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Jazzzeitung

2001/12-2002/01  ::: seite 9

berichte

 

Inhalt 2001/12

standards
Editorial
News
Fortbildung
no chaser: Queen of the Road
Glossar: Y (oung, Lester)
Farewell: In Memoriam Milt Gabler

berichte
Elmau. Jazztival wird zum Folktival
Ebersberg. Jazz im alten Kino
Regensburg. Maria-Verehrung
Ingolstadt. Jazztage zwischen New Orleans und Dancefloor
Ingolstadt. Das Roman Schwaller Nonett im Audiforum
Berlin. Elchtest. Jazzfest Berlin 2001
Eine Geburtstagsparty mit Dusko Goykovich

jazz heute
Break (von Joe Viera)
 Farewell.
 no chaser. Queen of the Road
  Zugereister Mafioso. Nürnbergs neuer Jazzprofessor: Steffen Schorn
 

portrait / interview
Hör-Pretiosen. Das Münchner Label Winter & Winter
Zappelbruder Schlagzeugvirtuose. Wolfgang Haffner

play back.
Das Tanzorchester.
50 Jahre leitet Erwin Lehn sein Südfunkorchester

education
Fortbildung
Abgehört 1
Dusko Goykovich: In My Dreams

Abgehört 2
Oscar Peterson: Exclusively for my friends

dossier
Neue CDs und neue Chorusse. „Abgehört“: Eine neue Rubrik in Ihrer Jazzzeitung

medien/service
Die Time macht die Musik. Videos mit Swing und Latin Drumming
Charts & Critics Choice
Internet. Link-Tipps
Rezensionen 2001/12
Service-Pack 2001/12 als pdf-Datei (kurz, aber wichtig; Clubadressen, Kalender, Jazz in Radio & TV, Jazz in Bayern und anderswo (144 kb))

 

Elchtest

Jazzfest Berlin 2001

Nils Landgren trifft keine Schuld: Der neue Chef der Berliner Festspiele, Joachim Sartorius, hatte die Idee, jährlich einen neuen künstlerischen Leiter fürs Jazzfest zu nominieren. Er beauftragte Landgren unter dem Titel „Northern Jazzposure“ für fünf Tage Musiker aus Schweden, Norwegen, Finnland, Dänemark und Island aufs Jazzfest Berlin einzuladen. Landgren holte die Stars, aber auch die Newcomer der skandinavischen Szene und das Publikum strömte. Im Programmheft fanden sich viele unbekannte Namen, und man konnte manche Entdeckung machen – wenn man seine afroamerikanisch-zentrierte Brille absetzte.

Nils Petter Molvaer mit Trance-Techno-Jazz im Tränenpalast

Trotz einiger Aha-Erlebnisse beschlich einen nach einiger Zeit auch ein Gefühl der Enge: Fünf Tage Skandinavien – passiert sonst nichts in der Welt? Auch wenn das Festival in sich stimmig war, das Konzept eines Themenfestivals – für die beiden nächsten Jahre sind die Schwerpunkte Chicago und Südafrika im Gespräch – scheint in dieser hermetischen Form nicht zukunftsträchtig.
Gewisse Inkonsequenzen wirkten dann auch erfrischend: Roy Hargrove stammt gewiss nicht aus dem hohen Norden und Max Roach brachte mit seinem Bejing Quartett Bewegung ins skandinavische Allerlei. Welchen Bezug Johannes Faber und sein Consortium zum Thema hatten, blieb unklar. Das Publikum goutierte dennoch den schicken Münchener Jazzfunk.

Zu den Glanzpunkten des Festivals zählte der Auftritt des deutsch-französischen Jazz-Ensembles von Albert Mangelsdorff und Jean-Rémy Guedon. Mangelsdorff hatte als ehemaliger künstlerischer Leiter von Nachfolger Nils Landgren eine Carte Blanche für einen Auftritt erhalten – und es war sein expliziter Wunsch, mit dem von ihm seit vielen Jahren betreuten deutsch-französischen Jazz-Ensemble zu arbeiten. Bemerkenswert auch die erstmals ins Programm eingebettete Verleihung des Deutschen Jazzpreises, den die Union Deutscher Jazzmusiker (UDJ) und die GEMA-Stiftung dieses Jahr an Wolfgang Schlüter vergab. Die übliche Hölzernheit derartiger Anlässe kam nicht auf: Siegfried Schmidt-Josts Laudatio zeichnete sich durch Knappheit aus und ließ dem Vibraphonisten Raum für ein ausgiebiges – und überhaupt nicht nostalgisches – Konzert mit seinem Weggefährten Michael Naura.

Beispiele für ihre Innovationsfreudigkeit gaben die skandinavischen Musiker weniger im gediegenen Ambiente des Hauses der Berliner Festspiele, sondern beispielsweise im Tränenpalast, einer Clubdisco am Reichstagsufer. Hier spielten die Norweger Nils Petter Molvaer, Bugge Wesseltoft und der Schwede Goran Kajfes mit ihren jeweiligen Bands zum Tanz auf. DJs, Turntables und Samplings waren stets inklusive und wenn – wie bei Goran Kajfes geschehen – in ihrer Musik starke Bezüge zu Herbie Hancock, Miles Davis oder Joe Zawinul auftauchten, dann leuchteten auch die Augen der Zuhörer unter 20, für die diese Jazzheroen nicht automatisch zur musikalischen Sozialisation gehört hatten.

Neues, Experimentelles, Spartenüberschreitendes fehlte: Wo war zum Beispiel das finnische Oscar H.O.T. Quartett, das Standards ganz neue Qualitäten abzugewinnen vermag, wo war der Gitarrist Raoul Björkenheim, für den Jazz, Rock und Neue Musik zusammengehören. Oder wo war der Bassist Anders Jormin, der Jazz und Volkslied in eine ganz eigene Kammermusik ummünzt. So ähnelte die Struktur des Jazzfests unter dem Elch doch wieder der vieler anderer: hier etwas gepflegter, unterkühlter Barjazz, dort ein bisschen Jazz mit Turntables für die Jungen, viel Big-Band-Formationen in bester Jazzfest-Tradition und als Highlights amerikanische Stars.

Andreas Kolb

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