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Erst vor wenigen Wochen besuchte Bundestagspräsident Wolfgang Thierse Staatspräsident Mohammad Khatami in Teheran. Sein Besuch war ein deutliches Zeichen für den Wunsch der Bundesregierung, die Beziehungen zu den liberalen Kräften im Iran trotz der Vorkommnisse um die Inhaftierung und Folterung von iranischen Teilnehmern einer Konferenez der Heinrich-Böll-Stiftung in Berlin aufrecht zu erhalten. Wie groß der Wunsch nach Liberalisierung in der iranischen Gesellschaft und auch im dortigen kulturellen Leben ist, zeigt ein eindrücklicher, leicht gekürzter Reisebericht von Marc Secara, der mit seiner Band (Marc Secara, Gesang; Patrick Braun, Saxophon, Querflöte; Claus Dieter Bandorf, Piano; Ralph Graessler, Bass; Jens Dohle, Schlagzeug; Markus Fritzsch, Tonmeister) im Februar 2001 in der iranischen Hauptstadt Teheran gastierte.
Einmal im Jahr findet in Teheran das wichtigste musikalische Großereignis des Landes, das sogenannte Fadschr (Sieg-) Festival, statt. Man feiert die Rückkehr des großen Revolutionärs Ajatollah Khomeini aus dem Exil vor 22 Jahren. Nachdem im vergangenen Jahr schon ein deutsches Stubenmusiktrio zu Gast war, sollte nun erstmals seit 1979 wieder eine Jazzformation im Land auftreten. Das war die Idee und das ehrgeizige Projekt der Kulturreferenten der Deutschen Botschaft in Teheran, Dietrich Bettermann und Patrick Heinz. In enger Zusammenarbeit mit der Verbindungsstelle für Internationale Beziehungen des Deutschen Musikrats und des Auswärtigen Amtes wurden alle Weichen für ein Gelingen der Konzertreise gestellt. Bevor die Marc Secara Group jedoch auf die Bühne der Vahdat-Halle durfte, standen noch Konzerte vor leitenden Mitarbeitern des Religions- und Kulturministeriums bevor. Das Risiko für die Veranstalter ist groß. So groß, erklärte uns ein Botschaftsangestellter, dass der Arbeitsplatz noch das Geringste ist, was der Betreffende im Falle eines Skandals verliert. Hier stehen hohe Gefängnisstrafen und Verbannung als Strafmaßnahmen auf der Tagesordnung. Das Vorspiel fand in einem Nebensaal der Vahdat-Halle in
Teheran statt. Im Publikum saßen etwa fünfzehn Menschen aus
verschiedenen Bereichen der Iranischen Kultur- und Religionsministerien.
Auch Kamerateams filmten jede unserer Bewegungen. Verwundert stellten
wir fest, dass die Verantwortlichen ständig mit ihren Handys telefonierten.
Wie uns erklärt wurde, wurde unser Vorspiel per Telefon zu ranghöheren
Mitarbeitern und Mullahs übertragen. Unser Konzert war
lange vorher ausverkauft gewesen. Vor der Halle spielten sich tumultartige
Szenen ab. Soldaten bewachten die Menschenmassen, die noch ein Ticket
ergattern wollten. Kurz vor Beginn des Konzertes bekamen wir Besuch der
Veranstalter und Zensoren. You need to make exercise... lautete
die Ansage eines Verantwortlichen. Es begann unangekündigt das zweite
Probevorspiel in der Umkleidekabine. Hektisch wurden die englischen Liedtexte
ins Persische übersetzt und den Verantwortlichen vorgelegt. Schlussendlich hatten wir die Genehmigung, wenn auch mit Einschränkungen, für unseren Auftritt erhalten. Im Anschluss an ein italienisches Folklorequintett betraten wir die Bühne. Was folgte, sind Szenen, die wir wohl alle niemals vergessen werden. Die Menschen brachen nach jedem unserer Stücke in wahre Begeisterungsstürme aus und am Ende unseres Konzertes erhielten wir Standing Ovations der ganzen Halle. Der politische Wert dieser Gastspielreise wurde uns erst aus Sicht einiger Iraner völlig erschlossen. Noch vor zwei Jahren wären diese Konzerte undenkbar gewesen... Alle die damit in Verbindung gebracht worden wären, wären im Gefängnis gelandet, berichtete uns eine junge Frau. Mit diesen Konzerten wurde eine Tür aufgestoßen, die sich nicht mehr schließen lässt..., so ein Mann mittleren Alters. Marc Secara
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