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Wie eine noch weitgehend unentdeckte Schatzkiste mutet Äthiopien mit seiner reichen Kultur an. Reichlich belohnt wird, wer Strapazen unternimmt, um hier einzudringen. Das holländische Noise-Punk-No-Wave-Freejazz Kollektiv The Ex brach dorthin auf, und stieß in Addis Ababa auf eine reiche Jazz-Tradition, die eng mit der uralten Musiktradition verzahnt ist, mit ihrem verqueren Tonsystem und ihrer tiefen Spiritualität.
Auf dem Moers-Festival 2005 sorgte „The Ex“ zusammen mit äthiopischen Musikstars für eines der spontansten, lebendigsten, oder auch „improvisiertesten“ Ereignisse. Viele neue Impulse taten sich hier auf, auf einem Festival, das ansonsten eher auf – Restrospektivisches – setzte – vielleicht als musikalisches Dankeschön an alle, die seit 34 Jahren wie und wo auch immer zu diesem Ereignis zu Pfingsten, diesem künstlerischen wie subkulturellen Gesamtkunstwerk beigetragen haben? Alles funktionierte bei diesem letzten Festival unter Burkhard Hennens künstlerischer Leitung so wie wir es kennen und lieben – auch wenn Hennen selbst schon lange die Nase voll hat von einer unerträglichen Vereinnahmung der ursprünglichen Idee durch die „Event-Kultur.“ Kamen „The Ex“ mit den Äthiopiern dieser Idee wirklich sehr nah, so zeigte ein alter Bekannter in Moers, dass man auch auf höchstem -Niveau enttäuschen kann: Eindeutig zu kopflastig war das Gesamtkonzept von Louis Sclavis, der in großer Besetzung inclusive Rapper antrat. Zu wenig Raum blieb hier noch für jene suggestiven Qualitäten, wie sie sonst von der schier magischen Improvisationskunst von Sclavis und seinen stets fabelhaften Mitmusikern ausgehen kann. Was Sclavis fehlte, hatte ein anderer Beitrag um so mehr und damit stieß das Festival wieder einmal ganz hervorragend ein Fenster zum japanischen Jazz auf: Der Pianist Masahiko Satoh und seine Band fesselten die Zuhörer mit einem komplexen Ideenfeuerwerk und solistischen Glücksmomenten in einer Hommage an den legendären japanischen Komponisten Masahiko Togashi. Solide, moderne Jazztradition gepaart mit höchster Spielkultur kam aus den vereinigten Staaten: Die gepflegt-virtuose Melange aus Funk, Blues und Jazz mit den vier (!) Bassisten und einem Drummer von Jamaladeen Tacumas „Basso Nouveau“ vollführten dies derart packend und präzise, wie es nur diesen wirklichen Weltmeistern auf dem Bass möglich zu sein scheint. Hohe Verehrung wird dem amerikanischen, schwarzen Jazz gehuldigt – das Odeon Pope Trio löste diesen Anspruch ein – mit exzellenter Spielkultur sowohl bei der Rhythmusarbeit und wie auch beim – ekstatischen – Saxophonspiel des Bandleaders. Stefan Pieper |
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