Anzeige |
|
|
Anzeige |
|
Zu seinem 20-jährigen Bestehen hätte der Münchner Klaviersommer eigentlich ein großes Fest feiern wollen. Nachdem die Stadt München dem renommierten Jazzfestival ihre Unterstützung entzogen hatte, drohte dem Festival das Ende. Doch das Hotel Bayerischer Hof macht weiter auf hohem künstlerischen Niveau, wenn auch mit deutlich abgespecktem Programm. Geblieben sind immerhin 16 Konzerte von Blues zur Eröffnung mit einer strapaziös-überdrehten Showperformance von Lucky Peterson bis hin zu einer stimmungsvollen Latin-Fiesta zum Finale. Dem für die Veranstaltung verloren gegangenen Gasteig brauchte das Publikum gewiss keine Träne nachweinen. Im Festsaal und im Night-Club des Bayerischen Hofs hat man einen direkten Kontakt zur Bühne und ihren Künstlern für feinsten Jazzgenuss ein Idealzustand. Und es gab Konzerte von Weltklasseniveau: Ahmad Jamal, die Brecker-Brothers, Joe Zawinuls Syndicate oder auch John Mc Laughlins Remember Shakti.
Gemeinsame Auftritte der Brecker Brothers sind selten geworden. In der Tat haben sich beide Brüder stilistisch auseinander gelebt. Pianist Dave Kikoski schien zwischen den Charakteren der Brüder zu vermitteln, kittete mit straighten Voicings die sanften Tenorgirlanden Michaels mit den funkigen Spitzen Randys. John Mc Laughlins Shakti ist ein Phänomen: Die Musik birgt eine tiefe Zeitlosigkeit. War das mit Shakti und der Weltmusik wirklich erst in den 70er-Jahren? Hat es diese Musik eigentlich nicht immer schon gegeben? Auch Joe Zawinul griff auf die guten alten Siebziger zurück und kochte an den Keyboards nochmals seinen alten Weather-Report-Sound auf. Aber da hatte sich doch etwas verändert: Am Bass spielte Etienne M Bappe Afro Beat aus Kamerun traf auf Percussionrhythmen aus der Karibik und stimulierende Jazzrock-Grooves. Und dazu sang die Portugiesin Maria Joao welch eine betörende Mischung! Die Veranstaltung hieße nicht Klaviersommer, gäbe es da nicht die vielen Pianisten: Cyrus Chestnut im aparten Triospiel, Kenny Barron in brillanter Solokunst und Freddy Cole im historisierenden Quartett. Unübertroffen unter den Pianisten blieb aber die wunderbare Mystik von Ahmad Jamal (im Trio mit Idris Muhammad an den Drums und James Cammack am Bass) ein unvergleichliches Erlebnis! Paul Bley konnte leider nur bei seinen Solo- stücken gefallen. Seinen Auftritt trübten die faden Gitarrenfetzen Mark OLearys vielleicht die einzig wirkliche Enttäuschung des Festivals. Nicht zuletzt gab es auch noch einen stillen Künstler, der die Farben des Jazz auf Papier gebannt hatte: Giuseppe Pinu. Im Foyer des Festivals zeigte er seine Werke, künstlerisch ausdrucksstarke Fotografien der großen Jazzer, Portraits die nicht selten auch die Cover der Schallplatten der Künstler zierten. Mit seinem berühmten Portrait von Miles Davis hatte Pino 1982 die Jazzfotografie aufgegeben, um sich in Italien neuen künstlerischen Aufgaben zu widmen: Design, Architektur, Akt, Mode, Werbung. Schade., kommentierte der Münchner Jazzfotograf Ssirus W. Pakzad, Pino hätte weitermachen sollen. Ich hatte nie eine Chance, denn viele der Künstler, die Pino fotografiert hat, waren schon lange Jahre tot, bevor ich überhaupt zu fotografieren begann. Louis Armstrong, Mahalia Jackson, Thelonius Monk, Duke Ellington Giuseppe Pinu hatte sie alle. Und er brachte sie alle gemeinsam noch einmal nach München leider halt nur auf Papier hinter Glas. Wolfgang Seemann |
|