In der Musik widmet sich Christof Griese zwei Tätigkeitsbereichen.
Als aktiver Musiker, Jazz- und Klassiksaxophonist steht er mit seinem
Christof Griese Quartett, dem Berliner Saxophon Quartett und anderen Formationen
selbst auf der Bühne. Sein anderer Schwerpunkt betrifft die Ausbildung:
Griese unterrichtet in Berlin Kinder und Jugendliche an der Musikschule
Charlottenburg-Wilmersdorf, hat sich hierdurch über die Jahre einen
weitreichenden Ruf als pädagogisch fundiert arbeitender Lehrer erworben.
Und er bringt auch seine Schüler auf die Bühne – als Leiter
und Organisator hinter dem JayJayBeCe-Orchester, einer Big Band, die jungen
Musikern die Arbeit in einer professionell agierenden Gruppe näherbringt.
Das Interview führte Carina Prange.
Jazzzeitung: Welche Eltern schicken ihre Kinder denn zum Jazzunterricht
anstatt zum klassischen Instrumentalunterricht?
Christof Griese: Man kann sagen, allgemein sind das Eltern, die
neuen Wegen aufgeschlossen gegenüber stehen. Es kann aber auch von
den Kindern ausgehen: solche, deren Eltern Jazzhörer sind, oder die
schon mal andere Kinder Jazz haben spielen sehen. Oder die im Rahmen der
Aktivitäten der Musikschule darauf gestoßen werden, also bei
Instrumentenkarussels, Kinderkonzerten, Instrumentenvorstellungen in der
Früherziehung.
Jazzzeitung: Ein jazzbezogenes Unterrichtskonzept für Kinder
und dessen Schwerpunkte – wie kann man sich das eigentlich vorstellen?
Griese: Inhaltlich ist der Jazz-Unterricht mit Kindern kaum anders
als im klassischen Bereich. Ein Unterschied ist, dass Tonleitern, Lieder
und Songs sowie Spieltechnik allgemein viel mehr auswendig erarbeitet
werden. Für die Improvisation muss musikalisches Material gesammelt
werden, es bleibt nicht auf dem Papier stehen. Frühzeitig, nach zirka
sechs Monaten, wird mit der Improvisation angefangen: zuerst über
kleine Motive wie zwölftaktige Bluesthemen, dann wird mit Hilfe von
Pentatonik oder Bluestonleitern „horizontal“ improvisiert.
So erarbeitet man langsam Skalen, Repertoire und Ideen für Improvisation.
Und das soll dann möglichst in eine Kinderjazzband münden. Was
allgemein für das Musizieren gilt, ist insbesondere richtig für
den Jazz mit seinem kreativen Anteil der Improvisation; der fördert
und weckt besonders die Persönlichkeitsbildung der Kinder. Auch stellt
die Fähigkeit, ein Instrument zu spielen, einen wichtigen Faktor
für den Aufbau des kindlichen Selbstbewusstseins dar.
Jazzzeitung: In Prozent, wie hoch ist in etwa der Anteil von Jazzschülern
verglichen mit anderen?
Griese: Erstmal, die Bedingungen für Jazz sind an der Musikschule
dieselben wie für die klassische Ausbildung. Der Anteil von Schülern
mit Jazzinteresse ist an den verschiedenen Schulen allerdings unterschiedlich;
bei uns beträgt er ungefähr zwanzig Prozent. Dabei ist er in
der Altersgruppe 8 bis 12 Jahre natürlich noch kleiner.
Jazzzeitung: Wird das Konzept in irgendeiner Art gefördert?
Griese: Leider wird Jazz für diese Altersstufe – wie
Jazz überhaupt! – institutionell nahezu gar nicht unterstützt.
In Berlin wird der Bereich zum Glück zunehmend wahrgenommen: Es gibt
beispielsweise Vereine wie „Jazz für alle e.V.“ in Tempelhof
oder den „Jazztreff Karlshorst e.V.“, die junge Jazzbands
durch Wettbewerbe, Konzerte und Workshops fördern. Und da ist natürlich
der Landesmusikrat mit dem „Berliner Jazztreff“ und dem Landesjugendjazzorchester
als Fördermaßnahmen.
Jazzzeitung: Tendenziell – glaubst du, das Unterrichtsgebiet
„Jazz for Kids“ wird in Zukunft einen größeren
Interessentenkreis finden, oder siehst du, auch aufgrund der schlechten
finanziellen Situation vieler Familien, da eher schwarz?
Griese: Ich sage, das Unterrichtsgebiet „Jazz für Kinder“
wird großen Zulauf erhalten. Wobei… die Finanzierung ist kein
spezielles Problem im Bereich Jazz; den Musikunterricht zu finanzieren
wird für Eltern allgemein schwieriger. Daher spielen die staatlichen
Musikschulen ja eine besonders wichtige Rolle: Nur sie können durch
Subventionen und Entgeltermäßigungen auch Kindern finanziell
schwacher Familien die Ausbildung am Instrument ermöglichen.
Jazzzeitung: Und welchen Stellenwert hat so ein Programm deiner
Meinung nach in unserer Gesellschaft?
Griese: Das kann ich schwer beurteilen – ich habe ja nunmal
kein Meinungsforschungsinstitut! (lacht) Aber, wenn ich für unsere
Musikschule „Charlottenburg-Wilmersdorf von Berlin“ spreche,
da gibt es keinerlei Probleme, mit meinem Programm „Jazz für
Kinder“ anerkannt zu werden: Alle Resonanzen sind positiv, es wird
ernst genommen. Aus der „Nische“ sind wir heraus.
Beim Verband deutscher Musikschulen (VdM) ist das ausführliche
Skript eines Vortrags Christof Grieses zum Thema „Jazzunterricht
für Kinder“ erhältlich, gehalten beim Musikschulkongress
in München 1999.
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