Mut und Unternehmergeist gehört auch heutzutage immer noch dazu,
um ein eigenes Jazz-Label zu gründen. Heiner Franz bemüht sich
seit über 13 Jahren um die Jazz-Gitarrenmusik. Ursula Gaisa von der
Jazzzeitung befragte ihn zu seiner Motivation und zur Erfolgsgeschichte
von JARDIS. Im Moment stehen etwa 30 Titel auf dem Programm, jährlich
kommen ungefähr eine Handvoll neue hinzu.
Jazzzeitung: Wann und wieso haben Sie Ihr Label Jardis gegründet?
Heiner Franz: Meine erste Platte, eine Trio-LP (Gitarre, Bass,
Drums) mit dem Titel A Window To The Soul (JRLP 8801) kam
1988 heraus. Aufgenommen worden war dieses Werk zu Hause
im Wohnzimmer. Ich hatte ein kleines Tonstudio, das ich mir für
die Herstellung von TV-Musiken eingerichtet hatte. Das war nämlich
die Arbeit, mit der ich damals vorwiegend mein Geld verdiente. Vom Jazz
spielen ausschließlich war schon zu der Zeit kein Lebensunterhalt
zu verdienen. Deshalb war ich froh, dass sich aus meinen Kontakten zu
Fernsehleuten immer wieder kleinere Filmmusik-Aufträge für
Kulturfeatures und Kindersendungen ergeben hatten; ein angenehmes Zubrot,
das mir dann auch die Investition in die Aufnahmegeräte ermöglicht
hatte. Was lag näher, als das vorhandene Equipment für die
Aufnahme einer eigenen Jazzplatte zu benutzen?
Mit den Aufnahmen zu dieser ersten Platte bei etablierten Labels hausieren
zu gehen und dann überall abgewimmelt zu werden, dazu war ich einfach
zu stolz damals; ich hätte mir auch nicht vorstellen können,
dass es jemand interessiert hätte, die Musik eines deutschen No-Name-
Jazzgitarristen zu veröffentlichen.
Also habe ich mein eigenes Label gegründet. Der Name JARDIS,
zusammengesetzt aus JA-zz R-ecords & DIScs, sollte ausdrücken,
worum es ging; so sehr auch das Komponieren und Herstellen von Musik
zu Bildern seinen kreativen Reiz hatte, die Arbeit mit Filmleuten empfand
ich als Musiker zunehmend als entnervend. Kurz: ich hatte vom Fernsehen
die Nase voll und wollte wieder ein Jazzmusiker sein, endlich
meine Musik präsentieren.
Jazzzeitung: Veröffentlichen Sie ausschließlich CDs
mit Jazzgitarren-musik oder auch anderes?
Franz: Eine klare Vorstellung vom Profil des Labels hatte ich
zunächst nicht. Erst einmal kamen ein paar Produktionen von Freunden
bei mir heraus. Die hatten mit Gitarre gar nichts zu tun. Dann wieder
zwei eigene Werke: die zweite Platte mit meinem damaligen Trio Gouache
(JRCD 8904) und die erste Duo-Produktion Winter Song (JRCD
9005) mit Louis Stewart, meinem irischen Jazzgitarren-Kollegen und Freund.
Irgendwie ist es dann so gekommen, dass die Resonanz auf die Gitarren-Produktionen
so viel besser war als auf die übrigen Veröffentlichungen,
dass es nahe lag, daraus ein Label-Profil zu schneidern.
Seitdem ist JARDIS ein reines Jazzgitarren-Label. Mit eher Mainstream-
und Bop-betontem Zuschnitt, muss ich betonen; denn ich wollte immer
auch ein Gegengewicht setzen zu dem Fusion- oder Rock- orientierten
Zeitgeist im Gitarrenjazz, den ich seit zwei Jahrzehnten
beobachte und der mich, ehrlich gesagt, nie ins Herz getroffen
hat...
Jazzzeitung: Wie lernen Sie die Musiker, die Ihre CDs bei Ihnen
veröffentlichen, kennen? Kommen sie auf Sie zu oder sprechen Sie
Musiker an, deren Art Musik zu machen Ihnen gefällt?
