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Grenzüberschreitungen können beflügelnd sein. So wie beim abschließenden Galakonzert des gleichnamigen Bayreuther Festivals „Grenzüberschreitungen“ in der festlichen Atmosphäre des Markgräflichen Opernhauses. Dort modernisierte Festival-Managerin Cornelia Nicodemus mit vielen anschluss- und zukunftsfähigen Ideen dieses kleine, aber feine Kulturereignis und krönte das Ganze mit einem nicht nur für Jazzfans sehr attraktiven Finale. Der neue musikalische Festivalleiter Claudio Puntin (Intimus des Nürnberger Saxophon-Professors Steffen Schorn und ein Multi-Rede-Künstler wie eben „Saxophon-Mafioso“ Schorn) ging das Risiko ein, nach nur einwöchiger Probenzeit so verschiedene Temperamente wie den ungarischen Gitarristen Ferenc Snétberger, den schwedischen Akkordeonisten Mats Edén einerseits und den Turntable- beziehungsweise Power Book-Spezialisten Raymond C. Pellicer (bekannt geworden durch Nils Petter Molvaers „Khmer“-Projekt) andererseits gemeinsam auf die Bühne zu schicken. Mit großem Erfolg, wie sich herausstellte. Schwedische und amerikanische Volkstänze, viel Klezmer-Klangspuren fanden sich in diesen vielstimmigen Diskursen, die rhythmisch sehr innovativ durch das spannende und trickreiche Interplay der beiden Bandyoungster, also dem Schweizer Schlagzeuger Samuel Rohrer (Hal Crook, Eric Truffaz, Charles Gayle) und eben Pellicer grundiert wurde. Die Dichte ihres Spiels kennt man sonst nur von Studioproduktionen Bill Laswells. Auf einen Bassisten konnte Puntin deshalb bei diesem Projekt gut verzichten, denn Pellicer lieferte die Bass-Sounds so gut wie Space-, Environment- und Radioklänge. Aufregend war dabei, dass diese modernen Ambient-Klänge und dichten Rhythmus-„Gewächse“ am Boden der mit viel „Flow“ gespielten Kompositionen im Widerstreit mit der stark klassisch geprägten Klangsprache des portugiesischen Pianisten Jao Paulo Esteves Da Silva oder Mats Edéns Sentimentalismen nicht zerschellen mussten. Dieses Verdienst gebührt Bandleader Claudio Puntin, der, das sei auch angemerkt, die Spannung des ersten Sets nicht ins zweite retten konnte. Da dominiert Puntin mit seiner Klezmer-Klarinette viel zu stark – und so gelang es ihm noch weniger, den vermeintlichen Star des Abends, nämlich Ferenc Snétberger zum Spielen zu bewegen. Der pausierte schmollend und ließ nur manchmal sein enormes Können aufblitzen. Reinhold Horn |
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