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Gene H. Anderson: The Original lot Five Recordings of Louis Armstrong (mit einer CD), Pendragon Press Hillsdale, New York, 258 Seiten Wer Louis Armstrong nur von „What a wonderful world“ oder „Hello
Dolly“ her kennt, kennt ihn eigentlich gar nicht. Gewiss drückt
sich seine Persönlichkeit auch in diesen beiden Songs aus, doch
verraten sie nichts darüber, dass und warum Louis Armstrong als
Kornettist/Trompeter das erste Genie der Jazzgeschichte war. Der Autor, Professor an der University of Richmond, konzentriert sich auf die 33 Aufnahmen der ersten Hot Five zwischen 1925 und 1927 (ein weiterer Titel blieb unveröffentlicht) und analysiert sie bis ins Detail anhand zahlreicher Transkriptionen. 20 davon sind auf einer beigefügten CD enthalten, leider aber klanglich sehr unbefriedigend (viel zu viele Höhen – man besorgt sich besser die Gesamtausgabe auf SONY). Dazu sind die erhaltenen Copyright Deposits der Themen der Bandmitglieder abgedruckt (Noten, meist wohl erst hinterher erstellt, die zur Bestätigung der Urheberschaft an das Copyright Office in Washington geschickt wurden). Sie werden immer wieder mit den Aufnahmen verglichen. Nicht alle Titel sind Meisterwerke wie „Cornet Chop Suey“, „Skid-Dat-De-Dat“, „Struttin‘ with some barbecue“ und „Hotter than that“. Aber überall gibt es tief berührende Instrumentalklänge und mitreißende Rhythmen, dramatische Passagen (vor allem auch in den zahlreichen breaks) und bemerkenswerte Einfälle der drei Bläser. Hoffentlich denkt der Verlag an weitere Untersuchungen dieser Art. Dafür bieten sich in den 20er-Jahren vor allem King Oliver‘s Creole Jazz Band, Jelly Roll Morton‘s Red Hot Peppers und das frühe Ellington Orchester an. Gordon Jack: Fifties Jazz Talk - An oral retrospective The Scarecrow Press Inc./USA, 241 Seiten Wer da glaubt, er wisse schon alles über den Jazz der 50er-Jahre in den USA, der lese diese Interviews mit 30 Musikern, die damals aktiv waren, von A wie Allison (Mose) bis W wie Woods (Phil). Einige sind darunter, über die viel zu wenig bekannt ist, wie Gene Allen (Baritonsaxophon), Chuck Berghofer (Bass), Corky Hale (Harfe, Klavier), Hod O‘Brian (Klavier) und Phil Urso (Tenorsaxophon). Besonders wertvoll auch das Kapitel über die Bassisten und Schlagzeuger des ersten Gerry Mulligan Quartetts. Zudem erinnern manche der Interviewten noch an andere, die nicht in Vergessenheit geraten sollten, wie Dave Schildkraut, Gene Quill und Joe Albany und an einige, die sehr gut spielten, aber nie bekannt wurden, wie Ziggy Vines und Steve White (beide Tenorsaxophon). Ein großes Lob dem Autor für dieses hochinformative Buch! Oral history ist gerade im Jazz, wo es oft an schriftlichen Quellen fehlt, unentbehrlich. Natürlich gibt es noch Dutzende anderer Musiker, die ebenfalls zu diesem Jahrzehnt befragt werden sollten – wobei Europa nicht vergessen werden darf. Die Literatur über die Jazzgeschichte weist immer noch große Lücken auf. Mick Burns: Walking with legends - Barry Martyn‘s New Orleans
Jazz Odyssey, Louisiana State University Press Baton Rouge, 138 Seiten Der englische Schlagzeuger Barry Martyn erlag, wie so viele seiner Landsleute, der Faszination dieser Musik. Geboren am 23. Februar 1941 in London, hatte er schon mit 15 Jahren eine eigene Band. 1960, mit 19 Jahren, ging er über Kanada erstmals nach New Orleans und nahm Unterricht bei Cy Frazier, der 1927 als Mitglied von Oscar Celestins Band seine ersten Aufnahmen gemacht hatte. Und er lernte den Jazzhistoriker Bill Russell kennen, dessen „American Music“-Label heute über 100 CDs mit New Orleans Jazz umfasst. 1962 kehrte Barry nach England zurück. 1963 war er wieder in New Orleans und wurde Mitglied der schwarzen lokalen Sektion (!) der amerikanischen Musikergewerkschaft, was ihm eine telefonische Drohung des Ku-Klux-Klan einbrachte (es passierte aber weiter nichts). In den folgenden Jahren organisierte er in England Tourneen von New Orleans-Musikern mit seiner eigenen Band. 1972 zog er nach Los Angeles und gründete ein Jahr später die „Legends of Jazz“, eine Gruppe der damals besten Musiker aus New Orleans, in der er – mit Abstand das jüngste Mitglied – Schlagzeug spielte (ihr Auftritt 1974 bei der Internationalen Jazz-Woche Burghausen war ein unvergesslicher Höhepunkt in der jetzt 38-jährigen Geschichte dieses Festivals). 1984 übersiedelte Barry endgültig nach New Orleans. Er spielte regelmäßig mit verschiedenen Besetzungen, machte viele Tonband-Interviews mit Musikern und arbeitete für G.H. Bucks „GHB“-Label. Zwischendurch kam er immer wieder nach Europa für Auftritte zurück. Mike Burns lässt ihn seine Lebensgeschichte selbst erzählen: ungemein lebendig, spannend, dem für viele Jazzmusiker so typischen trockenen Humor. Dabei kommt sein Schlagzeugspiel zu kurz. Er beherrscht die New Orleans-Stilistik wie nur wenige Europäer. Joe Viera |
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