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die ARD-Zuschüsse fürs Jazzfest Berlin stehen mal wieder auf der Streichliste der Rundfunkanstalten, renommierte Jazzlabels schrappen am Konkurs entlang, Jazzclubs fürchten um ihre Sponsorengelder, machen manchmal dicht oder nehmen mutig ihren alten Kampf „on the razors edge“ wieder auf. Die bewährten Kampfmittel sind Selbstausbeutung und die Liebe zur Sache. Unter diesen Rahmenbedingungen entsteht heute Jazz – doch der Jazz kümmert sich nicht darum und überrascht seine Liebhaber mit immer neuen Einfällen und Variationen. Nachzulesen etwa in unseren Festivalberichten aus Berlin, Leipzig und Frankfurt. In Berlin waren vierzig Jahre Jazzfest zu feiern: ein Rückblick, der vor Vitalität sprühte. Retrojazz als höchste Gegenwartskunst. In der Hauptstadt ist die improvisierte Musik nach wie vor politisch: Letztes Jahr erinnerte der Israeli Gilad Atzmon mit seinem „Jazz der europäischen Ureinwohner” an die politischen Implikationen des Jazz. Dieses Jahr beschloss der britische Saxophonist Denys Baptiste das Festival mit seinem Programm „Let Freedom Ring”: große afro-britische Musik im Geiste der amerikanischen Bürgerrechtsbewegung der 60er-Jahre.
In Frankfurt wurde der Jazz 2004 im Zirkus präsentiert. Kein ganz unpassendes Bild: Der Jazzer als Artist, seine Soli als Löwenbändigernummer, Tutti-Bläsersections als komplexer Hochseilakt und das ganz funktioniert nur mittels Magie und Clownerei. Es ging auch um das Selbstverständnis des Jazzmusikers als Künstler: ein freiberuflicher Artist, nicht eingebettet in die Nestwärme eines städtischen philharmonischen Orchesters. In Leipzig wiederum, wo der Jazz bis vor 15 Jahren noch ein echtes Politikum war, findet er heute im bürgerlichen Opernhausgehölz Gehör. Jazz als L’art pour l’art bei schwieriger werdender Finanzierung. Kulturpolitisches Nischendasein hin oder her: die nächste Generation von Jazzmusikern steht schon in den Startlöchern – nachzulesen in unserem vierseitigen Dossier „Jugend jazzt”, frei nach dem gleichnamigen Wettbewerb, der Anfang Mai 2005 in Koblenz stattfinden wird. Wir werden berichten. Andreas Kolb |
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