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In Berlin geht das Gerücht, dass Robin Draganic 1991 und 1992 jeweils über 350-mal auf der Bühne gestanden hat. Das dürfte einen Pokal, eine Verdienstmedaille oder einen Eintrag ins Guinness Buch der Rekorde wert sein. Richtig bekannt wurde Robin Draganic durch seine Jam-Session „Robins Nest“, die er seit Jahren in wechselnden Lokalitäten teilweise mehrmals wöchentlich leitet. Aktuell feiert Robin Draganic Riesenerfolge mit dem Berliner Quartett Lyambiko, das 2003 den Sprung in die deutschen Jazz Top Ten und in die großen Konzerthallen schaffte. Jazzzeitung: Du hast bereits auf drei Kontinenten gelebt. In welchen Ländern wurdest du zum Musiker geformt?
Draganic: Weil ich in Kroatien geboren, aber in Kanada groß geworden bin, spielte ich zunächst Eishockey statt Klavier. 1984 begann ich mich als Jazzmusiker zu engagieren, um bald darauf als Lehrer in die chinesische Provinz zu gehen. Dort interessierte ich mich zunächst für Gongs und Trommeln. Ich kaufte mir in einem chinesischen Kaufhaus auch einen Sperrholz-Kontrabass. Beim ersten Ton wusste ich, dass ich diesem Instrument mein Leben widmen will. Mit der Transsibirischen Eisenbahn reiste ich 1988 nach Berlin. Ich hatte große Träume, aber wenig Technik. Ich nahm Unterricht bei Siggi Busch und Martin Lillich, aber die schmissen mich alle raus. Vielleicht bin ich unkonventionell? Ich habe mich dann in Standards vertieft –Musik, in der jeder Ton richtig, logisch ist. Kneipe für Kneipe wollte ich Kunst anbieten, zehn Jahre lang habe ich diese Art „Ausbildung“ durchgemacht. Ich kenne alle Standards und habe jede mögliche Basslinie ausprobiert. Jazzzeitung: Wie erklärst du dir dein Faible für Jam-Sessions? Draganic: Ich kann gut Leute zusammenbringen. Meine Leitsätze heißen „Leading by not leading“ und „Vom Autist zum Artist“. Die Gruppendynamik in China hat mich sehr geformt. Ich habe dort oft einen „Group High“ erlebt. Bei schwarzen Musikern habe ich gelernt, Reaktionen auf Musik verbal auszudrücken. „What? Go on!“ Bei einer Session sollen Musiker nicht in Konkurrenz zueinander arbeiten, sondern sich anfeuern. Mindestens 50 Musiker in der Stadt kenne ich so gut, dass ich sofort weiß, was zu ihnen passt. Weiteren 150 Musikern begegne ich regelmäßig. Über die Jahre habe ich mich auch zu einem Vokalbegleiter entwickelt. Ich liebe den dramatischen Bogen, es ist bereichernd, in anderen Tonarten zu arbeiten und die Ohren aufzumachen. Außerdem ist es interessant, mit Frauen zusammenzuarbeiten: Ying Yang! Twana Rhodes, Eva Spagna, Jacobien Vlasman, Lyambiko… Berlin hat gute Sängerinnen. Jazzeitung: Du leistet einen Beitrag zum Revival des Mainstream-Jazz. Draganic: Den Begriff Mainstream verwende ich nicht. Ich nenne es Repertoire. Das Wissen über Repertoire wächst seit zehn Jahren in Berlin sehr stark. Im Sommer strömen die Musiker von außerhalb in die Stadt. Bach musste 17 Kilometer durch den Wald laufen, um in einer Kirche neue Musik zu hören. Heute schalten wir einfach unseren Computer an und besorgen uns die Noten und Texte. Ich persönlich laufe allerdings lieber 17 Kilometer durch den Wald. Interview: Al Weckert Linkshttp://www.lyambiko.com |
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