Anzeige

Startseite der Jazzzeitung

Anzeige

Startseite der JazzzeitungZum Archiv der Jazzzeitung (Datenbanken und pdf)Zur Rezensionsdatenbank der JazzzeitungZur Link-Datenbank der JazzzeitungClubs & Initiativen Die Jazzzeitung abonnierenWie kann ich Kontakt zur Jazzzeitung aufnehmen
 

Jazzzeitung

2010/04 ::: seite 7

portrait

 

Inhalt 2010/04

Inhaltsverzeichnis

STANDARDS

Editorial / break / Nachrichten aus der Jazzszene / kurz, aber wichtig Jazzlexikon: Hank Jones


TITEL -
Ein Haus für den Jazz in Rom
Junge Hamburger Musiker auf Italienreise


DOSSIER - Jazzgeschichte. I remember Bill
Vor 30 Jahren verstarb der Pianist Bill Evans


Berichte

18. Augsburger Jazzsommer 2010 // „Jugend jazzt“ für Jazzorchester mit dem Škoda Jazzpreis // Festival Jazz an der Donau im Jahr 2010 // Jazzopen Stuttgart 2010 // Jazz Sommer 2010 im Hotel Bayerischer Hof // Bayerisches Jazz-Weekend 2010 // Südtirol Jazzfestival


Portraits

Jason Moran & the Bandwagon // Frank Chastenier // Die dänische Sängerin Sinne Eeg // Charlotte Ortmann // Thomas Quasthoff // Über den Tenorsaxophonisten Booker Ervin // Fritz Rudolf Fries zum 75. Geburtstag


Jazz heute und Education
Dresdens Hochschule für Musik baut die Förderung künftiger Jazz-Musiker aus // Ein Interview zum Jazz in Deutschland mit Joe Viera // Abgehört: Wayne Shorters Solo über „Wildflower“

Rezensionen und mehr im Inhaltsverzeichnis

Ein lustvoller Könner

Der klassische Bariton Thomas Quasthoff wildert mal wieder im Jazz

Der Mann ist längst 50, da bringt er erst seine zweite Jazz-CD raus: Thomas Quasthoff kann dennoch auf eine überaus umfangreiche Liste an Veröffentlichungen verweisen – und neben all den vielfach (mit Grammy- und Echo-Preisen) geehrten Schallplatten im Klassikbereich sind auch noch sehr lesenswerte Bücher von ihm erschienen. Nach dem Jazz-Album „Watch What Happens“ (2007) erscheint im September „Tell It Like It Is“ bei der Deutschen Grammophon; Grund genug, mit dem 1959 in Hildesheim geborenen Künstler über seine vielfältigen Ambitionen zu reden.

Der Vorstandsvorsitzende der Braunschweigischen Landessparkasse Christoph Schulz (re.) verleiht Thomas Quasthoff (links) im Juni 2010 den NORD/LB Artist Award. Foto: Agentur SHübner

Bild vergrößernDer Vorstandsvorsitzende der Braunschweigischen Landessparkasse Christoph Schulz (re.) verleiht Thomas Quasthoff (links) im Juni 2010 den NORD/LB Artist Award. Foto: Agentur SHübner

JazzZeitung: Ihr Konzertspektrum allein in diesem Jahr ist beachtlich: Mahlers „Kindertotenlieder“ in der Semperoper Dresden sowie beim Musikfestival Las Palmas, es folgten „Vier ernste Gesänge“ von Brahms, Bachs „Matthäuspassion“ und Mozart-Arien in Salzburg, neben Mendelssohns „Elias“ auch noch Recitals in aller Welt; obendrein präsentierten Sie auf einer Tournee schon mal die neue Jazz-CD – ist diese Vielfalt Programm?
Thomas Quasthoff: Sagen wir mal so: Sie zieht sich durch mein Leben. Sehr zum Leidwesen meiner Gesangslehrerin habe ich schon immer diese Breite gesucht. Durch meinen Bruder, den früher alles interessierte, nur keine Klassik, bin ich beizeiten in viele musikalische Bereiche geraten. Obendrein hat mich alles, was irgendwie mit Sprache und Musik zu tun hat – Theater, Sprechen, Vorlesen – schon in ganz jungen Jahren sehr interessiert. Und daran halte ich bis heute fest, mich von jeglicher Einseitigkeit zu lösen, die ja nur einengen würde. In so ein Fahrwasser möchte ich nicht geraten, aber „Programm“ klingt mir zu festgelegt, so würde ich nicht dazu sagen. Ich bin im Moment in einer Lebensphase, da ergeben sich bestimmte Sachen wie von allein. Darüber bin ich sehr glücklich.

