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Er war nicht so berühmt wie Dave Brubeck oder Herbie Hancock, doch seine Beliebtheit unter Musikern kannte kaum Grenzen. Er hat Solo- und Trio-Alben vorgelegt, die zu den besten der Jazzgeschichte gehören. Sein Ruf war aber der eines idealen Klavierbegleiters. Vermutlich ist er der meistaufgenommene Jazzpianist überhaupt. Sein Ruf als Begleiter hat Hank Jones leider auch geschadet. Man hat ihn nie einen vergleichbaren Ruf als Solist oder Leiter eigener Projekte zugestanden, wie das bei George Shearing oder Ahmad Jamal selbstverständlich der Fall ist, um angesehene Pianisten herauszugreifen, die recht selten Sidemen waren. Zu sagen, er habe den Stil seiner Mitmusiker genau erfasst und für jeden eine maßgeschneiderte Begleitung geliefert, ist fast eine Untertreibung. Manchmal scheint es, Hank Jones habe gespürt, was der andere spielen würde, bevor dieser selbst es wusste. Wir müssen uns im Klaren darüber sein, was „begleiten“ à la Jones bedeutet. Einerseits steht ein guter Begleiter nicht im Weg, er unterstützt und lässt den Solisten zur Geltung kommen, wie ein Rahmen ein Bild zur Geltung kommen, ja manchmal auch aufwertet und schöner erscheinen lässt, als es ist. Andererseits war Hank Jones ein sehr wissender Partner. Durch seine Begleitung konnte er den Verlauf eines Stückes so sehr prägen, dass er ihn auf eine sehr dezente Weise „leitete“. Auch völlig unbedeutende Stücke oder mittelprächtige Musiker klangen, wenn Hank Jones mit von der Partie war, denkwürdig. Hank Jones wuchs in einer sehr musikalischen Familie in Detroit auf. Hanks jüngerer Bruder Thad wurde ein berühmter Trompeter und Bandleader, sein noch jüngerer Bruder Elvin ein bedeutender Schlagzeuger. Doch auch die übrigen waren musikalisch sehr begabt. Hank Jones wurde zum Begründer der so genannten Detroiter Klavierschule, zu der man etwa Barry Harris, Roland Hanna und den Jones am nahesten kommenden Tommy Flanagan rechnet. 1944 zog Hank Jones nach New York, wo er sein an Teddy Wilson und Fats Waller geschultes Klavierspiel unter dem Eindruck des Bebop modernisierte. Mitte der 40er-Jahre, in der Zeit als er noch Pianist bei Andy Kirk war und als solcher Nachfolger der großen Mary Lou Williams, machte Hank Jones seine ers-ten Aufnahmen beim großen Trompeter Hot Lips Page. Er versöhnte, ähnlich wie Oscar Peterson, Swing und Bebop zu einem zeitlosen Mainstream-Klavierspiel. Jeder, der Ähnliches versucht, ist wohl auch ein wenig Hank Jones verpflichtet – ein Modell des modernen Traditionalismus, ein Klassiker der Moderne, jemand der den Mittelweg geht, aber meilenweit über jedes Mittelmaß erhaben ist. Er hat mit „allen“ gespielt und aufgenommen: Giganten von Charlie Parker bis Benny Goodman ließen sich von ihm begleiten. Sein Radius reichte dabei von Louis Armstrong bis John Coltrane und darüber hinaus zu afrikanischen Musikern wie Cheick Tidiane Seck. Vokalisten von Ella Fitzgerald bis Roberta Gamberini vertrauten ihm blind, ebenso kaum bekannte Musiker, deren Erstlinge er freundlich zierte. Praktisch jeder klang besser, wenn er mit Hank Jones spielte. Heiterkeit, Gelassenheit und Grazie wirkten im Spiel dieses Gentleman stets zusammen. Seine Linien waren klar, sein Timig unfehlbar. Sein größter Wunsch war, der beste aller Pianisten zu werden. Er war auf der Suche nach der Perfektion. Kurz vor seinem Tod äußerte er, er versuche jeden Tag ein bisschen besser zu werden. Er war überzeugt, die Vollkommenheit nicht erreicht zu haben. Für viele war er aber genau dies: der perfekte Pianist. Marcus A. Woelfle |
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