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Die ultimative, da facettenreiche Biografie Kenny Clarkes hat Mike Hennessey 1990 in England veröffentlicht, fünf Jahre nach dem Tod des großen Schlagzeugers. Jetzt ist sie endlich auf deutsch erschienen, ergänzt durch eine komplette Diskographie, die Michael Frohne verfasst hat. Für Mike Hennessey ist Clarke, mit dem er ein Vierteljahrhundert befreundet war, ein Maßstab für Menschlichkeit. In den 200 Interviews, die er für seine Recherchen machte, klang nie ein Misston hinsichtlich Clarkes Integrität an. Trotz „gestörte(r) und trostlose(r) Kindheit“ konnte sich der Schlagzeuger aus „Entfremdung, Ausbeutung, Diskriminierung und Konflikten“ befreien. Und: er wurde zu einem „hervorragenden Allround-Schlagzeuger“, der „fast ohne Unterricht“ sogar „die rhythmischen Grundlagen des Jazz zu revolutionieren“ begann. Bei allen Neuerungen verliert sich Hennessey nie in Fachsimpeleien, was diesen oder jenen Trick auf den Drums ausmacht. Er zeichnet das Leben Clarkes nach, von der nicht ganz unproblematischen Kindheit über die ersten Profi-Engagements in den Orchestern von Edgar Hayes und Teddy Hill bis zu seinen Engagements im Pariser „Blue Note“ und weiteren europäischen Verpflichtungen. Kenny Clarke stand Anfang der vierziger Jahre an der Wiege des modernen Jazz. Er leitete die Hauskapelle im „Minton’s Playhouse“, wo der Grundstein für den Bebop gelegt wurde. Mit Dizzy Gillespie kam er nach Frankreich, in dessen Hauptstadt er sich 1956 niederließ. In Paris war Clarke mit eigener Band Begleiter durchziehender US-Musiker. Hennesseys Biografie verlässt sich insgesamt allzu sehr auf fremde Quellen. Die ständig eingestreuten Zitate, beredte Belege für die Beliebtheit des Protagonisten, sind in ihrer Häufigkeit unnötig und erschweren zudem den Lesefluss. Wenigstens wahrt der Autor, dessen Buch sich als „echter Liebesdienst“ ausgibt, hie und da die Distanz. Er klammert Schattenseiten wie Drogenprobleme oder privaten Zwist nicht aus. Hennessey sieht die Ungereimtheiten in des Schlagzeugers Erinnerungen, die er nicht nur auf „Gedächtnisfehler“ zurückführt, sondern in einem ihm „innewohnenden, tief verwurzelten Bedürfnis“ sieht, „die angenehmen und guten Seiten des Lebens hervorzuheben“. Reiner Kobe |
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