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Wären Wiederveröffentlichungen doch immer so verschwenderisch ausgestattet! Fast achtzig Minuten Musik, originale Hüllengestaltung samt der alten liner notes, ein neuer Kommentar aus heutiger Sicht, schönes Digipak-Design, alle relevanten Besetzungs- und Aufnahmedaten, alternate takes und Informationen darüber, was wo bereits einmal veröffentlicht war. Die hier enthaltene Musik lohnt den editorischen Aufwand aber auch wie nur selten: Der blinde Multiinstrumentalist Roland Kirk musste zeit seines von mehreren Schlaganfällen verkürzten Lebens (193677) gegen das Klischeebild vom blinden Jahrmarktsmusikanten ankämpfen, der nur allzu gerne auf seine (wahrlich erstaunliche) Fähigkeit zum gleichzeitigen Spiel dreier Blasinstrumente reduziert wurde. In der Tat wurde das damit erregte optische Aufsehen noch durch die akustische Sensation verstärkt, dass er dank Zirkularatmung jeden Klang nahezu unbegrenzt aushalten konnte. Jedoch schon das bloße Klangbild war ungewöhnlich genug durch die Wahl selbst gebauter, umgebauter oder wiederentdeckter Instrumente wie Stritch oder Manzeloo, Nasenflöten oder Pfeifen zusätzlich zu seinem Hauptinstrument Tenorsaxophon, die er überblies oder in die er hineinsang. Heute können wir erkennen, dass die Wahl seiner Mittel primär musikalisch begründet war: Mit ausgezeichnet ausgewählten, überwiegend selbstkomponierten Stücken und brillanten Sidemen bestrittene Platten wie ,,Domino verbreiten schon deshalb gute Laune, weil man hört, mit welch schrankenloser Begeisterung sich der vor Musikalität schier berstende Kirk in die Aufnahmen stürzte. Und damit nicht genug: Die Instrumente stehen fast vierzig Jahre später noch so gestochen klar im Raum, als würde Kirks Quartett im heimischen Wohnzimmer ein Gastspiel geben. Dass ein derartiger Gigant Größen wie Herbie Hancock, Wynton Kelly oder Roy Haynes zu reiner Staffage reduziert, wollen wir ihm nachsehen; deren Musik ist anderswo zur Genüge dokumentiert. Mátyas Kiss Plattentip
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