JazzZeitung: Wie ist das unter einen Hut beziehungsweise „aus einer Kehle“ zu bekommen?
Quasthoff: Ein wirklich guter Autor muss doch auch über alles schreiben können, nicht? Wenn man das Glück hatte, eine vielseitige musikalische Ausbildung mitzubekommen, sollte man das auch nutzen. Vielleicht hat es die Muse diesbezüglich recht gut mit mir gemeint. Simon Rattle hat mal in einem privaten Gespräch zu mir gesagt: „Weißt du, Thommy, es gibt ein paar Wesen auf diesem Planeten, die haben so eine Gabe, auch ganz unterschiedliche Dinge anzugehen. Du gehörst dazu und solltest das also auch tun. Wenn nicht, würdest du dich nur ärgern.“ Ich glaube, er hatte Recht damit. Außerdem habe ich erstens, seit ich selbst unterrichte, für mich nochmals sehr viel über das Singen gelernt, weiß also, wie die Stimme zu disponieren ist, und zweitens meine klassische Ausbildung nie verleugnet. Im Gegenteil, ich bin sehr stolz darauf! Sie hat mich ja auch genug Zeit gekostet. Ich denke also, dass ich beim Singen keine falsche Effekthascherei betreibe, sondern schon sehr ich selbst bin. Älter wird eine Stimme ja sowieso von ganz allein.

JazzZeitung: U und E unterscheiden Sie nicht, sondern sprechen von nichtklassischem Gesang?
Quasthoff: Es gibt nur gute oder schlechte Musik, finde ich. Dass man im Deutschen da immer einteilen muss, das stört mich. Natürlich gibt es Dinge, die ich subjektiv ablehne, aber ich leiste mir nicht die Arroganz, das zu verteufeln. Wenn sich Millionen finden, die das kaufen, dann ist es doch okay.

JazzZeitung: Ihr Interesse an Jazz begann schon lange vor Ihren Klassik-Erfolgen?
Quasthoff: Naja, bis eine klassische Stimme bühnenreif ist, vergehen nun mal ein paar Jahre. Und wer da in sich die „Rampensau“ spürt, hat keine Lust, zehn Jahre zu warten. Bei mir ergab sich das so, ich hab in den Bands von meinem Bruder mitgemacht, hab auch mal Kabarett mit einigem regionalen Erfolg gespielt. Das hat mir im Umgang mit Publikum stets sehr geholfen.
Hinzu kommt, wer so frühzeitig als Nachfolger von Fischer-Dieskau gehandelt wird, spürt auch einen enormen Druck. Da hat mir Jazz auch als Nische zur Entspannung sehr geholfen.

JazzZeitung: Sie sind als klassischer Bassbariton bekannt und anerkannt. Ist es nicht ein Risiko, nun als „weißer Jazzer“ bestehen zu wollen?
Quasthoff: Nö. Ich finde meine Stimme auch nicht wirklich „weiß“. Es gibt doch genügend Beispiele, nehmen Sie nur Tony Bennett. Aber auch die frühe Ella Fitzgerald, eine der schönsten Stimmen, wie ich finde, ist doch alles andere als verharzt oder verraucht.
Ich bin da sehr entspannt. Wenn man Angst hat, sollte man so etwas nicht tun. Dass es immer Leute gibt, die was auszusetzen haben, ist doch klar. Aber Kritik, die sachlich ist, find ich in Ordnung. Und dass die erste Jazz-CD als Mainstream bezeichnet wurde, ist auch völlig korrekt.

JazzZeitung: Warum unterscheidet sich die zweite nun so sehr in der Besetzung und im Programm?
Quasthoff: Vielleicht, weil wir mit der ersten bewusst einen sanften Übergang schaffen wollten? Wenn man erstmal auf ein Genre festgelegt ist, dann ist es nicht einfach, sich aus dem Tüll der Klassik zu befreien. Das ist sehr deutsch. In Amerika war die Scheibe für den Grammy nominiert, da gibt es unterschiedliche Bewertungsskalen. Die zweite ist nun viel schlichter, hat kleinere Arrangements und lässt ganz klare Absichten erkennen. Es sollte eben kein Funk- und Soulalbum werden, sondern dem Swing Raum geben. Deswegen haben wir uns auch für den akustischen Kontrabass entschieden, da ist viel mehr Federung drin als beim E-Bass.

JazzZeitung: Wollten Sie mit der Nähe zu Pop und Blues Jazz-Puristen den Wind aus den Segeln nehmen?
Quasthoff: Überhaupt nicht. Ich habe noch nie eine Platte für irgendjemanden gemacht, sondern immer nur das, was ich wollte. Der Titel dieser CD sagt doch alles! Da sind nur Stücke drauf, die wir sehr mögen.

Interview: Michael Ernst

CD-Tipp

Thomas Quasthoff: Tell It Like It Is – JAZZ
Deutsche Grammophon

| home | aktuell | archiv | links | rezensionen | abonnement | kontakt | impressum
© alle texte sind urheberrechtlich geschützt / alle rechte vorbehalten / Technik: Martin Hufner