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Die Kunst der großen Sänger/-innen kommt nur bei großer Musik um sie herum zum Tragen. Für den Jazz und verwandte Musikformen heißt das: sie brauchen großer Arrangeure (und hochqualifizierte Orchester). Nelson Riddle (1921-1985) war einer von ihnen. Seiner melodisch und harmonisch ausgewogenen, dabei nie statischen Musik merkt man nicht an, dass er ein Einzelgänger war, der zeitlebens an einer unglücklichen Jugend und zwei problematischen Ehen litt. Er wuchs nahe New York auf, begann mit acht Jahren Klavier und mit 14 Jahren Posaune. Später spielte er als Posaunist etwa in den Big Bands von Jerry Wald und Charlie Spivak und schließlich 1944/45 bei Tommy Dorsey. Daneben nahm er Arrangierunterricht unter anderem bei Bill Finegan: und fing an, für alle möglichen Besetzungen zu schreiben, wobei ihn vor allem damals noch ungebräuchliche Voicings interessierten. Finegan überredete ihn schließlich auch, sich ganz auf das Arrangieren zu konzentrieren. Er arbeitete zunächst für Bing Crosby und Mario Lanza und war dann in den 50er-Jahren mit seinen Arbeiten wesentlich an der Weltkarriere von Nat King Cole beteiligt. Auch Frank Sinatra verdankte ihm viel: Musik zu 16 LPs, 7 Filmen und rund 25 Fernsehshows. Nelson Riddle war am besten, wenn er für Sänger/-innen schrieb. Aber er war wie Gil Evans – im Gegensatz etwa zu Henry Mancini kein Song (= Themen-)Schreiber. Das lag ihm nicht und brachte ihm vor allem ab den 70er-Jahren, als die Aufträge weniger wurden, große finanzielle Nachteile ein. Die Zusammenarbeit mit Linda Ronstadt gab seiner Karriere dann noch einmal neuen Auftrieb. Es ist hier nicht der Platz, um alle die zu nennen, für die er
geschrieben hat. Aber wer auch mit ihm zu tun hatte, er bekam immer ein
hohes Lob. Stellvertretend sei hier Louis Bellson zitiert (S. 302): Der Autor vermittelt uns ein differenziertes Bild einer komplexen Persönlichkeit. Über 200 Interviews mit Familienmitgliedern, Freunden und Kollegen erbringen dazu reichhaltiges Material. Sein sehr empfehlenswertes Buch schließt eine der vielen Lücken, die es im Bereich Arrangement leider immer noch gibt.
An Ornette Coleman scheiden sich auch heute noch die Geister. Die Skala der Kenntnisnahme reicht von großer Verehrung bis zu völliger Nichtbeachtung. Es wäre schon viel gewonnen, würde man ihn als das sehen, was er ist: ein bedeutender Bluesmusiker, der im „Tower of Improvisation“ die Räume der akkordgebundenen Improvisation verließ, in denen er sich nie wohlfühlte, und neue entdeckte. Obgleich er sich auch mit dem Bebop beschäftigte, steht er doch beispielsweise einem John Lee Hooker oder Lighnin’ Hopkins näher als einem Charlie Parker, von dem er allerdings rhythmisch beeinflusst wurde. Wie bei jedem Musiker gibt es auch in seinem Spiel charakteristische Merkmale (Ekkehard Jost hat sie in seinem Standardwerk „Free Jazz“ sehr treffend beschrieben). Zu seiner Musik brauchte er aber kein „harmolodisches System“ oder „Prinzip“. Ich glaube, ein solches gibt es gar nicht. Er hat den Ausdruck wohl einfach erfunden, um den ewigen für ihn lästigen Fragen nach seinem „System“ zu entgehen und nicht als tumber Tor dazustehen, der von Musiktheorie keine Ahnung hat. Dass er anfangs nicht wusste, dass sein Instrument transponiert gespielt wird, hat nichts zu sagen, denn es ist völlig egal, wie Töne benannt werden. Steve Day bespricht praktisch alle bisher bekannt gewordenen Aufnahmen Ornette Colemans, zum Teil sehr ausführlich. Man spürt, er hat sie oft und gerne gehört. Dabei geht es ihm vor allem um die Wirkungen, die die Musik auf ihn ausübt („A description of the way it sounds to me“, S. 1). Ich möchte wetten, viele Leser kennen die meisten Aufnahmen überhaupt nicht, und die paar, die sie einmal (!) gehört haben, sind schon lange wieder vergessen. Auf was warten Sie? Joe Viera |
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