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Im April beginnt in der Regel der Jazzfestival-Zirkus, und weils im April meist noch kühlt, hebt der heiße Jatz zumeist gegen Ende April an, quasi als Prä-Maibowle. Allerdings gehen in Roth nahe Nürnberg die Uhren anders, spielt
sich doch dort der Blues: Zum 10. Mal sind in Roth die Rother Bluestage
annonciert klasse Farbspiel: beginnend am 31. März mit Peter
Green & the Splinter Group. Was ist zu Peter Green zu sagen : Black
magic woman? Fleetwood Mac? Weit mehr, denn schließlich spielt
Gary Moore, der ja auch bei Thin Lizzy mal sein Bestes gab, Greens Original
Les Paul. Sie wissen, dass es einen fundamentalen Unterschied gibt zwischen
der ruralen originalen, der Blue-Note-getränkten Gibson Les Paul
und der Fender Stratocaster, die im Grunde eine Rockn Roll-Gitarre
ist ? Neben ebenfalls nur Insidern bekannten Künstlern (Sons of the Desert, Ron Spielman, Gwyn Ashton, Eb Davis) sind Jeanne Carroll (8./4.) und Alvin Lee (7.4.) angekündigt. Lee sang in Woodstock: Goin home tasee my baby..., doch noch immer ist der rastlose Gitarrero auf der Suche nach dem ultimativen Ton (spielt übrigens Strat, nur so nebenbei). Wer also den Blues sucht, hat oder mitteilen will, sollte nach Roth fahren, gleich zum Aprilesken Auftakt. New Orleans Festival WendelsteinDas New Orleans Festival in Wendelstein hälts da traditioneller: vorwiegend Blues & Boogie gibts seit Jahren schon im April zu hören. Die Ambrosia Jazz & Brass Band aus Mailand eröffnet den Reigen, die Peter Schneider Bluesband (the Stimulators) spielt nachts zum Open End Hangout (5.5.). Ansonsten die üblichen Verdächtigen (Zwingenberger, Schmitt, Seuss und andere mehr). Wers mag, für den ist es das Höchste, schade, dass nicht mal die aktuell heißen No-Acts geboten sind, denn Brassbands mit dem Signet Swamp gibts ja Gott sei Dank inzwischen zuhauf (Rebirth Brass Band, Schälsick etwa), aber Wendelstein ist auch ohne Musik schön. (Infos: S. 19, Link-Tipps) Django Reinhardt MemorialIn Augsburg ist das schon anders: Vom 20. bis 22. April treffen sich dort Freunde, Fans, Adepten, Eleven und Epigonen des Herrn Django Reinhardt: zum 9. Mal veranstaltet Bernhard Gierstl das Django Reinhardt Memorial. Gierstl selbst ist wen wunderts Gitarrist und glühender Anhänger einer Lebensart, die ziganesk genannt zu werden verdient hat, rekurriert sie doch lediglich auf eine Facette, dem Sintiswing. Heuer geben sich das Wauwau Adler Trio, das Robin Nolan Trio und Armin Heitz ein Stelldichein. Gitarrenbauer, das ist neu, präsentieren ihre Arbeiten. So wird das Django Reinhardt Memorial mehr als nur ein Festival der Sinti-ziganesken: Gern schauen mal der eine oder andere Weiss, der eine oder andere Reinhardt, der Rosenberg oder sonst derer Einer im Striese vorbei, ohne annonciert zu sein, man gibt sich großfamiliär. Das Striese ist eine rührige, gemütliche Beiz mitten in Augsburg den Fuggern hätts gefallen, verbreitet das Django Reinhardt Memorial doch weitläufiges Flair von Ste. Marie de la Mer in der Camargue, obwohls meist schüttet und saukalt ist. Gierstl übrigens gibt eine Zeitung heraus, die Hot Club News (www.hotclubnews.de/ Infos: Tel. 0821/157 32 58) Jazzfrühling KemptenGegen Ende April stellt sich in Kempten der 17. Jazzfrühling ein, ein kunterbunter Jahrmarkt der jazzistischen Eitelkeiten (frei übersetzt aus dem Italienischen). Gleich am 28. zum Anfang Little Martin & the Roosters rockend und rollend der alpinen Bergkette entlang, um den Weg zu bereiten für Paul Kuhn aus dem Spreewald. Ein Witz?
