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Eine weitere Klippe gab es zu umschiffen. Nun musste noch der Klang der CD, worauf Hans-Peter ausdrücklich bestand, dem „internationalen Soundstandard“ von „Edition fromage“ angepasst werden. Aber auch hier hatte Hans-Peter Hilfe parat, nämlich seinen langjährigen Kumpel Kai Hecht, der in Ismaning ein erstklassiges Masteringstudio besitzt, wie er erzählte. Auch hier konnte Hans-Peter, der wirklich überall glänzende Verbindungen hatte, einen wirklichen Sonderpreis herausschlagen: Für nur 600 Euros macht dir der Kai ein Sounddesign, dass die Scheibe klingt wie in New York im Record Plant aufgenommen. Und es ist doch auch Dir wichtig, dass die Platte nicht nach Forchheim klingt, hier zu sparen wäre völliger Unsinn, stell’ Dir vor, im STEREO, Musik 6 Sterne, Klang 1 Stern, Du, dann ist Polen offen, so was kauft kein Mensch und gerade die audiophilen Hörer sind eine wirklich wichtige Zielgruppe und wir schielen hier natürlich schon auf den internationalen Markt, ich meine wir gehen da schon konzeptionell auf verschiedenen Ebenen rein.“ Wie sollte sich Werner einer solch ausgefeilten Argumentation entziehen? Er wusste zwar nicht genau, was Hans-Peter meinte, aber es wäre sicher nie verkehrt „auf mehreren Ebenen reinzugehen“, da war sich Werner instinktiv sicher. Er pumpte seine Mutter noch mal an, die auch schon 400 Euros zum Shooting bei der Photographenlegende Guido Schnack beigesteuert hatte und selbige war auch bereit, mit weiteren 600 Euros dem ersten Silberling ihres Sohnes zu einem internationalen Klangniveau zu verhelfen. Nachdem nun alles erledigt war und Werner die Vorkassenrechnung von „Edition fromage“ in Höhe von 2262 Euros incl. Mehrwertsteuer für die Abnahme der 300 CDs überwiesen hatte, kam acht Wochen später schließlich der große Tag. Vormittags hatte Maria bei Werner auf dem Handy angerufen, der bereits auf dem Weg zum Unterrichten nach Forchheim war. „Sie sind da!“ hatte sie gerufen und Werner hatte Ihr aufs Strengste verboten, den Karton zu öffnen, bevor er abends zu Hause wäre. Werner würde nie vergessen, wie er seinen ersten Silberling in der Hand hielt und fast zärtlich die Cellophanierung entfernte. Ähnlich wie einer großen Liebe beim ersten Mal das Negligé von den Schultern zu streifen, entblätterte er behutsam und genüsslich sein Werk. Er schenkte sich ein Glas Rotwein ein, in ein gutes Glas, und legte die CD in den Player. Obwohl er die Sachen vorher schon mindestens hundertmal gehört hatte, war es etwas anderes. Er hatte eine erste eigene CD, ein Debut, einen Anfang. Mit eigenem Strichcode und echtem Cover gedruckt, die CD gepresst und nicht gebrannt. Nach nur zwei weiteren Werken würde er ein eigenes Fach in der Jazzabteilung von Müller, Beck oder MEDIA-Markt bekommen. Worauf er in dieser Stimmung, die Wohnung war mit Kerzen erhellt, gern verzichtet hätte, war Marias Ruf aus der Dusche: „Wieso hörst du dir’s denn jetzt schon wieder an, jetzt müsstest du’s doch eigentlich kennen, leg doch mal die neue SEEED ein“ – „Ne, ist doch neu gemastert, möchte ich schon mal checken“ hatte er gegrummelt. Tatsächlich, fand Werner, auch nach dreimaligem Hören klang die CD genauso wie vor dem 600 Euro teuren „Highend Super Kai Hecht Mastering“. Aber egal, er hatte eine CD auf der „Werner Steinmälzl Quartett“ stand. Gut, er sah wirklich ein wenig tuntig aus, vor dem Hintergrund von „Der Ton, die Nacht und die Blume“, aber egal. Jetzt würde alles gut werden. Anfangs explodierten die Verkäufe tatsächlich. Seine Mutter Irene erwarb zehn Stück für die gesamte Verwandtschaft und sein Onkel väterlicherseits, Peter Steinmälzl, Besitzer einer Textilreinigung in Herzogenaurach nahm ihm ungehört 50 CDs als Weihnachtsgeschenke für Stammkunden ab. Nicht unerwähnt werden sollte, dass Peter Steinmälzl noch heute sämtliche 50 Exemplare in seinem Keller hortet. „ Du, ich bin mir nicht sicher ob die Wirtin vom Schwan oder Frau Harlinger meine Stammkunden bleiben, wenn sie das Gejaule Deines Sohnes über eine volle Stunde ertragen müssen“ hatte er Werners Vater nach 3 Schnäpsen am zweiten Weihnachtsfeiertag beim gemeinsamen Entenessen gestanden, als dieser fragte, wie denn die CD bei den Kunden angekommen wäre. Werner hatte dies gehört und sprach von diesem Tag an nur mehr das Nötigste mit seinem Onkel. Ebenso hatte ein Artikel über Werners CD „Enhance“ in der „Herzogenauracher Rundschau“, der Tageszeitung von Werners Heimatort, geholfen, den Umsatz anzukurbeln. Werners Vater hatte einen Freund in der Redaktion, der zur CD-Veröffentlichung einen 3-Spalter mit Photo von Werner platzieren konnte: „Sohn der Stadt auf dem Weg zum Jazz-olymp“ war die Überschrift. Der im Gegensatz zur Überschrift ansonsten eher belanglose Artikel hatte immerhin dazu geführt, dass sein ehemaliger Musiklehrer Harald Paranek bei ihm zwei CDs bestellte und auch seine ehemalige Freundin, Karin Haberl wieder auf ihn aufmerksam wurde, was Maria nicht gefiel. Nach dem Verkauf dieser ersten Einheiten ließ der Absatz jedoch sprungartig nach. Nun hieß es, die Promomaschine anzuwerfen. Gerwin Eisenhauer Lesen Sie in der nächsten Ausgabe: Werner will auf Tour gehen und führt Booking-Gespräche.
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