarreau. Er ließ seinen unverwechselbaren Scat über die Bühne, lachte sich ins Fäustchen, baute hier und da schon mal das Wort „Straubing“ mit ein und begeisterte mit vokalen Klängen die vom mongolischen Hirtengesang bis zum röhrenden Soul und dann auch wieder innigsten Säufzern in den Balladen reichten. Seine Band brachte das mit rund zweieinhalb Tausend Gästen gut gefüllte Zelt mit packenden Grooves und virtuosen Slap-Einlagen des Bassisten fast zum Überkochen – und das zurecht. Stefan Rimek |
|