Franz: Es ist sicher kein Nachteil, wenn man sich als Produzent
auf Dinge konzentriert, von denen man auch wirklich etwas versteht.
Das spricht sich allmählich herum, und so bekomme ich immer mehr
Produktionen von Gitarristenkollegen angeboten, die bei JARDIS eine
Heimat suchen. Nicht nur aus Deutschland, sondern inzwischen aus vielen
Teilen der Welt. Ein wenig stolz bin ich darauf schon; und wenn es mir
gelingt, darauf aufmerksam zu machen, dass die klassische Moderne
im Gitarrenjazz keineswegs tot ist, sondern sehr vielfältig und
lebendig, wäre viel erreicht. Bisher habe ich in erster Linie Bandübernahmen
gemacht, also fertige Produktionen, die mir gefielen, ohne allzu große
Eingriffe einfach übernommen. Im einen oder anderen Falle habe
ich einen Kollegen auch schon mal ermutigt, etwas aufzunehmen, das ich
dann herausgebracht habe.
Jazzzeitung: Was ist besser: der Beruf Musiker oder der Beruf
Herausgeber von CDs/Labelchef? Sind diese beiden Berufungen vereinbar?
Franz: Die Organisation meiner Zeit wird hin und wieder zum
Drahtseilakt. Zumal ich, um Kosten zu sparen, von der grafischen
Gestaltung einer CD bis zum Versand alles selber mache.
Beide Berufe, Musiker zu sein und CD-Herausgeber, fordern Kraft und
Zeit, aber ergänzen sich auch. Ich bin wahrscheinlich kein Mensch,
der monoman oder mit Scheuklappen nur eine Sache
tun kann und will, etwa nur Gitarre spielen oder nur ein Label machen.
Vielleicht sind bei mir Talent und Interessen auf mehrere Gebiete verteilt.
Wenn die miteinander synergieren - umso besser. Mag sein,
dass mir zum wirklich erfolgreichen Geschäftsmann Tugenden fehlen.
Das kann ich durch Fähigkeiten, die ich als Musiker immer haben
musste, kompensieren: Hingabe und Ausdauer. Die nüchternen Zahlen
einer Bilanz sind mir, ehrlich gesagt, auch nicht so wichtig. Solange
das Label sich trägt, ich also weitermachen kann, ist mir am wichtigsten,
dass es dies Label überhaupt gibt.
Jazzzeitung: Auf welche CD sind sie besonders stolz und wen hätten
Sie noch gerne im Programm?
Franz: Stolz bin ich vor allem auf die Gesamtheit meines Programms,
auf mein Konzept. Ich will ja zeigen, dass es hinter den big names
eine ansehnliche Reihe von Künstlern gibt, die nicht minder gute
Musik machen, denen zuzuhören sich immer lohnt, auch wenn sie noch
weniger bekannt sind.
Kommerziell betrachtet könnte es nützlich sein zu versuchen,
das eine oder andere zugkräftige Pferd in den Stall
zu bekommen. Ich strebe das aber nicht um jeden Preis an.
Kürzlich wurden mir zum Beispiel aus den USA bisher unveröffentlichte
Aufnahmen des verstorbenen Tal Farlow, mit Tommy Flanagan und Red Mitchell,
angeboten. Obwohl die Rechte wohl einigermaßen erschwinglich gewesen
wären, habe ich das Material nicht genommen. Tal Farlow war offensichtlich
bei dieser Session in keiner guten Form gewesen. Ich hätte ihm
posthum einen schlechten Dienst erwiesen, wenn ich das veröffentlicht
hätte.
Jazzzeitung: Verkaufen Sie hauptsächlich über den Handel?
Welche Rolle spielt das Internet?
Franz: In den USA und Großbritannien habe ich vor ein
paar Jahren Vertriebspartner gefunden, mit denen ich ganz gut zusammen
arbeite.
In Deutschland ist mir das leider bisher nicht gelungen. Es gibt hier
allerdings Schallplattenläden, die von mir beliefert werden. Ähnliche
Geschäftspartner habe ich in Frankreich und seit kurzem in Japan.
Natürlich mache ich selber auch Direktversand. Im Laufe der Jahre
hat sich dadurch eine ganz nette Kundendatei ergeben...
Infos:
www.jardis.de
|