Keineswegs, denn Paulchen Kuhn ist einer der profundesten Swinger der Nation, hat er doch erst unlängst wieder einen großen Wurf gewagt (Play it again Paul, In&out Records CD77040-2, 2000). So unbeschwert, so easy bringts bloß der Paule und deshalb ist das ein guter Aufschlag für das David S. Ware Quartett. Ware hat einen großen Ton in & out of the Saxophone, im Gegensatz zu Charles Gayle, der ja neben seinem großen Saxophonton eher ein leiserer Redner ist. Aber David S. Ware spielt den Ayler, den Coltrane, den Ware mit einer selten gewordenen Wucht, mit einer notwendigen Wut eines zornigen, schwarzen Mannes, denn noch immer wütet der Rassismus, oft schlimmer denn je. Deshalb ist diese Musik ein Appell, ein Imperativ, wie dereinst Ornette Colemans Free Jazz (29.4.). Am 3. Mai dann die Antithesis: Johnny Griffin, der Expatriate, der frankophone
Afroamerikaner, spielt den Bebop wie kaum einer neben ihm, mit viel Soul
und Blues (da isser wieder), einst seiner Größe wegen Little
giant geheißen ja, es ist wahr: ein Großer ist
Griffin, wie auch Ray Brown einer ist, ein Fels in der Brandung, ein Bass,
Kontrabass und damit die Potenz. Patato ist ein Melodiker an den fälschlicherweise
sogenannten Congas: mit fünf Trommeln spielt er Juan Tizols Caravan
oder Chano Pozos Manteca. Patato ist kein Schwätzer,
keine Technik ist ihm so wichtig, dass er sie auf Teufel komm raus präsentieren
müsste. Patato haut hin, und das haut hin, das stimmt, nix zuwenig
und nix zuviel, große Afrocubania (1.5.). Neues Festival in KallmünzDesweiteren: Kallmünz (20. bis 22. April). Kallmünz? Kallmünz! Dereinst hat Hanns Dieter Hüsch das mit der Kredenz so gemacht, im schwarzen Schaf vom Niederrhein. Kallmünz also, nördlich Regensburg in der Oberpfalz, Kallmünz ist ein magischer, ein Künstlerort par excellence. Kein Hund verirrte sich her, wäre nicht dieses besondere, historische, gut auch, aber dennoch, zauberhafte Flair: alte Schloss- und Burggemäuer, in denen sich trefflich malen, metzen, musizieren lässt. Heinz Grobmeier, chef de partie der Negerländer (Oberpfälzer Kultkapelle: drei Saxophone, ein Schlagwerker) hat mit Gisela Walch, Steinmetzin und wohnhaft in Kallmünz ein kleines, aber feines Festival entwickelt, bei dem nicht nur Musik im Vordergrund steht: seit einem Jahr arbeiten sie im Verein Festival Kallmünz e.V. an ebendiesem Konzept: Grenzübergänger. Der größte Saal bietet Platz für 250, der kleinste gerade mal für 50 Gäste. Grobmeier selbst eröffnet den Reigen mit Pura Crema, einer großformatigen Klanginstallation, welche Objekte der Kallmünzer Künstler als Meditativum mit einbezieht. Franz-Josef Stoiber, Regensburger Domorganist, nähert sich viermal, den Jahreszeiten gleich, dem Phänomen Messiaen: in der Kallmünzer Kirche klingt zu unterschiedlichen Zeiten das musikalische Material Messiaens jeweils unterschiedlich, klar das. Peter Michael Hamel räsonniert im Schlosscafé über die vielen musikalischen Welten, ein Jazzmobil mit dem Titel Scheffelshuffle gurkt durchs Dorf und verbreitet mitunter Dadaistisch-jazzaffinen Frohsinn, Peter Hollinger, der renitente Wahlberliner von der Saar, stellt sein Soloprogramm: Koffersuite vor und Gunter Hampel schließlich, Göttinger Improvisiergenie an Vibraphon und Bassklarinette, spielt einmal wieder echte Freimusik im Trio. Solche Kunterbunti sind selten geworden: Messiaen zwischen Hamel und Hampel, wo sonst als in Kallmünz ist sowas zu erwarten? Kaleidophon in Ulrichsberg In Ulrichsberg, ach Mühlviertel, ach Böhmerwald, ach Alois.
Der Fischer Lois ist, obschon Bankmann, einer der glühendsten, der
verlässlichsten, der beständigsten Förderer einer Musik,
die es von Amts wegen oft gar nicht geben dürfte. Vom 27. bis 29.
April läutet er einmal mehr das Kaleidophon, den Auftakt, den echten
zum alljährlichen Turnaround in Sachen Jazz. Alois Fischer also ist ein Trendsetter sondergleichen, obwohl er selbst niemals solche Sprüche klopft. In einem Stadel spielen sich seit den späten 70er-Jahren Improvisateure den Arsch ab oder horchen penetrant der Stille nach: Provokant ist das meist und oft diskutieren die Freaks draußen, während droben in den böhmischen Bergen noch der Schnee liegt. Die Highlights heuer sind mit Tobias Delius und Ken Vandermark, mit Mark Whitecage und John Wolf Brennan nur unzureichend benannt, spielen doch Han Bennink, Michel Doneda und Mats Gustafsson ebenso mit wie auch das Wetter. Joe Williamson, Bassist aus Chicago, spielt gar in zwei Kontexturen, einmal elektronisch, mit dem Wiener Gitarristen Martin Siewert, dann gleich darauf, zum Abschluss, mit Tobias Delius, Tristan Honsinger und Han Bennink, der Big Bang zum Abschluss quasi. Gott sei Dank gibt es immer wieder heimische Pflanzen zu entdecken: Uli Winter und Frei Pröll, native Ulrichsberger, firmierten vor zwei Jahren noch als WUF und ließen staunende Münder offen zurück. Das Ulrichsberger Kaleidophon ist in der Tat der Kompass fürs aktuelle Jazzjahr: Wer das Steamboat Switzerland in Ulrichsberg gesehen hat, jene hochartifiziell-brachiale Sounderuption aus Hammond B3, E-Bass und Powerdrum, wer die leisen Reduktivkaskaden der Andrea Neumann aus Berlin im Inneren des Klaviers erkundet hat, wer die Kathartika des Tobias Delius oder des Aly Trios durchwatet hat, der fährt wie neugeboren nach Saalfelden, nach Nickelsdorf, nach Willisau, nach Poschiavo. Davon nächstens mehr. Roland HH Bisswurm
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