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Jazzzeitung
2010/04 ::: seite 9
portrait
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Die dänische Sängerin Sinne Eeg verschreibt sich mit dem neuen
Album einer Hommage an gleich zwei verschiedene Stränge der Vocal-Jazz-Tradition:
dänische Theater- und Filmmusiken der 30er- bis 60er-Jahre auf der
einen Seite, amerikanische Jazzstandards auf der anderen. Dabei fühlt
sie den Gemeinsamkeiten der verschiedenen Songs beider Traditionen nach
und kommt zu einem romantisch-gefühlvollen Fazit. Auf „Remembering
You“ geht es dementsprechend entspannt, harmonisch und qualitätvoll
zu.
JazzZeitung: Gab es einen besonderen Anlass, der zu
dieser Idee eines Konzeptalbums führte? Oder stellte es sich erst
quasi im Nachhinein heraus, dass die CD einem roten Faden folgt?
Sinne Eeg: Ehrlich gesagt, als Chris Minh Doky und ich
daran gingen, eine Platte zu machen, war noch nicht die Rede davon, dass
dieser ein
besonderes Konzept oder ein roter Faden zugrunde liegen sollte. Ich habe
aber immer die großen amerikanischen Sänger und Sängerinnen
der 60er gehört, wie Sarah Vaughan, Nancy Wilson, Chet Baker, Ella
Fitzgerald und all die anderen. Sowohl Chris als auch ich wollten, dass
man diese Inspirationsquelle auf der Platte hört, daher waren wir
uns über den „Sound“, den wir wollten, von Anfang an
einig. Zu Beginn hatten wir, wenn ich mich recht erinnere, eigentlich nur vor,
Standards aus den USA aufzunehmen. Als wir das Material zusammenstellten,
tauchten aber immer wieder dänische Lieblingstitel von uns beiden
in der Liste auf. Also suchten wir nach Wegen, diese Stücke doch
einzubeziehen. Das stellte sich als einfacher heraus als erwartet, weil
die dänischen Songs in genau der gleichen Tradition geschrieben
wurden wie ihre amerikanischen Gegenparts. Und weil sie aus der gleichen
Zeit stammen, verwenden sie auch dieselbe melodische Sprache und ähnliche
Harmonien.
JazzZeitung: Was macht den Spaß daran aus, Standards wie jene zu
reinterpretieren, wie wir sie auf „Remembering You“ finden?
Eeg: Es sind einfach die Songs, mit denen ich aufwuchs,
sowohl die amerikanischen als auch die dänischen „Standards“. Auch die Tradition,
Stücke neu zu interpretieren, ist mir nicht fremd – sowohl
in der Klassik als auch im Jazz. Ich betrachte diese Songs als eine Schatzkammer,
zu der wir Musiker den Schlüssel geerbt haben. Es ist eine Aufgabe
und auch ein Privileg, sie zu öffnen und das Material lebendig zu
halten. Ich mag diese Leichtigkeit, mit der man sich im Jazzgenre bewegen
kann. Das Publikum kennt die Stücke, aber das gibt einem auch Freiraum,
kreativ mit den Melodien und Rhythmen umzugehen. Und in gewissem Rahmen
sogar mit den Texten.
JazzZeitung: Neben die amerikanischen Standards
setztest du, wie schon erwähnt, gleichberechtigt Songs mit dänischen Wurzeln. Wo siehst
du Überschneidungen und Unterschiede beider Traditionen?
Eeg: Darüber haben wir auch debattiert, als wir überlegten,
ob wir dänisches Material mit aufnehmen sollten oder nicht. Die
Stücke hatte ich schon seit Jahren im Programm, und das was sich
an ihnen „anders“ anfühlte, war einzig die Sprache.
Nachdem wir sie mit englischen Texten ausgestattet hatten, wurde es offensichtlich,
das diese Songs die gleiche Tradition und das gleiche Feeling haben,
wie jene aus dem „Great American Songbook“.
JazzZeitung:
Wäre es keine Option gewesen, die Stücke mit dänischen
Texten zu belassen? Um vielleicht näher an ihren dänischen
Wurzeln zu bleiben?
Eeg: Wir haben die Songs auch auf Dänisch aufgenommen, aber sie
sind nur auf der in Dänemark veröffentlichten Version des Albums
enthalten, die den Titel „Kun En Drøm“ trägt.
Ich dachte, sonstwo würde sich niemand dafür interessieren.
Aber nun? Es ist so, dass ich spaßeshalber während meiner
Konzerte immer den ein oder anderen Song auf Dänisch singe, auch
außerhalb Dänemarks. Die Reaktionen darauf überraschen
mich immer wieder. Das ausländische Publikum scheint es zu schätzen
und zwar beinahe mehr, als das Publikum daheim in Dänemark.
JazzZeitung: Was inspiriert dich? Welcher emotionaler
Zustand ist der geeignetste, wenn du singen willst?
Eeg: Ich tue mein Bestes, wann immer ich auf die Bühne gehe, egal,
wie ich mich gerade fühle – sei es physisch oder psychisch.
Genau genommen, ist es harte Arbeit für einen Künstler, sein
Ego so sehr zu ignorieren, wenn man auftritt. Natürlich zapft man
seine gesamte Lebenserfahrung an, wenn man ein Stück interpetiert.
Bei machen Stücken gelingt dies besser als bei anderen. Ich glaube,
das Thema „Lovesongs“ wird bei mir nie ausgereizt sein. Ja,
die Liebe, in ihren tausend Schattierungen… Interview: Carina Prange
CD-Tipp
Sinne Eeg: Remembering You
Red Dot RedDot 4362 (Soulfood)
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