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Den Konstrukteuren des amerikanischen Gitarrenherstellers Gibson gelang im Jahre 1958 ein ganz großer Wurf: „ES“ hieß die neue Serie, das Kürzel stand für „Electric Spanish“, dahinter verbarg sich eine völlig neue Instrumentengattung. Denn Gibson verband die Vorzüge einer Vollresonanzgitarre mit denen einer Solid Body: Einerseits hatte die „ES“ den warmen, weichen und perkussiven Ton einer traditionellen Jazzgitarre, andererseits zeigte sie sich durchsetzungsfähiger, hatte mehr Sustain und noch einen weiteren, nicht zu unterschätzenden Vorteil: Sie war weniger anfällig für Rückkoppelungen, was Ende der fünfziger, Anfang der sechziger Jahre aufgrund ständig steigender Verstärkerleistungen – und Bühnenlautstärken – ein ernst zu nehmendes Kaufargument darstellte. Das zahlreiche Gitarristen überzeugte: Die „ES“-Serie mit ihren diversen Modellen wurde und wird von Bluesmusikern wie B.B. King, Rock’n’Rollern wie Chuck Berry oder Alvin Lee und Jazzrockern wie John McLaughlin verwendet. Gibsons Trick war so einfach wie effektiv: Der vormals komplett hohle Gitarrenkorpus mit F-Löchern wurde in der Mitte (dort, wo Tonabnehmer, Steg und Saitenhalter sitzen) mit einem „Sustainblock“ verstärkt – und fertig war die Halbresonanzgitarre. Noch heute offeriert Gibson die nahezu unveränderten „ES“-Modelle. Schöne Stücke, allerdings nicht ganz billig und vornehmlich für professionelle Anwendungen gedacht. Auch Tochterunternehmen Epiphone produziert in Fernost eine Reihe von Halbresonanzgitarren, gerade das Modell „Sheraton“ im mittleren Preissegment erfreut sich dauerhafter Beliebtheit. Noch günstiger ist die neue ES 335 Dot Studio: eine abgespeckte Variante, ausgerüstet mit all den klassischen Konstruktionsmerkmalen, jedoch ohne aufwendige Inlays oder vergoldete Hardware. Die Metallteile sind schwarz verchromt, und auch bei den verfügbaren Lackierungen orientiert sich Epiphone eher an Henry Ford und seinem T-Modell: die ES 335 Dot Studio gibt es lediglich in Schwarz und „Ice Blue“. Auf der Habenseite steht eine unverbindliche Preisempfehlung von 425,00 Euro – wofür man auf Glitzerchrom und Sunburst-Lackierung durchaus verzichten kann. Denn damit gehört die ES 335 Dot Studio zu den wohl preisgünstigsten Angeboten unter den Halbresonanzgitarren, konstruiert wie das klassische Vorbild, ordentlich verarbeitet und klanglich so vielseitig wie das Original von Gibson. Wer dennoch partout aufrüsten möchte, kann die serienmäßigen Alnico-V-Humbucker ja problemlos durch High-End-Tonabnehmer aus dem Zubehörhandel ersetzen, trotz derartiger Mehrinvestition wäre die ES 335 Dot Studio dann noch immer ein kleines Schnäppchen. Hobbymusiker und Semiprofis sind mit Epiphones spartanischer „Electric Spanish“ zweifellos gut bedient, selbst Profis, die ihren Fuhrpark um ein schlichtes „Arbeitspferd“ ergänzen möchten, können mit ihr glücklich werden. Wer auf ein aufwendigeres Äußeres Wert legt, muss natürlich tiefer in die Tasche greifen. Wie tief, hängt davon ab, welcher Name auf der Kopfplatte prangen soll: Epiphone deckt das Midprice-Segment ab, Muttergesellschaft Gibson versteht sich indes als Premium-Anbieter – und bittet dementsprechend zur Kasse. Allen „ES“-Modellen ist jedoch eines gemein: Sie sind vielseitig einsetzbare Instrumente, im zurückhaltend agierenden Jazztrio ebenso gut aufgehoben wie in der elektrischen Bluesband oder bei der zehnköpfigen Fusion-Combo mit lauten Bläsersätzen. Uwe Schleifenbaum
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