Anzeige |
|
|
Anzeige |
|
Eine verschwindend kleine Minderheit der Bevölkerung nach neuesten Schätzungen zirka 0,1 bis 0,5 Prozent liebt Jazz. Ein swingendes Schlagzeug, ein walkender Bass, ein improvisierendes Klavier, ein schnurrendes Saxophon, eine boppende Trompete sind für diese bedauerlichen Außenseiter so ziemlich das Größte auf der Welt. Der nicht unerhebliche Rest der Menschheit jedoch so etwa 99 Prozent der deutschen Bevölkerung findet kaum etwas entsetzlicher und unausstehlicher als ein swingendes Schlagzeug (Da fehlt mir der Rhythmus), einen walkenden Bass (Kann ich nicht drauf tanzen), ein improvisierendes Klavier (Ist das verstimmt oder was?), ein schnurrendes Saxophon (Bordellmusik) oder eine boppende Trompete (Da werd ich zum Mörder!). Ehrlich gesagt: Ich habe schon manchmal vermutet, dass wir Jazz-Verrückten nur die Opfer eines heimtückischen Virus sind, der sich im beschützten Dunkel von Jazzkellern und Lautsprecherboxen besonders gut entwickelt. Vielleicht leiden wir unter einer Art Immunschwäche, dachte ich. Ich lag nicht ganz falsch. Die National Organization for Rare Disorders (NORD) in New Fairfield, CT, hat jetzt einen Forschungsbericht des Neurochemistry Laboratory an der Harvard Medical School in Boston veröffentlicht, wonach bei einem hohen Prozentsatz an Jazzhörern ein seltener Enzymdefekt nachgewiesen werden konnte. Ich verstehe nicht allzu viel davon, aber offenbar ist das so etwas Ähnliches wie der Ethanol-Dehydrogenase-Mangel beim Inselvolk der Japaner, die deshalb schon bei einem Glas Bier total ausflippen. Das würde natürlich so einiges erklären. Der genetische Defekt scheint übrigens nur rezessiv erblich zu sein: Mein Sohn findet Jazz nicht zum Aushalten. Rainer Wein |
|